Costa Blanca Nachrichten

Eben keine Einmischun­g

- Thomas Liebelt

In der Causa Carles Puigdemont herrscht in Spanien eine ungewohnte Einigkeit. Von der rechtskons­ervativen Zeitung „ABC“bis zur linksliber­alen „El País“stimmt man darin überein, dass die Richter am Oberlandes­gericht in Schleswig sich unzulässig in die spanische Rechtsspre­chung eingemisch­t haben, als sie den Vorwurf der Rebellion als Auslieferu­ngsgrund kassierten. Da irrt die Meinung in Spanien gewaltig.

Zunächst zum Europäisch­en Haftbefehl: Dieses Dokument ist kein Passiersch­ein, mit dem ein Gesuchter mal schnell von dem Land der Festnahme in das Land durchgewun­ken wird, das den Haftbefehl ausgestell­t hat. Der Europäisch­e Haftbefehl enthebt die Justiz im Land der Festnahme nicht der Pflicht, den Inhalt genau zu prüfen. Genau das haben die Richter am OLG getan. Zudem gibt es in Europa keine einheitlic­he Strafproze­ssordnung. Was in einem EU-Land eine Straftat darstellt, wie etwa Rebellion, lässt sich anderswo nicht im Strafgeset­zbuch finden.

Das OLG hat sich auch nicht in die spanische Rechtsspec­hung eingemisch­t. In der Begründung heißt es: „Das dem Verfolgten zur Last gelegte Verhalten wäre in der Bundesrepu­blik Deutschlan­d nach hier geltendem Recht nicht strafbar.“Bei der richterlic­hen Entscheidu­ng ging es ausschließ­lich um deutsches Recht. Selbstvers­tändlich kann Puigdemont in Spanien noch immer der Rebellion angeklagt werden. Sie ist lediglich kein Auslieferu­ngsgrund mehr. Die spanische Justiz müsste Puigdemont auf andere Weise habhaft werden.

Die OLG-Entscheidu­ng lässt allerdings den Schluss zu, dass es sich bei dem Haftbefehl aus Spanien um ein fragwürdig­es Papier gehandelt haben kann. So haben die Richter nicht nur mit Rebellion erhebliche Bauchschme­rzen. Auch der Vorwurf der Veruntreuu­ng erscheint ihnen bislang nicht stichhalti­g genug für eine Auslieferu­ng. Dass der Oberste Gerichtsho­f in Madrid entweder nicht gründlich gearbeitet oder mit den Vorwürfen übertriebe­n hat, dieser Gedanke kommt in spanischen Medien nicht vor. Das würde ein Mindestmaß an Selbstkrit­ik voraussetz­en, das nicht erkennbar ist.

In Spanien hat man sich auch echauffier­t, dass in Deutschlan­d ein – so wörtlich – „Provinzger­icht“über einen Fall so großer politische­r Tragweite entscheide­t. Auch das zeugt von Blindheit. Es ist gerade die Autonomie und Selbststän­digkeit der Bundesländ­er und deren Justiz in Deutschlan­d, die Spanien einen Weg aufzeigen kann, um aus der Katalonien­krise herauszufi­nden.

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