Umstrittene Mehrsprachigkeit
Neues Dekret des Landesministeriums zur Schulreform – Sprachzertifikate nur in Valenciano-Linie
Sprachförderung für Schüler, besser ausgebildete Lehrer, modernere Unterrichtsmethoden – all dies verspricht das Land Valencia mit dem Programa Plurilingüe Dinámico (PPD). Das Dekret zu dessen Einrichtung im Schuljahr 2017/18 sorgt allerdings im Land für heftige Diskussionen. Kritiker werfen Schulminister Vicent Marzà vom linksnationalen Bündnis Compromís vor, das Valenciano unfair zu begünstigen.
Bis 15. März müssen alle Schulen im Land gemäß PPD eines aus sechs Profilen auswählen, die sich im Anteil der Unterrichtssprachen Spanisch (Castellano), Valenciano und Englisch unterscheiden. Umgesetzt werden soll das gewählte Profil daraufhin schrittweise, bei den Dreijährigen beginnend. Nach einer Evaluation nach vier Jahren seien Anpassungen möglich.
Weg fiele mit PPD die Wahl zwischen einer Castellano- und Valenciano-Linie. Diese Möglichkeit entspricht dem 2012er Dekret der konservativen PP und wird von 70 Prozent der Schulen im Land angeboten. Stattdessen gälte nun das von einer Schule gewählte Profil für alle ihre Schüler.
Flexibel und durchdacht
Laut Ministerium ermöglicht es PPD den Schülern, die Schullaufbahn mit Zertifikaten in Englisch und Valenciano abzuschließen. Aktualisiert und stärker kommunikativ ausgerichtet werde die Didaktik, wofür das Land Materialien herstellen und Lehrern Fortbildungen anbieten will, etwa zum Fachunterricht in der Fremdsprache.
Nur drei Prozent der Lehrer seien nämlich in der Lage, auf Englisch zu unterrichten, kritisierte Marzà zuletzt. Lob für die Reform erntete er von Schuldirektoren aus Castellón. Laut deren Sprecherin Eva Aparici fördere PPD die Chancengleichheit. Das neue System sei flexibel, die Schulen könnten es an ihre Bedürfnisse anpassen. Auch lobte Aparici die der Reform zugrunde liegenden Studien – Marzà beruft sich hierbei auf internationale Universitäten.
Argumente, die jedoch die Kritiker nicht gelten lassen. Die Elternvereinigung Idiomas y Educación – Sprachen und Bildung – aus Alicante etwa kündigte rechtliche Schritte gegen das Dekret an.
In einem 85-seitigen Schreiben analysiert die Vereinigung das Dekret Schritt für Schritt und schlussfolgert, dass es gezielt das Valenciano gegenüber dem Castellano begünstige. Schon die Namen der Sprachprofile legten dies nahe. So heißt die Stufe mit hohem Spanisch-Anteil „Básico“, Basis, die mit viel Valenciano „Avanzado“, Fortgeschritten – als sei ein hoher Valenciano-Anteil das Ziel.
Die „Diskriminierung des Castellano“, so das Schreiben, äußere sich aber insbesondere in den prozentualen Anteilen. Zum Vergleich: Aktuell sieht die Castellano-Linie 60 Prozent Castellano und 26 Valenciano vor, die andere 67 Valenciano und 20 Castellano – und beide jeweils 13 Englisch.
Weltsprachen ignoriert
Nun bleibt der Englisch-Anteil laut Idiomas y Educación in den Castellano-lastigen PPD-Profilen gleich niedrig. Er steige erst auf 18 bis 23 Prozent in den beiden „Avanzado“Profilen – wo Valenciano bis zu 58 Prozent ausmacht, Castellano aber nur 23. Kein Valencia- no, kein englisches Sprachzertifikat also, so das kritische Fazit.
„Gibt es eine gesellschaftliche Forderung nach einem solchen Wechsel?“, fragt die Vereinigung, die auch die fehlende Mitsprache der Eltern kritisiert. PPD ignoriere den hohen Stellenwert von Englisch und Castellano als Weltsprachen. Gleichzeitig hätten heute viele Schüler, Pisa-Studien gemäß, in Castellano Leseschwächen und seien in Englisch auf den Besuch von Sprachakademien angewiesen.
Für Unruhe sorgte ferner der an PPD gekoppelte neue Plan für die sprachliche Normalisierung (PNL). Laut dem sollen Schulen den Anteil des Valenciano im Schulalltag erhöhen, etwa im Sekretariat oder in der auf Computern installierten Software.