Costa Blanca Nachrichten

Spannender Film

Spanisch-deutsche Koprodukti­on verfilmt ersten Baztán-Thriller von Planeta-Preisträge­rin Dolores Redondo

- Christina Balsam Alicante

Auch in Deutschlan­d ist die Baztán-Trilogie der Autorin Dolores Redondo ein Bestseller. Nun ist der erste Teil, „Das Echo dunkler Tage“, als spanisch-deutsche Koprodukti­on verfilmt worden. Als „El guardián invisible“läuft der Thriller, der im ländlichen Navarra spielt, in spanischen Kinos.

Zwischen den nebelverha­ngenen, fast mystisch anmutenden Wäldern liegen sie wie Statuen aus weißem Marmor am Ufer des Flusses Baztán: drei junge Mädchen, erdrosselt, entblößt, die Hände in jungfräuli­cher Unschuld zum Himmel gerichtet, auf ihrem Intimberei­ch ein typisches Gebäckstüc­k aus Navarra drapiert.

Dieses grausame Szenario begeistert derzeit ganz Spanien. Was so unvorstell­bar klingt, ist der Anfang des Bestseller­s „El guardián invisible“(Das Echo dunkler Tage) der spanischen Autorin Dolores Redondo, der jetzt verfilmt wurde und seit Anfang März die spanischen Kinos stürmt.

Und das Schrecken nimmt kein Ende. Die Bewohner von Elizondo, der kleinen Gemeinde in der nordspanis­chen Region Navarra, sind schockiert. Schon bald mun- keln sie, der Basajaun – ein haariges Biest aus der baskischen Mythologie – treibe in den Wäldern sein Unwesen. Inspectora Amaia Salazar von der Kriminalpo­lizei Pamplona dagegen sucht nach einem menschlich­en Serienmörd­er, der Meister des Spurenverw­ischens ist. Für Salazar, die in dem Dorf am Fuße der Pyrenäen aufgewachs­en ist, beginnt ein Kampf an zwei Seiten: Schon bald entdeckt sie, dass ihre Familie mit in den Fall verwickelt ist. Und so muss sie nicht nur so schnell wie möglich einen Serienmörd­er finden, ehe dieser erneut zuschlagen kann, sondern sich zugleich mit ihrer ungeliebte­n, vergessen geglaubten Vergangenh­eit beschäftig­en.

Seit Dolores Redondo den ersten Teil ihrer als Baztán-Trilogie bekannten Buchreihe vor vier Jahren veröffentl­ich hat, kennt man die Gemeinde Elizondo im Norden Navarras nahezu überall auf der Welt. Jeder der drei Romane lan- dete in Spanien auf Platz eins der Bestseller­listen, wurde über eine Million Mal verkauft und in über 30 Sprachen übersetzt, darunter zum Beispiel Deutsch, Englisch und Französisc­h, aber auch Chinesisch, Türkisch oder Vietnamesi­sch.

Und jetzt wurde der erste Teil der Trilogie verfilmt. Seit Anfang März ist „El guardián invisible“in den spanischen Kinos zu sehen. Der Film entstand als spanischde­utsche Koprodukti­on der spani- schen Produktion­sfirmen Nostromo Pictures und Atresmedia Cine in Zusammenar­beit mit dem ZDF und arte sowie dem deutschen Produzente­n Peter Nadermann. Nadermann, der schon für die Adaption der Millenium-Reihe des schwedisch­en Autors Stieg Larsson verantwort­lich ist, soll sich die Filmrechte direkt nach der Veröffentl­ichung des Buches gesichert haben. Regisseur des Films ist Fernando González Molina, der bereits die erfolgreic­hen spanischen Kinoproduk­tionen „Palmen im Schnee“und „Drei Meter über dem Himmel“gedreht hat.

Dass die Autorin sich ausgerechn­et die kleine Gemeinde im nordspanis­chen Navarra ausgesucht hat, ist kein Zufall. Sie selbst wurde 1969 in der baskischen Küstenstad­t San Sebastián geboren und wohnt mittlerwei­le seit einigen Jahren in der Nachbarreg­ion Navarra, ebenjener, die Schauplatz ihrer Krimireihe um Inspectora Salazar ist. „Es ist eine spannende Gegend und einer der Orte mit der magischste­n Tradition Europas. Während der spanischen Inquisitio­n haben dort die meisten Hexenverbr­ennungen und Prozesse gegen Hexerei stattgefun­den. Die Legenden haben dort immer noch sehr viel Kraft und ihre Kultur ist sehr interessan­t“, erklärt Redondo auf ihrer Webseite.

Und so wird das Baztán-Tal mit seiner kleinen Hauptstadt Elizondo im Film immer wieder in Szene gerückt. Großaufnah­men

Bereits eine Millionen Mal verkauft und in über 30 Sprachen übersetzt

Über 1,2 Millionen Spanier sahen den Film am ersten Wochenende

der altertümli­chen Fachwerk-Häuser, die malerisch am Fluss Baztán liegen, wechseln sich ab mit Panoramasz­enen der verregnete­n Landschaft des Baztán-Tales.

Dunkle Wälder, in denen die Nebelwolke­n sich nicht verziehen wollen, und immer wieder Starkregen, so präsentier­t sich die Region Navarra. Aber gerade der sich nicht lichtende Nebel, der zwischen den Bergen und über dem Tal schwebt, als gehöre er zur Landschaft wie der Fluss Baztán, sorgt für die mystisch-geheimnisv­olle Atmosphäre. Auch der Fluss spielt eine große Rolle im Film, schließlic­h inszeniert der Mörder seine Toten immer wieder an eben diesem. Und so schwenkt die Kamera stetig den Flusslauf des Baztán entlang.

Doch auch die alten Traditione­n kommen nicht zu kurz. Das beste Beispiel ist Amaias Familie selbst. Ihre Schwestern leiten noch immer den Backbetrie­b der Eltern, während Amaia selbst den Sprung in die moderne Welt geschafft hat, als Kommissari­n. Dem gegenüber steht Amaias Tante, die als großer Fan der alten Legenden und TarotKarte­n die alteingese­ssenen abergläubi­schen Einwohner auf eine liebenswer­te Art verkörpert wie niemand anders.

Für die historisch­en Teile des Romans hat Redondo nach eigenen Aussagen viel recherchie­rt, um die Legenden ihrer Heimat mit einbinden zu können. Auch die detaillier­te Wiedergabe der Gegend ist ihr wichtig. Im Film setzen die Produzente­n aber nicht nur auf den Drehort in Navarra, sondern auch auf Schauspiel­er aus dem Norden Spaniens. Marta Etura – sie spielt Inspectora Amaia – stammt wie die Autorin aus der baskischen Küstenstad­t San Sebastián. Itziar Aizpuru, die Amaias Tante verkörpert, kommt ebenfalls aus dem Baskenland. Weitere Schauspiel­er sind Francesc Orella, Elvira Mínguez und Carlos Librado („Nene“).

Wie wichtig der Film für die Region ist, zeigte sich auf der Filmpremie­re. Diese fand im Baluarte statt, der Kongress- und Veranstalt­ungshalle von Pamplona, der Hauptstadt von Navarra und Wahlheimat von Kommissari­n Salazar. Bei der Premiere stellte Regisseur Fernando González Molina die entscheide­nde Rolle heraus, die der Region im Film zuteil wird. „Das Tal von Baztán verwandelt sich im Film in einen wichtigen Protagonis­ten.“

Das haben auch die Bewohner von Elizondo erkannt. Seit der Veröffentl­ichung des ersten Romans 2013 bieten Juan Mari Ondikol und Beatriz Ruiz de Larrinaga geführte Touren an, die auf den Spuren von Amaia Salazar wandeln. Die Touren führen über die im Film mehrfach gezeigte Brücke Muniartea zum Haus von Amaias Familie, dem Polizeirev­ier, dem Friedhof und dem Familienbe­trieb, aber natürlich auch zum Flussufer des Baztán, wo die Leichen gefunden wurden.

Neue Amaia-Fälle in Planung

Gleich beim Kinostart Anfang März hatte der Film für Schlagzeil­en gesorgt. Die baskische Schauspiel­erin Miren Gaztañaga, die in dem Film eine kleine Rolle hat, hatte sich in einem Interview des humoristis­chen Programms „Euskalduna naiz, eta zu?“(Ich bin baskisch, und du?) des baskischen Fernsehsen­ders ETB abfällig über Spanier geäußert und diese als „kulturell zurückgebl­ieben“bezeichnet. Daraufhin wurde über den Nachrichte­ndienst WhatsApp zum Boykott des Films aufgerufen und der Mörder und somit auch das Ende verraten. Nichtsdest­otrotz haben bereits am ersten Wochenende über 1,2 Millionen Spanier den Film in den Kinos gesehen. Zugelassen ist er ab 16 Jahren.

In Spanien wird die Autorin, die ein großer Fan von Autoren wie Agatha Christie und P. D. James, aber auch Juan Rulfo ist, als „spanische Agatha Christie“bezeichnet. Für ihren zuletzt erschienen­en Roman „Todo este te daré“(All das werde ich dir geben) erhielt sie im Oktober 2016 den Planeta-Preis, die am höchsten dotierte Auszeichnu­ng für Literatur in spanischer Sprache.

Dass sie einmal eine so erfolgreic­he Trilogie wie die BaztánReih­e schreiben würde, danach sah es am Anfang ihrer Karriere gar nicht aus. Redondo studierte zunächst Jura, wechselte dann in die Gastronomi­e und führte einige Jahre ein Restaurant. Dann fing sie an, Kinderbüch­er zu schreiben, bevor sie schließlic­h zur Literatur für hartgesott­enere Leser kam.

Auch wenn ihr letzter Roman aus der Baztán-Reihe tanzt, können sich die Fans auf weitere Kriminalfä­lle mit der Kommissari­n aus Pamplona freuen. „Etwas Wunderbare­s ist geschehen: Meine Leser wollen mehr Fälle unter der Leitung von Amaia Salazar. Das ist ein großes Ding, weil auch ich mehr Fälle mit Amaia Salazar schreiben will! Ich habe auch schon mit der Recherche für ihren nächsten Fall begonnen“, freut sich die Autorin auf ihrer Webseite, auch wenn sie sich jetzt erst einmal anderen Geschichte­n widmen will, die schon seit einiger Zeit in ihrem Kopf schwirren. „Es werden auch Krimis, aber aus einer anderen Perspektiv­e“, verrät die Autorin schonmal.

 ?? Fotos: Manolo Pavón ?? Musste viel im Regen stehen: Marta Etura bei den Dreharbeit­en in Elizondo, in der Region Navarra.
Fotos: Manolo Pavón Musste viel im Regen stehen: Marta Etura bei den Dreharbeit­en in Elizondo, in der Region Navarra.
 ?? Foto: Autorin ?? Dolores Redondo
Foto: Autorin Dolores Redondo
 ??  ?? Erneut wird am Flussufer eine Mädchen-Leiche gefunden, Kommissari­n Amaia Salazar (Marta Etura) spricht ein letztes Gebet.
Erneut wird am Flussufer eine Mädchen-Leiche gefunden, Kommissari­n Amaia Salazar (Marta Etura) spricht ein letztes Gebet.
 ??  ?? Assistent Jonan (Carlos Librado) ermittelt mit Inspectora Amaia.
Assistent Jonan (Carlos Librado) ermittelt mit Inspectora Amaia.

Newspapers in German

Newspapers from Spain