Die Nase voll
Deutscher Generalsekretär: Marco Bittner leitet jetzt die Geschicke der Calper Sozialisten
Calp – ms. An die Bezeichnung Politiker muss er sich noch gewöhnen, an Tatendrang mangelt es Marco Bittner nicht. Der gebürtige Hamburger ist neuer Generalsekretär der Calper PSOE. Pünktlich vor der Kommunalwahl im Mai 2019 löst der 42-Jährige seinen Vorgänger Santos Pastor ab. Bittner hat Bildende Künste studiert und macht gerade einen Abschluss in Politikwissenschaften. Für das Bürgermeisteramt in Calp hätte er am liebsten eine weibliche PSOEKandidatin.
Bislang haben Sie sich bei der PSOE eher im Hintergrund gehalten. Wie geht es Ihnen in Ihrem neuen Amt als Generalsekretär?
Bittner: Ich muss erst einmal Sondierungsarbeit leisten und sträube mich noch ein bisschen, mich wirklich als Politiker zu bezeichnen. Aber den Schuh muss ich mir jetzt wohl anziehen. Auch wenn ich mich eher als normalen Bürger sehe, der die Nase voll hat. Die Politik ist leider sehr professionalisiert und hat besonders in Spanien keinen guten Ruf. Das Amt des Generalsekretärs bedeutet für mich zwangsläufig auch, als Person in der Öffentlichkeit zu stehen und Repräsentationsarbeit zu leisten.
Wie stehen Ihre Chancen auf eine Kandidatur für das Bürgermeisteramt?
Aus Mangel an Alternativen wohl relativ gut. Ich hätte allerdings am liebsten eine weibliche Kandidatin. So wie unsere PSOE-Bürgermeisterin Violeta Rivera López in den 80er und 90er Jahren. Die Kandidatenfrage ist parteiintern aber noch völlig offen.
War es angesichts der vielen deutschen Residenten in Calp auch eine strategische Entscheidung der PSOE, Sie als Generalsekretär zu bestimmen?
Dass ich als gebürtiger Deutscher das Amt angetreten habe, ist eher Zufall. Natürlich kann das die Kommunikation mit potenziellen deutschsprachigen Wählern vereinfachen, und ich möchte mich auch mit Vereinen wie dem Creativ Club Calpe austauschen, aber ich will ein offenes Ohr für die Belange aller Calpinos haben. Ich lebe seit meinem siebten Lebensjahr hier und bin so integriert, dass ich mittlerweile besser Spanisch als Deutsch spreche. Die deutsche Denkweise macht sich aber doch immer wieder bemerkbar.
Inwiefern?
Besonders in der Politik gibt es gravierende Mentalitätsunterschiede. Ich denke da an die aktuelle Diskussion um die angeblich gefälschten Masternoten von Cristina Cifuentes (PP). In Deutschland legte einst ein Verteidigungsminister seine politischen Ämter wegen einer Plagiatsaffäre direkt nieder.
Wie hoch schätzen Sie die Chancen für einen Regierungswechsel in Calp ein?
Ich denke, die Glaubwürdigkeit der PP ist an ihre Grenzen gelangt. Es darf nicht sein, dass in Calp nur Politik für Touristen und eine Handvoll Hoteliers gemacht wird. Mein Ziel ist es gar nicht unbedingt, Bürgermeister zu werden. Die PSOE soll im Wahlkampf ernst und wahrgenommen werden. Auch die traditionell gut situierten und eher konservativen deutschen oder britischen Residenten zahlen Grundsteuer (IBI) und Müllgebühren, die die Regierung César Sánchez seit Jahren nicht anpasst.
Das Rathaus begründet die nicht gesenkte IBI damit, dass mit den Einnahmen die Schulden der Stadt beglichen werden sollen.
Ich kenne des Argument, aber wenn man manche Investitionen nochmal überdenken würde, wären diese Einnahmen gar nicht nötig. Ich erinnere da nur an das überteuerte Neujahrskonzert Anfang des Jahres oder die geplanten Rolltreppen in der Avenida Gabriel Miró. Ich will keine falschen Versprechungen machen, aber es geht doch darum, die Lebensqualität aller zu verbessern und nicht nur ein paar wenige zufriedenzustellen.