Harter Schlag für die Plusvalía
Verfassungsgericht erklärt Steuer bei Wertverlust der Immobilie für verfassungswidrig
Die gemeindliche Steuer auf den Wertzuwachs des Bodens („plusvalía municipal“) hat vor dem Verfassungsgericht einen schweren Rückschlag hinnehmen müssen. Das Gericht urteilte für die Provinz Gipuzkoa, dass sie verfassungswidrig sei, wenn eine Immobilie mit Wertverlust verkauft wird. Die Regierung muss die Steuer nunmehr verfassungsmäßig ausgestalten.
Die Plusvalía ist eine gemeindliche Steuer, die auf den Wertzuwachs des Bodens bei einer Übertragung erhoben wird. Sie fällt mithin bei allen Verkäufen, Schenkungen und Übertragungen von Todes wegen an, wenn seit dem Erwerb der Immobilie mindestens ein Jahr vergangen ist. Da die Steuer den Wertzuwachs des Bodens besteuert, wäre es sinnvoll, wenn sie sich anhand der Differenz des Bodenwerts zwischen Erwerbs- und Übertragungszeitpunkt berechnen würde und für den Fall, dass dieser Wert negativ ist (wie es zuletzt während der Finanzkrise oftmals vorkam), keine Plusvalía gezahlt werden müsste.
Das aktuelle Gesetz sieht aber einen Berechnungsmodus vor, der nicht berücksichtigt, ob der Wert des Bodens tatsächlich gewachsen ist, sondern davon ausgeht, dass dies stets der Fall ist, ohne dass man im Einzelfall das Gegenteil nachweisen kann. Die Steuerquote berechnet sich nach dem Katasterwert des Bodens, der Anzahl an Jahren zwischen Erwerb und Übertragung und einem von dem jeweiligen Rathaus festgelegten Koeffizienten.
Insbesondere in den letzten Jahren gab es immer wieder Fälle, in denen Immobilien für weniger Geld verkauft wurden, als sie gekostet hatten. Die für die Erhebung zuständigen Rathäuser verlangten in diesen Fällen von dem Verkäufer, der die Steuer zu tragen hat, die Zahlung der Plusvalía, ohne dass dessen Argument, dass der Boden nicht nur nicht an Wert gewonnen, sondern sogar verloren hatte, Gehör fand. Einige dieser Fälle landeten vor den Gerichten und diese begannen, den Verkäufern Recht zu geben. Sie urteilten, dass keine Plusvalía anfalle, wenn ein solcher Wertverlust vorliegt. Die Gerichte verurteilten in diesen Fällen die Gemeinden dazu, die zu Unrecht erhobene Steuer zurückzuzahlen. Für Betroffene war dies jedoch mit erheblichen Mühen und Kosten für das Gerichtsverfahren verbunden.
Das Verfassungsgericht ist in seinem Urteil vom 16. Februar 2017 nun noch einen Schritt weiter gegangen und hat die gesamte gesetzliche Regelung der Plusvalía in der Provinz Gipuzkoa für verfassungswidrig erklärt, die die Zahlung der Steuer vorsah, auch wenn es tatsächlich zu keinem Zuwachs des Bodenwerts gekommen ist. Das Urteil wirft aber einige Fragen auf, mit denen wir uns an den Rechtsanwalt und Steuerberater Fernando Lozano, geschäftsführender Partner der deutsch-spanischen Kanzlei Lozano Schindhelm, gewandt haben.
Gilt das Urteil für ganz Spanien?
Nicht unmittelbar. Gipuzkoa hat, wie die anderen baskischen Provinzen und Navarra, eigene Steuergesetze und das Verfassungsgericht hat sich direkt nur zu der dortigen Regelung geäußert. Diese ist aber beinah identisch mit den sonstigen Gesetzen in Spanien. Insofern ist nunmehr das Urteil des Verfas- sungsgerichts zu der von Madrider Gerichten vorgelegten Frage der Verfassungsmäßigkeit der staatlichen Regelung abzuwarten.
Verpflichtet das Urteil die Regierung, die staatliche Regelung über die Plusvalía zu ändern?
Eine entsprechende Änderung wird seit langem gefordert und das aktuelle Urteil könnte diesen Prozess beschleunigen. Es ist mit großer Sicherheit zu erwarten, dass das Verfassungsgericht auch die staatliche Regelung zur Plusvalía für verfassungswidrig erklärt. Daher wäre es nur sinnvoll, wenn die Regierung dem zuvorkommen und dadurch die derzeitige Rechtsunsicherheit beseitigen würde. Dadurch würde auch vermieden, dass es weiterhin zu unzähligen Rückforderungen gegen die Rathäuser kommt.
Wie kann man einen Wertverlust belegen?
Genau das müsste ein neues Gesetz regeln. Bislang haben es die Gerichte akzeptiert, dass der Wertverlust durch Vorlage der Er- werbs- und Verkaufsurkunde sowie der Steuererklärungen belegt wird (zum Beispiel durch die entsprechenden Einkommensteuererklärungen über den angefallenen Veräußerungsgewinn). Es könnten auch Sachverständigengutachten akzeptiert werden.
Kann die Rückzahlung zu viel gezahlter Steuern verlangt werden?
Hierzu schweigt das Urteil. Wenn das staatliche Gesetz über die Plusvalía ebenfalls für verfassungswidrig erklärt wird, wäre es nur konsequent, wenn die Rückzahlung der Steuern zzgl. Verzugszinsen verlangt werden könnte. Dies war zuletzt nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof zur Europarechtswidrigkeit der Erbschaft- und Schenkungsteuer der Fall, durch die die Diskriminierung von Nicht-Residenten gegenüber Residenten beendet wurde.
Wenn ja, welche Frist ist dann zu beachten?
Der Rückzahlungsanspruch verjährt nach vier Jahren und einem Monat ab der Unterschrift der Urkunde, mit der die Immobilie übertragen wird, wenn es sich um einen Verkauf oder eine Schenkung handelt. Bei Erbschaften beträgt die Frist vier Jahre und sechs Monate ab dem Erbfall. Wenn die Plusvalía selbst nicht fristgerecht gezahlt wurde, beträgt die Frist für die Rückforderung vier Jahre ab der Zahlung.
Wenn ich eine Immobilie mit Wertverlust verkaufe, was sollte ich tun?
Da das staatliche Gesetz über die Plusvalía noch nicht für verfassungswidrig erklärt wurde, ist es derzeit empfehlenswert, die geforderte Steuer zunächst zu zahlen und später die Rückzahlung zu fordern. Wenn die Steuer nicht gezahlt wird, kann das Rathaus nicht nur die Zahlung verlangen, sondern zudem eine Sanktion verhängen.
Fazit
Das Urteil des Verfassungsgerichts ebnet den Weg, in Fällen, in denen eine Immobilie mit einem Wertverlust übertragen wurde, die gezahlte Plusvalía zurückzufordern. Die Erfolgsaussichten, die eine entsprechende Klage hat, sind nunmehr noch größer als zuvor. Betroffene sollten die Rückforderung so früh wie möglich fordern, damit der Anspruch nicht verjährt.