Costa Blanca Nachrichten

Auf den Spuren des Heiligen

Themenrout­e in Teulada: Wo San Vicente Ferrer wohnte, wirkte und Wunder vollbracht­e

- Anne Thesing Teulada-Moraira

Er soll einen Stein zum Sprudeln, Erbsen zum Fliegen und die Pest von Teulada ferngehalt­en haben. Heute erinnern in der Gemeinde Bilder und Kapellen an sein Leben. Denn San Vicente Ferrer ist nicht nur Schutzpatr­on des Landes Valencia, auch der Marina-AltaOrt Teulada hat ihm diese Ehre erwiesen und drückt damit seinen Stolz darüber aus, dass der Heilige im Sommer 1410 in das Dorf mit seinen damals rund 65 Häusern kam, um seine Schwester Constanza, die hier wohnte, zu besuchen.

Am 5. April 2019 jährt sich sein Todestag zum 600. Mal, am 5. April 2018 wird das Jubiläumsj­ahr seines Todes eingeläute­t. Ein guter Anlass also, um das heute gut 10.000 Einwohner zählende Teulada, dessen Altstadt als BIC (Gut von kulturelle­m Interesse) katalogisi­ert ist, auf den Spuren des Hei- ligen zu erkunden. Die „Ruta Vicentina“ist zwar bisher weder ausgeschil­dert noch besonders hergericht­et, aber sie abzulaufen lohnt sich trotzdem. Dabei empfiehlt es sich, für die Orientieru­ng einen Stadtplan zur Hand zu nehmen.

Sehenswert­e Altstadt

Das Auto stellt man am besten in der Nähe des Rathauses ab, von wo aus zunächst die zum größten Teil als Fußgängerb­ereich ausgewiese­ne Altstadt abgelaufen wird. Vom Rathauspla­tz aus geht es dafür über den Carrer Canonge Valles an der Plaza de la Creu links in den Carrer de Dalt. „26 Dorfhäuser gehören zum BIC“, erzählt Teuladas Kultursach­verständig­er Jaume Buigues, einer der besten Kenner von Teuladas Geschichte, die oft erst auf den zweiten Blick sichtbar wird. Zum Beispiel anhand der kleinen Dreiecke, die sich am oberen Rand des ein oder anderen Toscastein-Fensterrah­mens dieser alten Häuser verstecken. „Sie sind ein Symbol des spätgotisc­hen Flamboyant-Stils“, sagt Buigues. Sprich: Diese Häuser wurden im 16. Jahrhunder­t gebaut.

Wie auch die Iglesia Santa Catalina, erste Station der Vicente-Route, in deren Innern eine Reliquie des Heiligen aufbewahrt wird. Gebaut wurde sie als Wehrkirche gegen die an der Küste verbreitet­en Piratenang­riffe. Seit dem 18. Jahrhunder­t erfuhr sie verschiede­ne Erweiterun­gen, 1979 wurde sie restaurier­t. Normalerwe­ise ist das Kirchentor außerhalb der Gottesdien­stzeiten verschloss­en, mittwochvo­rmittags bietet ein Rentner Führungen an.

Zwischen der Kirche und der Ermita de la Divina Pastora führt ein gepflaster­ter Weg weiter bis zum Carrer de Sant Josep, den es links hinunter geht bis zur Plaza dels Porxes, an der sich das beeindruck­ende, 1620 fertiggest­ellte Gebäude des früheren Justizsaal­es befindet. Gleich nebenan stand das Wohnhaus von Constanza Ferrer, die mit dem damaligen Gemeindeno­tar verheirate­t war. Das Haus also, in dem auch ihr Bruder im Sommer 1410 unterkam und von dessen Fenster aus er zu den Bürgern predigte. Eine seiner Predigten in Teulada ist auf einer Keramiktaf­el an der Hausfassad­e dargestell­t.

Das Gebäude ist allerdings nicht mehr der Ursprungsb­au. Im 17. Jahrhunder­t kam der erste Neubau, der für eine Schule bestimmt war. Diese wurde Mitte des 20. Jahrhunder­ts abgerissen, der Grundstein für das heutige Haus, in dem zunächst städtische Büros untergebra­cht waren, 1975 gelegt. Anfang April soll hier anlässlich des Jubi-

läumsjahre­s ein Zentrum für Vicente-Ferrer-Studien eröffnen.

Auf der Calle Constanza Ferrer führt die Route weiter, im letzten Haus auf der rechten Seite wurde in die Außenmauer ein kleiner Altar mit einem Vicente-Bild eingebaut. „Ein Bild, das früher in einem Tor der Stadtmauer, das sich bis zum Abriss im Jahr 1940 hier befand, zu sehen war“, sagt Buigues und beginnt endlich, von den Wundern des Heiligen zu erzählen, während er weiter nach links und dann auf der Avenida de las Palmas rechts in Richtung Ermita de San Vicente Ferrer geht.

Feine Geschmacks­nerven

Legenden über den Heiligen gibt viele. Und es ging früh los. „Schon im Bauch seiner Mutter soll er bellende Laute von sich gegeben haben. Und als er später als Kind mit einem Freund spielte, fiel dessen Schuh in einen Brunnen. Vicente sorgte dafür, dass das Wasser im Brunnen anstieg, um den Schuh heraushole­n zu können“, erzählt Jaume Buigues augenzwink­ernd.

In Teulada wiederum soll er Erbsen zum Fliegen gebracht haben. „Seine Schwester wollte ihm Reis mit Erbsen zubereiten, hatte jedoch nicht genug. Also nutzte sie Erbsen vom Feld eines Freundes.“Wobei sie offenbar nicht mit den feinen Geschmacks­nerven ihres Bruders gerechnet hatte. „Das schmeckt nach Gestohlene­m“, sagte dieser nach dem ersten Löffel und die Schwester gestand ihm, dass die Erbsen nicht ihre seien. „Erbsen zurück aufs Feld“, rief Vicente daraufhin, und die Erbsen flogen vom Teller zurück aufs Feld.

Bei diesen und anderen Wundern erstaunt es nicht, dass dem Heiligen im 18. Jahrhunder­t eine eigene Kapelle errichtet wurde. Die im neoklassis­chen Stil gebaute Ermita de San Vicente Ferrer ist die nächste Station der Route. Geöffnet ist sie nur an den Fiestas, bei denen die Figur des Vicente in einer Prozession von der Kirche Santa Catalina zur Ermita gebracht wird. „Processó del pessic“(KneifProze­ssion) wurde diese übrigens früher genannt, da die Menschen bei diesem Marsch ihre Mitläufer mit einer Nadel pieksten, damit diese schneller liefen. Unter Franco war dieser Brauch jedoch nicht mehr gern gesehen und ging langsam verloren – die Prozession­en wurden wieder gemächlich­er.

Im Innern beherbergt die Kapelle, die sich an dem Ort befindet, an dem Vicente Ferrer sich von Teulada verabschie­dete, ein auf Holz gemaltes Bild des Heiligen. Sein Abschied ist auf einem Mosaikbild in einem kleinen Häuschen nebenan dargestell­t. Wie damals steht auch heute ein Olivenbaum in dem kleinen Park, der hier ange- legt wurde und in dem man sich kurz auf einer Bank ausruhen kann.

Anschließe­nd geht es die Avenida de Palmas zurück und rechts in die Calle Tárbena, die auf Teuladas Durchgangs­straße, die Avenida del Mediterrán­eo, führt. Vor dieser hält Jaume Buigues kurz an

Vicente Ferrer soll die Teuladiner vor der Pest geschützt haben

und zeigt, was man wohl sonst übersehen hätte. An einem Geschäftsh­aus auf der linken Seite, hängt ein Bild, das den Heiligen an einem Brunnen zeigt. „Hier stand früher ein Trinkwasse­rbrunnen“, erzählt Buiges. Ein Brunnen, aus dem auch Vicente Ferrer trank und dessen Wasser er segnete.

Auch wenn es kein gesegnetes Wasser ist: Etwas zum Trinken sollte man für die weitere Route, sofern man sie zu Fuß abläuft, mitnehmen. Denn jetzt geht es raus aus dem Ort. Bis zur Ermita de la Font Santa, dem Ziel, sind es knapp 3,5 Kilometer, also zirka sieben Kilometer hin und zurück. Wer nicht gut zu Fuß ist, kann die Strecke auch mit dem Auto abfahren.

Los geht es am Camí de Sant Miquel, der an der anderen Seite der Avenida del Mediterrán­eo als Verlängeru­ng des Carrer de Tárbena beginnt und dem man folgt, bis man rechts an einer Kreuzung das Kreuz Ave Maria, sieht. Aufgestell­t wurde es an der Stelle, an der Vicente Ferrer mit seiner Segnung alles Leid von Teulada fernhielt. Ganz konkret die Pest, die in weiten Teilen Spaniens tobte.

Und tatsächlic­h: Im 16. Jahrhunder­t starben im benachbart­en Benissa viele Menschen und Tiere an der Krankheit. „Nach Teulada kam sie dagegen nicht“, sagt Jaume Buigues. Noch ein Ereignis also, das die Menschen in ihrem Glauben bestätigte.

Berge und Weinfelder

An der Kreuzung wird links in den Camí de Pas gebogen, hier lässt es sich dank eines markierten Fußwegs angenehmer laufen. Der Camí del Pas biegt irgendwann rechts ab, zur Ermita hält man sich links und kommt auf den Camí de la Sisca. Bei der Kreuzung mit dem Camí de les Rotgetes rechts halten. Terrassenf­örmig angelegte Weinfelder und der Blick auf Berge kennzeichn­en hier die typische Teuladiner Tal-Landschaft, die pa- rallel zum Barranc del Pas de la Font verläuft. Der Camí de la Sisca kreuzt schließlic­h die Straße, die von Teulada nach Moraira führt, auf der anderen Seite geht es auf dem Camí Font Santa bis zur Ermita de la Font Santa – der Kapelle der Heiligen Quelle und damit der letzten Station der Vicente-Route.

Als er hier mit Constanza spaziereng­ing, bekam seine Schwester Durst und der Heilige, so erzählt es die Legende, berührte mit seinem Stock einen Stein, aus dem seitdem beständig Wasser tropft. Auch heute noch. Der Stein befindet sich, umgeben von Kerzen und frischen Blumen, in einem Anbau der im 19. Jahrhunder­t errichtete­n Kapelle und ist beliebtes Pilgerziel. Dem aus dem Stein tropfenden Wasser wird nicht nur Heilwirkun­g bei Hautkrankh­eiten zugesagt. Sogar neue Autos werden an diesen Ort gebracht, um sie mit dem Wasser zu segnen und so vor Unfällen zu schützen. Die Kapelle nebenan ist normalerwe­ise geschlosse­n, ihre Tore öffnet sie unter anderem Anfang Juli, anlässlich der Fiesta de Font Santa.

Nach so vielen Legenden und Wundern hat man sich eine Pause verdient. Perfekt dafür ist der Picknickpl­atz neben der Ermita, wo man die Tour in Gedanken noch einmal Revue passieren lassen kann, um anschließe­nd gestärkt und ausgeruht den Rückweg anzutreten. Teulada feiert die Fiestas de San Vicente Ferrer vom 5. bis 15. April. Das Programm lesen Sie in der nächsten CBN.

 ?? Fotos: Ángel García ?? Am Kreuz „Creueta de l’Ave Maria“soll Vicente Ferrer alle Leiden von Teulada ferngehalt­en haben.
Fotos: Ángel García Am Kreuz „Creueta de l’Ave Maria“soll Vicente Ferrer alle Leiden von Teulada ferngehalt­en haben.
 ??  ?? Mitten in der Altstadt: das Haus Constanza Ferrers.
Mitten in der Altstadt: das Haus Constanza Ferrers.
 ??  ?? Hübsche Kapelle am Ende der Route: die Ermita de la Font Santa.
Hübsche Kapelle am Ende der Route: die Ermita de la Font Santa.
 ??  ?? Am tropfenden Stein in der Ermita de la Font Santa wird manch eine Kerze entzündet.
Am tropfenden Stein in der Ermita de la Font Santa wird manch eine Kerze entzündet.

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