Klima der wachsenden Intoleranz
Bis zu 6.500 Hassverbrechen pro Jahr in Spanien – Fußballstadien werden zur Rekrutierung von Neonazis genutzt
Madrid – nic. Statistiken über die von Rechtsextremen verursachten Todesfälle in Spanien gibt es nicht, obwohl es laut diversen Internetportalen rund 90 in den letzten 25 Jahren gewesen sein sollen. Die Nichtregierungsorganisation Movimiento contra la Intolerancia (dt.: Bewegung gegen die Intoleranz), die ihren Hauptsitz in Madrid hat und unter anderem auch eine Zweigstelle in Málaga unterhält, dokumentiert jedoch Jahr für Jahr in ihrem „Informe Raxen“die sogenannten Delitos de Odio (dt.: Hassverbrechen, unter die auch die die Aggressionen durch Rechtsextreme fallen.
Zu Hassverbrechen zählen in Spanien seit der jüngsten Strafrechtsreform aus dem Jahr 2015 alle physischen und ver- balen Gewaltakte sowie die Anstachelung dazu aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder religiösen Gründen sowie aufgrund der sexuellen Orientierung oder einer Behinderung des Opfers.
Esteban Ibarra, der Vorsitzende der Nichtregierungsorganisation, schätzt in einem Artikel auf seiner Webseite www.estebanibarra.com die Zahl an Hassverbrechen, die sich im vergangenen Jahr in Spa- nien zugetragen haben, auf zwischen 4.000 und 6.500, obwohl nur 500 als solche dokumentiert seien. „Ich übertreibe nicht“, sagte er. „Die Europäische Union sagt, dass nur 20 Prozent der Hassverbrechen angezeigt werden, und wenn man noch die 1.500 Fälle, die das Innenministerium nennt, dazu zählt, kommt man auf 6.500.“Von den autonomen Regionen stehe Madrid dabei an der Spitze mit 72 dokumentierten Fällen, danach folgten Barcelona mit 58 und Andalusien mit 57 Fällen.
Esteban Ibarra erklärt, er habe eine steigende Tendenz festgestellt, was das Klima der Intoleranz in Spanien angehe. Vor allem im Internet werde der Hass gegen Andersartige verbreitet, aber auch ganz besonders in den Fußballstadien und Fanclubs. „Die Stadien und ihre Umgebung sind an Spiel- tagen leider nach wie vor die wichtigsten Brutstätten zur Rekrutierung rassistischer Gruppierungen und Neonazis“, erklärt er. Der Vorsitzende der Nichtregierungsorganisation berichtet, es habe im vergangenen Jahr mehr als ein Dutzend Treffen gegeben, zu denen sich Fußball-Ultras mit Hilfe des Internets zu Schlägereien untereinander oder zu Aggressionen gegenüber Außenstehenden verabredet hätten.
Ihm zufolge gibt es nur eine Lösung für das Problem. „Das Innenministerium müsste alle an diesen Schlägereinen beteiligten Personen der Justiz überstellen und auch die, die diese Treffen ankündigen, denn das neue Strafrecht bestraft alle Arten von Gewaltverbrechen“, schreibt er auf seiner Webseite.