Wichtiges Terrain
Nach heftiger Kritik verwirft Alicantes Rathaus die Idee, Nonprofit-Organisationen von der Flaniermeile Explanada zu vertreiben
Die Explanada ist einer der wichtigsten Straßenzüge Alicantes. Auch für eine Handvoll Nonprofit-Organisationen, die dort über ihre Arbeit informieren. Der Plan des Rathauses, die Stände von der Flaniermeile zu verbannen, wurde letztlich zwar verworfen. Die Vereine sollen aber jetzt ästhetische Vorschriften einhalten.
Die Flaniermeile Explanada ist für die Alicantinos einer der wichtigsten Straßenzüge der Stadt. Genauso wie für eine Handvoll Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die ihre Verkaufsstände jeden Sonntag auf der Promenade gegenüber des Jachthafens einrichten. Denn dank des Publikumsverkehrs können sie dort die Verkaufszahlen erzielen, die erforderlich sind, um ihrer humanitären Tätigkeit nachgehen zu können.
Das ist zumindest, was die Händler von Nonprofit-Organisationen wie Asoka (Vereinigung gegen die Aussetzung und Misshandlung von Tieren) oder Abaifa (Vereinigung für die Adoption von Katzen) behaupten. Und tatsächlich ist die Explanada wie kaum ein anderer Ort in Alicante praktisch das ganze Jahr über von Touristen überfüllt.
Doch eine umstrittene, erst vor kurzem von der Stadtregierung zurückgezogene Maßnahme sorgte unter den Mitgliedern der NGOs und den Bürgern für Unmut. Die Neuregelung der Regierung von Bürgermeister Gabriel Echávarri (PSOE) hatte entschieden, die Verkaufsstände von der Explanada zu vertreiben. Ab April hätten sich die NGOs dann nicht mehr am aktuellen Standort aufstellen dürfen. Außerdem hätte sich die Anzahl der erlaubten Verkaufstage von vier auf zwei pro Monat verringert.
Die offizielle Argumentation der Stadtregierung für ein solches Vorgehen überzeugte nicht viele. Die Begründung der Stadt lautete, die Stände der NGOs würden dem Erscheinungsbild der Promenade schaden. Wie eine Studie über Touristen und Kreuzfahrtpassagiere in Alicante ergeben habe, sei das Aussehen des beliebten Stadtteils verbesserungswürdig. Deshalb habe man diese Entscheidung getroffen, erklärte die zuständige Stadträtin Eva Montesinos.
Die Gegenreaktion der Nonprofit-Organisationen und der empörten Bürger ließ nicht lange auf sich warten. Die Vertreter der NGOs kontaktierten die Stadtregierung, um eine Einigung zu erzielen und führten gleichzeitig eine Unterschriftensammlung durch, um das kontroverse Projekt zu verhindern. Wenige Wochen nach dem Beginn der Kampagne können die Mitglieder der betroffenen Vereinigungen zufrieden sein: Die Hartnäckigkeit zahlte sich aus, das Rathaus machte die umstrittene Maßnahme rückgängig.
Ab April werden sich die Hilfsorganisationen aber an einige städtebauliche und ästhetische Vorschriften halten müssen, „um das Erscheinungsbild der Explanada zu pflegen“, wie Montesinos argumentierte.
Homogenes Bild
Mit der neuen Regelung soll unter anderem die erlaubte Anzahl von Verkaufsständen auf der Flaniermeile begrenzt werden – eine genaue Zahl nannte die Stadträtin nicht. Außerdem sollen konkrete Orte für den Aufbau der NGOStände festgelegt werden. Auch die Ausmaße der Stände werden künftig beschränkt, „um ein homogenes Bild zu vermitteln“, sagte Montesinos. Damit alle Hilfsorganisationen auf der Explanada vertreten sein können, hat die Stadt ein Rotationssystem eingeführt, mit dem den NGOs bestimmte Wochentage zugeordnet werden sollen. Die Verkäufer werden darüber hinaus im kommenden Monat ihre Merchandising-Artikel nicht mehr auf dem Boden liegen lassen dürfen; sie werden ordentlich auf dem Tisch stehen müssen.
Manche Gegner des kontroversen Plans sehen einen Widerspruch in der Argumentation des Rathauses und meinen, dass 90 Prozent der Kunden der wohltätigen Körperschaften Touristen sind. „Die mittlerweile aufgehobene Maßnahme des Bürgermeisters hätte dem Tourismus eher geschadet – und den Hilfsorganisationen natürlich auch, denn an keinem anderen Ort der Stadt würden wir so viel Geld sammeln wie hier auf dem Vorplatz“, sagt Tania Álvarez, Händlerin am Verkaufsstand der Vereinigung Abaifa.
„Ungefähr eineinhalb Stunden brauchen wir jeden Sonntag, um den Stand aufzustellen. Dabei bemühen wir uns darum, dass er so schön und einladend wie möglich
„Das Vorhaben des Rathauses würde dem Tourismus eher schaden“
aussieht. Ich glaube nicht, dass die Nichtregierungsorganisationen die Explanada verunstalten“, meint Guillermina Castro, ebenfalls Verkäuferin von Abaifa.
Auch die Händler von Asoka zeigen sich besorgt. „Diese Verkaufsstände stellen eigentlich unsere einzige Finanzierungsmöglichkeit dar. Wir brauchen diesen Standort, um unsere Merchandising-Artikel verkaufen“, berichtet Verkäuferin Cristina Berenguer. „Ist das eine Art Vergeltung für irgendetwas, das wir gemacht haben?“, fragt sie sich.
Und tatsächlich kann keiner unter den Betroffenen einen sinnvollen Grund zur Vertreibung der NGOs finden. Manche Händler vermuten, dass das Rathaus aus irgendeinem Grund die wahren Absichten hinter dem umstrittenen Plan nicht verraten will. „Die Touristen bedanken sich bei uns für unsere humanitäre Arbeit, wenn sie etwas kaufen, in keiner Weise sind wir ein Problem für sie“, ist Berenguer überzeugt.
Kritik von allen Seiten
Sowohl unter den Händlern der NGOs als auch in den Reihen der Oppositionsparteien hatte es Kritik gehagelt: Wenn dem Rathaus die Sauberkeit der Explanada so wichtig sei, stelle sich vielmehr die Frage, warum man nichts gegen die illegalen Händler am Hafen unternehme.
Alicantes PP-Sprecher Luis Barcala äußerte sich kritisch zum Thema: „Die Hilfsorganisationen erfüllen eine wichtige soziale Aufgabe. Ich finde es gut, wenn die Regierung Schritte zum Schutz eines unserer bedeutendsten Wahrzeichen unternimmt, aber dieses Vorgehen hat keinen Sinn.“
Miguel Ángel Pavón von Guanyar sagte, er verstehe nicht, in welcher Weise die Arbeit der Hilfsvereine ein Problem für die Touristen darstellen könne. „Das Vorhaben ist ein Beweis für die fehlende Sensibilität der Regierung gegenüber dem wertvollen Beitrag der karitativen Vereine“, sagte er.
„Viel schlechter für das Erscheinungsbild von Alicante sind der Dreck im Stadtzentrum, die Kaugummis auf den Gehwegen der Rambla sowie Urin und Abfall in der Altstadt. Das ist nur eine schnelle ungerechtfertigte Lösung für ein komplexes Problem“, behauptete der Parteisprecher von Ciudadanos, Vicente Buades. Für eine engere Zusammenarbeit zwischen den Nichtregierungsorganisationen und dem Rathaus sprach sich Compromís aus.
Angesichts der Kritik an den illegalen Händlern konterte das Rathaus, dass man diese seit Jahren mithilfe der Ortspolizei bekämpfe. Das Problem sei längst beseitigt.