Kein Blick für Notfallsituation
Erfahrungen eines deutsches Arztes in der Ambulanz des Centro Sanitario Integrado Xabia
Am 2. März 2018 bekam ich nach einem auswärtigen Tennisturnier einen akuten Harnverhalt, das heißt eine Entleerung der Harnblase trotz maximaler Füllung ist nicht möglich. Englisch: Acute urinary retention, Spanisch: Retención urinaria aguda.
Nachdem die Schmerzen rapide zunahmen und sich keine Besserung einstellte, fuhren mein Partner und ich direkt in die obige Ambulanz. Trotz Erklärung meines Befundes, der einen medizinischen Notfall darstellt, waren die Damen an der Patientenaufnahme nur an meinem Personalausweis und an meiner Versicherungskarte interessiert, die ich aber nicht dabei hatte.
Man ließ mich wissen, ohne diese wäre keine Aufnahme und Behandlung möglich. Ich gab mich als Arztkollege zu erkennen und bat um einen kurzen Kontakt mit einem spanischen Kollegen, um ihm meine Situation zu erklären. Dies wurde allerdings abgelehnt. Auch das Angebot, 200 Euro als Pfand zu hinterlegen, brachte kein Einlenken.
Die Schmerzen steigerten sich ins Unerträgliche. Meine Begleitperson konnte zum Glück meine Frau erreichen, die dann nach einer guten halben Stunde mit den „notwendigen“Papieren eintraf. Laut vor Schmerzen stöhnend und dem Kollaps nahe, wurde ich endlich in einen Behandlungsraum gebracht, wo die dringend notwendige Katheterisierung erfolgte.
Auch die spanische Kollegin zeigte großes Unverständnis für das Verhalten der Damen am Empfang. Offensichtlich hat das Personal an der Patientenaufnahme keine entsprechende Ausbildung, um eine Notfallsituation unabhängig von bürokratischen Formalitäten zu erkennen. Abgesehen von den heftigsten Schmerzen hätte meine Blase platzen können mit dramatischen Folgen. Was ist mit einem Patienten mit Herzanfall ohne Dokumente? Muss sich bei diesem erst ein Herzstillstand mit Kammerflimmern einstellen, bevor eingegriffen wird.