Von Burg zu Burg
Entlang der Costa Blanca finden sich noch heute viele Reste aus der arabischen Herrschaft – ein Streifzug von Nord nach Süd
Die Costa Blanca ist gesäumt von Burgen, deren Ursprünge aus maurischer Zeit stammen und die den starken arabischen Einfluss auf die Region manifestieren. Die meisten dieser Bauwerke weisen noch heute Teile auf, die aus dieser Epoche stammen, wie eine Reise von Burg zu Burg zeigt.
Was haben die Mezquita in Córdoba, die Alhambra in Granada und Teile der Kathedrale in Sevilla gemeinsam, außer dass sie in Andalusien stehen? Sie alle sind perfekte Vertreter der islamischen Architektur, errichtet von den Mauren zur muslimisch beherrschten Epoche zwischen 711 und 1492.
Auch hier an der Costa Blanca war der arabische Einfluss groß und ist auch heute an vielen Orten immer noch sichtbar. Ein Streifzug von Norden nach Süden. Die Suche nach den Spuren der Araber beginnt ganz im Norden der Costa Blanca, in Dénia.
Schon von weitem sichtbar thront das Castillo de Dénia inmitten der Stadt, erbaut im 11. und 12. Jahrhundert unter muslimischer Herrschaft, als Dénia in einem maurischen Taifa-Reich (Kleinkönigtum) eine bedeutende Hafenstadt war. Heute beherbergt die Burg ein Museum, in dem alt-iberische und mau- rische Tonkrüge sowie andere Ausstellungsstücke zu besichtigen sind. In den Ruinen finden sich auch Einflüsse aus anderen Epochen, während der Torre del Mig maurischen Ursprungs ist, ebenso wie das Eingangstor, erkennbar an den Doppelhufeisenbögen und dem darüberliegenden Alfiz, einem rechteckigen Rahmen über den Bögen.
Kuppeln, Fliesen, Arabesken
Nicht nur der sogenannte Alfiz oder die hufeisenförmigen und geschwungenen Bögen sind typisch für die islamische Bauweise, sondern auch runde Kuppeln – wie beispielsweise die von Alteas Kirche Parroquia de Nuestra Señora del Consuelo – farbig glasierte Kacheln und die Arabeske, eine geschwungene Line aus Ranken und Blattwerk.
Elemente die sich auch auf dem ersten Burgen-Stop Richtung Süden zeigen: Castillo de Benitachell. Das arabische Gehöft, das im frühen 12. Jahrhundert gegründet wurde, liegt in der gleichnami- gen Stadt. Nach der Vertreibung der Mauren 1609 stand die Anlage fast ein Jahrzehnt leer, ehe die Wiederbesiedlung begann. Auf ihren Überresten steht heute die katholische Kirche Santa María Magdalena. Dass in Benitachell arabische Einflüsse zu finden sind, zeigt sich schon im Namen der Gemeinde. Die Vorsilbe Beni ist ebenso wie die Vorsilbe Al typisch für die arabische Sprache und findet sich in vielen Ortsnamen. Benissa, Benidorm, Benidoleig und Beniarbeig sind nur einige Beispiele. Vor allem in Hinterland zwischen Al- coy und Guadalest reihen sich die Beni-Gemeinden aneinander.
Das kleine, in die schroffen Felsen gebaute Örtchen Guadalest mit seinem großen Stausee ist der nächste ehemals maurische Stop entlang der Küste – auch wenn man dafür die Küste verlassen und ins Hinterland fahren muss. Der Ort, der gerade mal 220 Einwohner zählt, teilt sich in ein Burgviertel und das Viertel von Arrabal und gehört seit 1974 als kunsthistorisches Denkmal zu den schönsten Orten Spaniens. Von den Burgresten aus erstreckt sich türkisblau im Tal der Stausee von Guadalest, der sich durch die Berge schlängelt – ein atemberaubendes Panorama.
Der Ursprung der Dorfanlage ist maurisch – wie sollte es auch anders sein – und entstand im 11. Jahrhundert unter Tariq und AlAzraq. Al-Azraq förderte und unterstützte die Besiedelung als Herrscher über das Gebiet, das den Norden von Al-Andalus bildete, indem er mit neuen und weitläufi-
gen Bewässerungssystemen die Landwirtschaft unterstützte. Zu dieser Zeit entstand auch die Burg San José, von der heute allerdings nur noch die Reste zu sehen sind, da sie von schweren Erdbeben in den Jahren 1644, 1748 und 1752, und während des Erbfolgekiegs 1701 bis-1714 zerstört wurde.
Revolte der Germanías
Islamischen Ursprungs sind nur noch der Wehrturm sowie Reste der Burgmauer der ehemaligen Alcozaiba-Festung. Nachdem die Festung im 13. Jahrhundert von den Christen zurückerobert worden war, überließ König Jaime II. das Bauwerk 1293 der Familie Sarrià. Seither gehörte es verschiedenen Mitgliedern der Königshäuser und des Adels der Gegend. Der letzte Besitzer des Schlosses war die Orduña-Familie – heute dient das Haus der Orduñas als Stadtmuseum und kann besichtigt werden.
Zurück Richtung Küste verlassen wir Guadalest und halten in Polop de la Marina. Der historische Ortskern des einst aufgrund seiner strategischen Lage wichtigen Ortes liegt auf einem Berg, den im 11. Jahrhundert eine maurische Burg dominierte, die schon von Weitem sichtbar war. Heute sieht man von Weitem die Kirche San Pedro Apóstol, die vor den alten Burgmauerresten gebaut wurde. Von der Burg sind heute nur noch eingefallene Burgmauern übrig. In den inneren Überresten wurde auch Mauerwerk eines quadratischen Turms entdeckt, das ursprünglich der Kern einer muslimischen Zisterne gewesen sein soll.
Im Jahr 1520 flüchteten die in Polop lebenden Mauren während der sogenannten Revolte der Germanías in die Burg und fielen in die Hände der Aufständischen, wo sie dann getötet wurden. So und auch durch die Vertreibung der Mauren aus Spanien im Jahr 1609, verlor Polop zwei Drittel seiner Bevölkerung und schließlich auch an Bedeutung. Heute ist der nette Ort mit seinen bunt eingefassten weißen Fassaden und dem bunten Blumenschmuck hübsch anzusehen – von der muslimischen Burgruine hat man einen tollen Blick auf die Marina Baja und den Berg Puig Campana.
Ebenso wie das Castillo de Polop sind von dem Castillo de Busot, dass sich nahe Alicante in den Ausläufern der Sierra de Busot befindet, nur noch Ruinen übrig. Die Ruine thront auf einem Hügel in der kargen Sierra, eine einsame spanische Flagge weht auf den Resten und zieht die Blicke auf sich. In den Mauern wurden auch Keramikteile aus der Bronzezeit gefunden, archäologische Funde bezeugen jedoch den islamischen Ursprung. Es gibt wenig Doku- mentation über die Burganlage, es wird vermutet, dass sie zur gleichen Zeit wie die Stadt Busot erbaut wurde.
Ein Abstecher dorthin ist auf alle Fälle empfehlenswert, auch wenn der Aufstieg steil ist. Belohnt werden Wanderer mit einem weitläufigen Blick auf die umliegende Sierra und ihre Täler.
Wir lassen die kleinen Städte und Gemeinden im Hinterland hinter uns. Nächster Stopp: Alicante. Am Castillo de Santa Bárbara kommt man auf der maurischen Spurensuche nicht vorbei. Majestätisch thront sie auf dem 166 Meter hohen Stadtberg Benacantil. Die Burganlage ist eine der flächenmäßig größten in Europa.
Alicantes Castillo de Santa Bárbara ist eines der flächenmäßig größten in Europa
Archäologische Funde zeugen von Spuren der Iberer und Römer, es gibt Reste aus der Bronzezeit, aber natürlich auch aus der maurischen Besatzung. Mauren, die sich die strategische Lage auf dem Berg zu Nutze machten, erbauten die Burg im 9. Jahrhundert. Der höchstgelegene und zugleich älteste Teil der Burg trägt den Namen La Torreta und war der Standort des maurischen Alcázars, zu dem auch der Vorplatz Matxo, die ehemalige maurische Zitadelle, gehört.
Der letzte Halt auf der Suche nach arabischem Einfluss ist Elche. Im Palacio de Altamira, auch Alcàsser de la Senyoria genannt, sitzt heute das Archäologische Museum. Der Palast war Teil einer Verteidigungsanlage, in der unter anderem Jaime II. von Aragonien und das Katholische Königspaar residierten.
Ebenso wie bei der Burg Alicantes unterscheidet man auch beim Bau des Palastes verschiedene Phasen. Auch hier stammt der erste Abschnitt aus der islamischen Zeit zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert. Aus dieser Zeit sind noch das gewaltige Eingangstor und der Wehrturm erhalten sowie einige Wandmalereien.
Gemeinsam mit dem Torre de la Calahorra und dem Torre del Consell zählte die Verteidigungsanlage jahrhundertelang zu den wichtigsten in der Region. Heute gilt sie als eine der am besten erhaltenen Wehranlagen in der gesamten Provinz Alicante.