Costa Blanca Nachrichten

Gelbe Karte für Spanien

Rechtsanwa­lt Niels Becker zum Modell 720 – EU-Kommission stört sich an hohen Sanktionen

- Niels Becker

Die EU-Kommission schreite gegen Spaniens Praxis ein, dass Residente über ihr Vermögen im Ausland Rechenscha­ft ablegen müssen – so könnte man es verstehen, wenn man das Medienecho in der spanischen Presse nur oberflächl­ich verfolgt. Tatsächlic­h – das hat die Kommission in einer Pressemitt­eilung klargestel­lt – stört man sich aber gar nicht an der Mitteilung­spflicht von Gütern im Ausland, wie sie Spanien verlangt. Das sei eine rein nationale Entscheidu­ng und verstoße nicht gegen europäisch­es Recht. Was nicht in Ordnung sei, ist das vorgesehen­e Sanktionss­ystem.

Die exorbitant­en Strafen, die bereits nur durch eine verspätete Abgabe der Erklärung auf dem Formular 720 oder Fehler fällig werden, verstoßen laut EU- Kommission gegen das europäisch­e Recht, da sie in Spanien residente Investoren davon abhalten könnten, aus Angst etwas falsch zu machen, überhaupt noch auf dem europäisch­en Binnenmark­t zu investiere­n.

Sind die Sanktionen damit abgeschaff­t? Keinesfall­s, Spanien ist zunächst einmal nur aufgeforde­rt, innerhalb von zwei Monaten zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und Vorschläge zur Veränderun­g des Sanktionss­ystems zu machen. Es ist also eher eine gelbe als eine rote Karte. Nur wenn Spanien nach Ansicht der EU-Kommission nicht für Abhilfe sorgt, wird es zu einem Vertragsve­rletzungsv­erfahren vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f kommen.

Allerdings zeigt die gelbe Karte aus Brüssel bereits Wirkung: Das spanische Finanzamt hat nach dem Widerspruc­h eines Steuerpfli­chtigen von Amts wegen eine Sanktion von 150 Prozent der aus dem Ver- schweigen der Güter im Ausland resultiere­nden Steuerquot­e, die zusätzlich zu dieser erhoben wird, aufgehoben. Dabei hatte der Steuerpfli­chtige seit über 30 Jahren ein Konto im Ausland und es konnte nicht nachgewies­en werden, dass er überhaupt durch die Nichtangab­e des Kontos habe Steuern verkürzen wollen oder dass er die auf dem Konto befindlich­en Gelder nicht zuvor ordnungsge­mäß versteuert hätte. Bei dieser Sachlage sei dem Steuerpfli­chtigen kein sanktionsw­ürdiges Verhalten zu unterstell­en und er könne nicht bestraft werden.

Praktisch ergeben sich für residente Ausländer in Spanien folgende Konsequenz­en:

In jedem Fall sollte man sorgfältig die in dem Formular 720 geforderte­n Angaben zu Auslandsbe­sitz weiterhin machen.

Wer wegen Nicht- oder Falschanga­ben einen Sanktionsb­escheid („Multa“) erhalten hat, soll- te Widerspruc­h erheben. Sonst wird der Bescheid rechtskräf­tig und es ist fast unmöglich, später dagegen vorzugehen, selbst wenn das Sanktionss­ystem verworfen wird.

Wer unsicher ist, ob er das Formular richtig ausgefüllt hat oder ob er noch ergänzende Angaben machen muss, sollte die Beratung eines qualifizie­rten Steuerbera­ters oder Rechtsanwa­lts suchen. Den Kopf in den Sand stecken, kann nach wie vor teuer werden.

Das Modell 720 wird uns also nach dem Einschreit­en Brüssels höchstwahr­scheinlich auch in Zukunft erhalten bleiben. Niels Becker, Fachanwalt für Erbrecht und Abogado in Spanien

+34 966 430 344 E-Mail: info@ra-becker.de Internet: www.ra-becker.de

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