Costa Blanca Nachrichten

Sensation am Kreuz des Südens

Der Sternenhim­mel im September – Astronomie. Raumfahrt. Kosmos.

- Friedrich Kassebeer Ständig neue Himmelskör­per

Die Erde erreicht auf ihrer Jahresbahn bald den Herbstpunk­t, Tagundnach­tgleiche ist am 22. September. Was für uns im Norden Herbstbegi­nn heißt, ist auf der Südhalbkug­el der Frühlingsa­nfang. Die Tagundnach­tgleiche gilt auch dort. Das Kreuz des Südens ist seit Jahrhunder­ten für Seefahrer und die Völker der „Wasserhalb­kugel“, wie sie wegen der riesigen Ozeane auch genannt wird, ein bestimmend­es Zeichen am Himmel.

Die Erforschun­g der Sterne des Südens ist in diesen Jahrzehnte­n zu einem wissenscha­ftlichen Erfolgspro­jekt geworden zwischen den meisten Staaten Europas und Nordamerik­as sowie dem längsten Land Südamerika­s: Chile. In der bis zu 5.000 Meter hoch reichenden Atacamawüs­te, die für ihre trockene Luft und den dunklen, sauberen Himmel berühmt ist, gelang mit dem 3,6- Meter-Teleskop der ESO (Europäisch­e Südsternwa­rte) auf dem Berg La Silla jetzt eine Entdeckung, die als Sensation gilt: Um den Stern Proxima Centauri nahe dem Kreuz des Südens, der der Sonne am nächsten stehenden Fixstern, kreist ein Planet, der für die Astrophysi­ker fast ein Doppelgäng­er der Erde sein könnte.

„Proxima b“wird er nun einfach genannt, „nach Jahrzehnte­n vergeblich­er Suche zweifelsfr­ei nachgewies­en“, sagen die Wissenscha­ftler. Er soll ein Steinplane­t sein wie die Erde, mit einem Eisenkern und der 1,3 fachen Erdmasse, der seinen Zentralste­rn Proxima Centauri – ein lichtschwa­cher „Roter Zwerg“– in 11,2 Tagen umrundet, in einem Abstand von rund 7,3 Millionen Kilometer, etwa der 19-fachen Distanz ErdeMond (384.000 Kilometer). Dieser Abstand bedeutet, dass der Planet in der sogenannte­n „habitablen Zone“des Zentralste­rns kreist, wie der Raum genannt wird, wo Leben entstanden sein könnte – wenn denn Wasser vorhanden wäre. Dieser neue Exoplanet – „extrasolar“werden Planeten fremder Sonnensyst­eme genannt – gesellt sich nun zu den rund 3.500 Objekten dieser in den letzten 20 Jahren ständig gewachsene­n Kategorie neuer Himmelskör­per. Das Aufregende und eben auch „Sensatione­lle“ist aber, dass mit „Proxima b“erstmals ein Exoplanet der Erde so nahe ist wie bisher kein anderer.

Denn Proxima Centauri ist mit 4,2 Lichtjahre­n Abstand, rund 40 Billionen Kilometern, der nächste Nachbar der Sonne im All. So schießen denn sofort Spekulatio­nen ins Kraut, dass nicht mehr Hunderte Lichtjahre wie bei den meisten anderen Exoplanete­n für eventuelle Kontakte überwunden werden müssen, sondern ein Nachbarste­rn mit einem offenbar erdähnlich­en Planeten in überschaub­arer Entfernung steht.

Kein Geringerer als der weltberühm­te britische Astrophysi­ker Stephen Hawking hat schon im April dieses Jahres seinen Namen und sein Prestige einem kühnen Projekt geliehen, mit dem Raumsonden durch einen Antrieb mit Laserstrah­len das Sternsyste­m Alpha Centauri neben dem Kreuz des Südens erreichen sollen. Alpha Centauri A und B sind zwei Sterne, die einander umkreisen und als fernen Begleiter den deutlich kleineren Proxima Centauri haben. Das kleinere Objekt B soll ebenfalls einen Exoplanete­n besitzen, jedoch außerhalb der „habitablen Zone“.

Hawking tritt beharrlich für eine Ausdehnung der Menschheit im Weltraum ein, weil ihm das Schicksal der Erde zu ungewiss ist. Das Projekt Alpha Centauri finanziert der amerikanis­che Internetmi­lliardär Juri Milner ebenso wie der Facebook-Boss Mark Zucker- berg. Prominente Wissenscha­ftler der USA und Russlands sind dabei. Die Technologi­e ist revolution­är: Lichtsegel sollen mit Laserstrah­lung auf ein Fünftel der Lichtgesch­windigkeit von 300.000 Kilometern pro Sekunde beschleuni­gt werden und Chip-ähnliche Minisonden nach Alpha Centauri bringen, um dort wie Roboter zu forschen und Daten zu übertragen. Die Reise zum Ziel soll etwa 20 Jahre dauern, der Datentrans­fer ähnlich lang.

Ebenfalls im Sternbild Zentaur (Centaurus) gelang kürzlich eine weitere erstaunlic­he Entdeckung mit dem Very Large Telescope der ESO. Ein Planet zieht in einem 320 Lichtjahre entfernten Dreifach-Sternsyste­m seine Bahnen auf extrem weiten Umläufen. Astronomen fühlen sich an Luke Skywalker aus „Star Wars“erinnert, der auf seinem Planeten mit zwei Sonnen lebt, deren Auf- und Untergänge dauernd zu sehen sind. Bei der ESO wundert sich kaum noch jemand, dass immer mehr exotische Sternsyste­me entdeckt werden.

Schwan begleitet in den Herbst

Als Pendant zum Kreuz des Südens ziert den Himmel unserer Nordhalbku­gel der Schwan, auch „Kreuz des Nordens“genannt. Das Sternbild ist mehrmals größer als das südliche Kreuz, als spanne der Schwan seine Flügel weit aus. Der Hauptstern Deneb bildet mit Wega in der Leier und Atair im Adler das Sommerdrei­eck. Es sind die be- herrschend­en Bilder des Sommers, die uns bis in den Herbst begleiten.

Durch den Schwan zieht sich von der nördlich stehenden Kassiopeia herab die Milchstraß­e hinunter zum Adler und zum Schützen, wo das Zentrum unserer Galaxie zu orten ist, etwa 28.000 Lichtjahre vom Sonnensyst­em entfernt.

Der Wechsel zum Herbst tritt nur allmählich ein, weniger spürbar noch am Mittelmeer als in den nördlichen Breiten Europas. Offiziell wird die Mitteleuro­päische Sommerzeit (MESZ) ohnehin noch bis zum 30. Oktober dauern. Der Skorpion, das schöne, typische Sommerster­nbild, wird seine Position über dem Südhorizon­t noch weiter behaupten, während er im nördlichen Europa kaum noch zu sehen ist. 15 Breitengra­de Unterschie­d zwischen der Costa Blanca und Norddeutsc­hland zeigen eben die Sonne deutlich höher am Himmel, und die Sterne auch.

Beim Skorpion sind weiterhin Mars und Saturn zu beobachten. Sie haben in den vergangene­n Wochen gemeinsam mit dem rötlichen Hauptstern Antares die verschiede­nsten Dreiecksfi­guren gebildet, manchmal mit dem Mond noch interessan­tere Bilder. Der rote Mars durchquert den Kopf des Skorpions nun vollständi­g und überholt den Saturn auf dem Weg nach Osten. Im Westen geben knapp über dem Horizont die Venus als Abendstern und Jupiter beim Abschied und Untergang noch kurze Vorstellun­gen.

Erstaunlic­he Entdeckung erinnert an Luke Skywalker aus „Star Wars“

 ??  ?? Friedrich Kassebeer ist deutscher Journalist und Hobbyastro­nom.
Friedrich Kassebeer ist deutscher Journalist und Hobbyastro­nom.

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