Sensation am Kreuz des Südens
Der Sternenhimmel im September – Astronomie. Raumfahrt. Kosmos.
Die Erde erreicht auf ihrer Jahresbahn bald den Herbstpunkt, Tagundnachtgleiche ist am 22. September. Was für uns im Norden Herbstbeginn heißt, ist auf der Südhalbkugel der Frühlingsanfang. Die Tagundnachtgleiche gilt auch dort. Das Kreuz des Südens ist seit Jahrhunderten für Seefahrer und die Völker der „Wasserhalbkugel“, wie sie wegen der riesigen Ozeane auch genannt wird, ein bestimmendes Zeichen am Himmel.
Die Erforschung der Sterne des Südens ist in diesen Jahrzehnten zu einem wissenschaftlichen Erfolgsprojekt geworden zwischen den meisten Staaten Europas und Nordamerikas sowie dem längsten Land Südamerikas: Chile. In der bis zu 5.000 Meter hoch reichenden Atacamawüste, die für ihre trockene Luft und den dunklen, sauberen Himmel berühmt ist, gelang mit dem 3,6- Meter-Teleskop der ESO (Europäische Südsternwarte) auf dem Berg La Silla jetzt eine Entdeckung, die als Sensation gilt: Um den Stern Proxima Centauri nahe dem Kreuz des Südens, der der Sonne am nächsten stehenden Fixstern, kreist ein Planet, der für die Astrophysiker fast ein Doppelgänger der Erde sein könnte.
„Proxima b“wird er nun einfach genannt, „nach Jahrzehnten vergeblicher Suche zweifelsfrei nachgewiesen“, sagen die Wissenschaftler. Er soll ein Steinplanet sein wie die Erde, mit einem Eisenkern und der 1,3 fachen Erdmasse, der seinen Zentralstern Proxima Centauri – ein lichtschwacher „Roter Zwerg“– in 11,2 Tagen umrundet, in einem Abstand von rund 7,3 Millionen Kilometer, etwa der 19-fachen Distanz ErdeMond (384.000 Kilometer). Dieser Abstand bedeutet, dass der Planet in der sogenannten „habitablen Zone“des Zentralsterns kreist, wie der Raum genannt wird, wo Leben entstanden sein könnte – wenn denn Wasser vorhanden wäre. Dieser neue Exoplanet – „extrasolar“werden Planeten fremder Sonnensysteme genannt – gesellt sich nun zu den rund 3.500 Objekten dieser in den letzten 20 Jahren ständig gewachsenen Kategorie neuer Himmelskörper. Das Aufregende und eben auch „Sensationelle“ist aber, dass mit „Proxima b“erstmals ein Exoplanet der Erde so nahe ist wie bisher kein anderer.
Denn Proxima Centauri ist mit 4,2 Lichtjahren Abstand, rund 40 Billionen Kilometern, der nächste Nachbar der Sonne im All. So schießen denn sofort Spekulationen ins Kraut, dass nicht mehr Hunderte Lichtjahre wie bei den meisten anderen Exoplaneten für eventuelle Kontakte überwunden werden müssen, sondern ein Nachbarstern mit einem offenbar erdähnlichen Planeten in überschaubarer Entfernung steht.
Kein Geringerer als der weltberühmte britische Astrophysiker Stephen Hawking hat schon im April dieses Jahres seinen Namen und sein Prestige einem kühnen Projekt geliehen, mit dem Raumsonden durch einen Antrieb mit Laserstrahlen das Sternsystem Alpha Centauri neben dem Kreuz des Südens erreichen sollen. Alpha Centauri A und B sind zwei Sterne, die einander umkreisen und als fernen Begleiter den deutlich kleineren Proxima Centauri haben. Das kleinere Objekt B soll ebenfalls einen Exoplaneten besitzen, jedoch außerhalb der „habitablen Zone“.
Hawking tritt beharrlich für eine Ausdehnung der Menschheit im Weltraum ein, weil ihm das Schicksal der Erde zu ungewiss ist. Das Projekt Alpha Centauri finanziert der amerikanische Internetmilliardär Juri Milner ebenso wie der Facebook-Boss Mark Zucker- berg. Prominente Wissenschaftler der USA und Russlands sind dabei. Die Technologie ist revolutionär: Lichtsegel sollen mit Laserstrahlung auf ein Fünftel der Lichtgeschwindigkeit von 300.000 Kilometern pro Sekunde beschleunigt werden und Chip-ähnliche Minisonden nach Alpha Centauri bringen, um dort wie Roboter zu forschen und Daten zu übertragen. Die Reise zum Ziel soll etwa 20 Jahre dauern, der Datentransfer ähnlich lang.
Ebenfalls im Sternbild Zentaur (Centaurus) gelang kürzlich eine weitere erstaunliche Entdeckung mit dem Very Large Telescope der ESO. Ein Planet zieht in einem 320 Lichtjahre entfernten Dreifach-Sternsystem seine Bahnen auf extrem weiten Umläufen. Astronomen fühlen sich an Luke Skywalker aus „Star Wars“erinnert, der auf seinem Planeten mit zwei Sonnen lebt, deren Auf- und Untergänge dauernd zu sehen sind. Bei der ESO wundert sich kaum noch jemand, dass immer mehr exotische Sternsysteme entdeckt werden.
Schwan begleitet in den Herbst
Als Pendant zum Kreuz des Südens ziert den Himmel unserer Nordhalbkugel der Schwan, auch „Kreuz des Nordens“genannt. Das Sternbild ist mehrmals größer als das südliche Kreuz, als spanne der Schwan seine Flügel weit aus. Der Hauptstern Deneb bildet mit Wega in der Leier und Atair im Adler das Sommerdreieck. Es sind die be- herrschenden Bilder des Sommers, die uns bis in den Herbst begleiten.
Durch den Schwan zieht sich von der nördlich stehenden Kassiopeia herab die Milchstraße hinunter zum Adler und zum Schützen, wo das Zentrum unserer Galaxie zu orten ist, etwa 28.000 Lichtjahre vom Sonnensystem entfernt.
Der Wechsel zum Herbst tritt nur allmählich ein, weniger spürbar noch am Mittelmeer als in den nördlichen Breiten Europas. Offiziell wird die Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) ohnehin noch bis zum 30. Oktober dauern. Der Skorpion, das schöne, typische Sommersternbild, wird seine Position über dem Südhorizont noch weiter behaupten, während er im nördlichen Europa kaum noch zu sehen ist. 15 Breitengrade Unterschied zwischen der Costa Blanca und Norddeutschland zeigen eben die Sonne deutlich höher am Himmel, und die Sterne auch.
Beim Skorpion sind weiterhin Mars und Saturn zu beobachten. Sie haben in den vergangenen Wochen gemeinsam mit dem rötlichen Hauptstern Antares die verschiedensten Dreiecksfiguren gebildet, manchmal mit dem Mond noch interessantere Bilder. Der rote Mars durchquert den Kopf des Skorpions nun vollständig und überholt den Saturn auf dem Weg nach Osten. Im Westen geben knapp über dem Horizont die Venus als Abendstern und Jupiter beim Abschied und Untergang noch kurze Vorstellungen.
Erstaunliche Entdeckung erinnert an Luke Skywalker aus „Star Wars“