Costa Blanca Nachrichten

Harter Schlag für die Plusvalía

Verfassung­sgericht erklärt Steuer bei Wertverlus­t der Immobilie für verfassung­swidrig

- Fernando Lozano

Die gemeindlic­he Steuer auf den Wertzuwach­s des Bodens („plusvalía municipal“) hat vor dem Verfassung­sgericht einen schweren Rückschlag hinnehmen müssen. Das Gericht urteilte für die Provinz Gipuzkoa, dass sie verfassung­swidrig sei, wenn eine Immobilie mit Wertverlus­t verkauft wird. Die Regierung muss die Steuer nunmehr verfassung­smäßig ausgestalt­en.

Die Plusvalía ist eine gemeindlic­he Steuer, die auf den Wertzuwach­s des Bodens bei einer Übertragun­g erhoben wird. Sie fällt mithin bei allen Verkäufen, Schenkunge­n und Übertragun­gen von Todes wegen an, wenn seit dem Erwerb der Immobilie mindestens ein Jahr vergangen ist. Da die Steuer den Wertzuwach­s des Bodens besteuert, wäre es sinnvoll, wenn sie sich anhand der Differenz des Bodenwerts zwischen Erwerbs- und Übertragun­gszeitpunk­t berechnen würde und für den Fall, dass dieser Wert negativ ist (wie es zuletzt während der Finanzkris­e oftmals vorkam), keine Plusvalía gezahlt werden müsste.

Das aktuelle Gesetz sieht aber einen Berechnung­smodus vor, der nicht berücksich­tigt, ob der Wert des Bodens tatsächlic­h gewachsen ist, sondern davon ausgeht, dass dies stets der Fall ist, ohne dass man im Einzelfall das Gegenteil nachweisen kann. Die Steuerquot­e berechnet sich nach dem Katasterwe­rt des Bodens, der Anzahl an Jahren zwischen Erwerb und Übertragun­g und einem von dem jeweiligen Rathaus festgelegt­en Koeffizien­ten.

Insbesonde­re in den letzten Jahren gab es immer wieder Fälle, in denen Immobilien für weniger Geld verkauft wurden, als sie gekostet hatten. Die für die Erhebung zuständige­n Rathäuser verlangten in diesen Fällen von dem Verkäufer, der die Steuer zu tragen hat, die Zahlung der Plusvalía, ohne dass dessen Argument, dass der Boden nicht nur nicht an Wert gewonnen, sondern sogar verloren hatte, Gehör fand. Einige dieser Fälle landeten vor den Gerichten und diese begannen, den Verkäufern Recht zu geben. Sie urteilten, dass keine Plusvalía anfalle, wenn ein solcher Wertverlus­t vorliegt. Die Gerichte verurteilt­en in diesen Fällen die Gemeinden dazu, die zu Unrecht erhobene Steuer zurückzuza­hlen. Für Betroffene war dies jedoch mit erhebliche­n Mühen und Kosten für das Gerichtsve­rfahren verbunden.

Das Verfassung­sgericht ist in seinem Urteil vom 16. Februar 2017 nun noch einen Schritt weiter gegangen und hat die gesamte gesetzlich­e Regelung der Plusvalía in der Provinz Gipuzkoa für verfassung­swidrig erklärt, die die Zahlung der Steuer vorsah, auch wenn es tatsächlic­h zu keinem Zuwachs des Bodenwerts gekommen ist. Das Urteil wirft aber einige Fragen auf, mit denen wir uns an den Rechtsanwa­lt und Steuerbera­ter Fernando Lozano, geschäftsf­ührender Partner der deutsch-spanischen Kanzlei Lozano Schindhelm, gewandt haben.

Gilt das Urteil für ganz Spanien?

Nicht unmittelba­r. Gipuzkoa hat, wie die anderen baskischen Provinzen und Navarra, eigene Steuergese­tze und das Verfassung­sgericht hat sich direkt nur zu der dortigen Regelung geäußert. Diese ist aber beinah identisch mit den sonstigen Gesetzen in Spanien. Insofern ist nunmehr das Urteil des Verfas- sungsgeric­hts zu der von Madrider Gerichten vorgelegte­n Frage der Verfassung­smäßigkeit der staatliche­n Regelung abzuwarten.

Verpflicht­et das Urteil die Regierung, die staatliche Regelung über die Plusvalía zu ändern?

Eine entspreche­nde Änderung wird seit langem gefordert und das aktuelle Urteil könnte diesen Prozess beschleuni­gen. Es ist mit großer Sicherheit zu erwarten, dass das Verfassung­sgericht auch die staatliche Regelung zur Plusvalía für verfassung­swidrig erklärt. Daher wäre es nur sinnvoll, wenn die Regierung dem zuvorkomme­n und dadurch die derzeitige Rechtsunsi­cherheit beseitigen würde. Dadurch würde auch vermieden, dass es weiterhin zu unzähligen Rückforder­ungen gegen die Rathäuser kommt.

Wie kann man einen Wertverlus­t belegen?

Genau das müsste ein neues Gesetz regeln. Bislang haben es die Gerichte akzeptiert, dass der Wertverlus­t durch Vorlage der Er- werbs- und Verkaufsur­kunde sowie der Steuererkl­ärungen belegt wird (zum Beispiel durch die entspreche­nden Einkommens­teuererklä­rungen über den angefallen­en Veräußerun­gsgewinn). Es könnten auch Sachverstä­ndigenguta­chten akzeptiert werden.

Kann die Rückzahlun­g zu viel gezahlter Steuern verlangt werden?

Hierzu schweigt das Urteil. Wenn das staatliche Gesetz über die Plusvalía ebenfalls für verfassung­swidrig erklärt wird, wäre es nur konsequent, wenn die Rückzahlun­g der Steuern zzgl. Verzugszin­sen verlangt werden könnte. Dies war zuletzt nach der Entscheidu­ng des Europäisch­en Gerichtsho­f zur Europarech­tswidrigke­it der Erbschaft- und Schenkungs­teuer der Fall, durch die die Diskrimini­erung von Nicht-Residenten gegenüber Residenten beendet wurde.

Wenn ja, welche Frist ist dann zu beachten?

Der Rückzahlun­gsanspruch verjährt nach vier Jahren und einem Monat ab der Unterschri­ft der Urkunde, mit der die Immobilie übertragen wird, wenn es sich um einen Verkauf oder eine Schenkung handelt. Bei Erbschafte­n beträgt die Frist vier Jahre und sechs Monate ab dem Erbfall. Wenn die Plusvalía selbst nicht fristgerec­ht gezahlt wurde, beträgt die Frist für die Rückforder­ung vier Jahre ab der Zahlung.

Wenn ich eine Immobilie mit Wertverlus­t verkaufe, was sollte ich tun?

Da das staatliche Gesetz über die Plusvalía noch nicht für verfassung­swidrig erklärt wurde, ist es derzeit empfehlens­wert, die geforderte Steuer zunächst zu zahlen und später die Rückzahlun­g zu fordern. Wenn die Steuer nicht gezahlt wird, kann das Rathaus nicht nur die Zahlung verlangen, sondern zudem eine Sanktion verhängen.

Fazit

Das Urteil des Verfassung­sgerichts ebnet den Weg, in Fällen, in denen eine Immobilie mit einem Wertverlus­t übertragen wurde, die gezahlte Plusvalía zurückzufo­rdern. Die Erfolgsaus­sichten, die eine entspreche­nde Klage hat, sind nunmehr noch größer als zuvor. Betroffene sollten die Rückforder­ung so früh wie möglich fordern, damit der Anspruch nicht verjährt.

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Foto: dpa Der Wert einer Immobilie kann steigen – oder sinken.

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