Stadt voller Verwünschung
Forscher aus Orihuela bietet „Route der Angst“an – Austausch von Schauergeschichten
Orihuela – sw. Aus dem Lateinischen Aureola abgeleitet, ist Orihuela eigentlich der „Strahlenkranz“der Vega Baja. Doch wenn es früh dunkel wird, erwachen auch hier die düsteren Mythen und Gruselgeschichten. Eine große Vielzahl hat der Einheimische Victor Navarro gesammelt, und erzählt sie auf seiner Angstroute „Ruta del Miedo“.
Lange hatte Navarro überlegt, wie Orihuela touristisch zu beleben sei. Dann las er das Buch „99 lugares donde pasar miedo“von Lorenzo Fernández, eine Art Reiseführer durch verwunschene Orte. Überrascht stieß er in dem international herausgegebenen Werk auf die Diablesa von Orihuela, eine mysteriöse Semana-Santa-Figur.
Er beschloss, in seiner Stadt nach mehr Schauermaterial zu suchen, las alte Texte und fragte Einheimische und Journalisten. So kam er auf Dutzende Horrorgeschichten, die zudem meist mit emblematischen Orten Orihuelas verknüpft sind.
Auch skeptisch sein
Wie die Geschichte vom Jungen, der 1923 vor der Stierkampfarena von einem Laster erfasst wurde. Er soll regelmäßig in der Umgebung auftauchen. Bekannt ist auch die Geschichte der gestorben Schwangeren bei der alten Anlage Horno de Bustamente. Bis heute soll das Weinen ihres Kindes und ihr Singen rund ums Werk erklingen.
Der „verwunschene Ort schlechthin“, so Navarro, sei die alte Mühle Molino de Jofré, Schauplatz einer Unmenge an Unglück und Tragik. Ein Klassiker sei auch der Lehrer der alten Kirchenschule Santo Domingo, der spät nachts Klausuren korrigierte. In einem Klassenzimmer traf er der Sage nach einen Jungen, der sich als vor Jahren Verstorbener ausgab. Einen bösen Witz witternd, holte der Lehrer zur Ohrfeige aus. Die Hand jedoch durchdrang den Kopf des Jungen wie von Zauberhand.
Mit Geschichten wie diesen stellte Navarro seine Route zusammen. Doch die brachte sein Inven- tar an dunklen Sagen endgültig zum Explodieren. „Bei der Wanderung entsteht eine ganz besondere Stimmung“, berichtet Navarro. Dadurch angeregt, erzählten wildfremde Menschen eigene, unerklärliche Erlebnisse. „Eigentlich hat jeder so etwas erlebt“, meint der Geschichtensammler.
Täglich prasselten auf ihn mittlerweile neue Schauererzählungen herab. Nicht alle halte er jedoch für seriös. „Ich bin schließlich Forscher und muss auch skeptisch sein.“Einen irgendwie gearteten Beweis verlange er von seinen Quellen immer.