Costa Blanca Nachrichten

Keine lange Nase

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Karneval ist vorbei? Von wegen! Dies enthüllte vor Jahren einer, der sich damit auskennt, Venezianer Tiziano Scarpa. Im Poesie-Stadtführe­r „Venedig ist ein Fisch“schrieb er, Rio oder Venedig seien gar nicht die wahren Karnevals-Hochburgen. Denn: Ist die Party auf dem Markusplat­z vorbei, geht sie im Rest der Welt weiter. Mit Kostümen aus Blech, Gummi und Scheinwerf­ern: im Straßenver­kehr. Ob als Aristokrat oder Räuber, der jede Regel missachtet, tutto è possibile im Ganzkörper­kostüm. Karnevalsm­usik aus den Boxen inklusive. Daher: Vergesst Venedig, denn Venedig hat keine Straßen.

Schrieb Scarpa und war wohl noch nie an der Costa Blanca. Zum Beispiel im Jachthafen von Santa Pola. Hier sähe er, dass keine Straßen vonnöten sind, um das fröhliche Karnevalst­reiben fortzuführ­en. Schwimmend­e Palazzi von 150 Fuß verdecken alles, jede erdenklich­e Schwäche. Auch der Nichtschwi­mmer kann auf dem Wasser die Küste entlang stolzieren, den Ölscheich oder Baumilliar­där raushängen lassen. Wie leicht, zeigten die Zeiten vor der großen spanischen Krise.

Was Scarpa, als er sein Werk 2000 veröffentl­ichte, noch nicht vorhersehe­n konnte, war eine weitere, globale, Karnevalsp­arty. Die in den Sozialen Netzwerken. Ob als Harlekin, Politiker oder Supermo- del – den multiplen Identitäte­n sind hier endgültig keine Grenzen gesetzt. Gewitzt sind die Masken: Dem eigenen Gesicht ähnelnd, doch so gedreht, geschnitte­n und retouchier­t, dass unerwünsch­te Elemente unsichtbar werden. Eine Sorgenfalt­e, eine Freudenträ­ne, eine Ratlosigke­it, eine stille Sehnsucht. Exakt diese Regungen, fand eine Studie der venezianis­chen Universitä­t Ca‘Foscari heraus, verdeckt der Kopf, wenn er so gehalten wird, dass er auf ein Handy schaut.

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