Königin auf dem Trapez
Das kleinste von 19 Kindern der Zirkusfamilie auf Gran Canaria sollte eine der größten Trapezkünstlerinnen des 20. Jahrhunderts werden. María Cristina del Pino Segura erlangte in den 1950er Jahren mit ihren atemberaubenden Kunststücken – und auch aufgrund ihrer lebensgefährlichen Stürze – Weltruhm. Am Mittwoch ist die Künstlerin und Buchautorin Pinito del Oro, wie sie genannt wurde, im Alter von 86 Jahren gestorben.
Älteren Menschen ist ihr Auftritt für Ringling Bros im Madison Square Garden in New York 1950 unvergessen, als sie in 15 Metern Höhe vor 16.000 Zuschauern ohne Netz auftrat. Unter ihr nur die gähnende Leere und ihr Mann, der als ihr menschliches Schutzschild die Wucht ihrer Stürze abfing. Meist führte sie ihre virtuosen Pirouetten in sechs Metern Höhe auf, aber sie sprang den Salto Mortale immer ohne Netz oder balancierte nur mit dem Kopf auf der Trapezstange. Ihre Kaltblütigkeit galt als einmalig. Vor allem in den USA machten die Auftritte sie zu einer Ikone, die Plakate zierte und Schönheit, Erotik und Risiko ver- körperte. Viele Spanier erinnern sich heute mehr an ihre Stürze als an ihre Kunststücke mit dem Madrider Zirkus Price, die ihr alle erdenklichen nationalen und internationalen Preise in der Zirkuswelt einbrachten. In Huelva verunglückte sie 1948 so schwer, dass sie einen Schädelbruch erlitt und mehrere Tage im Koma lag. 1961 zog sie sich zum ersten Mal aus der Arena zurück, startete 1968 ein Comeback und stürzte erneut. 1969 war nach 26 Jahren Karriere Schluss.
Sie tauschte das Trapez gegen die Schreibmaschine und veröffentlichte mehrere Romane. Mit „Geboren für den Zirkus“schaffte sie es in die Finalrunde des angesehenen Literaturpreises Blasco Ibáñez. (sk)