THEMA DER WOCHE: Meere aus Plastik
Zwölf Millionen Tonnen Plastik enden laut Schätzungen jedes Jahr in den Ozeanen – und bringen die Natur an den Rand des Kollapses. Über Fische und Meersalz geraten die Mikropartikel des Mülls auch in die menschliche Nahrungskette. Doch an der Plastikflut im Supermarkt ändert sich nichts.
wird garantiert. Auch das ein lieber Ansatz, der am Grundproblem nichts ändert.
Vor allem der Handel zieht sich immer wieder auf Kundenwünsche, lebensmittelhygienische Vorschriften und Vorgaben der Industrie zurück. Doch dahinter stecken eher Kostenoptimierung und Konkurrenzdruck. Plastik ist leicht, garantiert Haltbarkeit und ist billig überall verfügbar. Diese harten und letztlich entscheidenden Argumente verschweigt man lieber.
EU-Strategie gegen Plastikmüll
Ein gordischer Knoten, der, – mit Bürgerdruck – nur von der Politik zu durchschlagen wäre. Anfang des Jahres hat die EU-Kommission ihre Strategie gegen Plastikmüll vorgestellt. Wenn sie so umgesetzt würde, wie sie gewünscht ist, woran aufgrund unterschiedlicher Bewusstseinslage der Mitgliedsstaaten Zweifel angebracht sind, wäre ein später, aber großer Schritt in eine neue Richtung getan. Deren Hauptziele sind mit Aufklärung, Eindämmung, Verteuerung, Recycling und Vermeidung zu beschreiben.
„Wir müssen verhindern, dass Plastik in unser Wasser, unser Essen und sogar unsere Körper kommt“, sagte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans und hält bei der Präsentation in Straßburg einen Strohhalm in die Höhe: „Es dauert fünf Sekunden, das zu produzieren, fünf Minuten, es zu nutzen und 500 Jahre, es wieder abzubauen.“Die Strategie beinhaltet folgende Punkte:
Bis 2030 sollen sämtliche Plastikverpackungen in Europa wiederverwertbar sein.
Die Kommission stockt den Forschungs- und Entwicklungsfonds für Recycling von 250 Millionen Euro bis 2020 um 100 Millionen auf, um Recyclingkosten um 100 Euro pro Tonne zu senken.
Recyclingquoten für Verpackungen sollen bis 2025 auf 65 und bis 2030 auf 70 Prozent gesteigert werden.
Abfallannahmestellen in Häfen sollen verhindern, dass der Müll über Bord gekippt wird.
Das Beimengen von Mikroplastikpartikeln in Kosmetika und Waschmitteln soll unterbunden werden.
Millionenschwere Aufklärungskampagne zur Vermeidung von Wegwerfplastik.
Über die Einführung einer seit langem geforderten europaweiten Strafsteuer auf Plastikverpackungen ist man bei der EU in Brüssel unterdessen geteilter Meinung. Eine Fraktion freut sich auf zusätzliche Einnahmen für die Gemeinschaftskasse, während Frans Timmermans dagegen hält, dass die Einnahmen aus dieser Steuer „bald rapide sinken müssten, sonst würde sie ja ihr Ziel verfehlen“.
„Vergessen Sie das mit dem Recyceln“, sagte Carlota López eingangs. Vermeidung sei die einzig wirklich effiziente Alternative. Julita und Josep, ein Paar in den mittleren Jahren, haben das „Leben ohne Plastik“für das spanische Fernsehen versucht. Sie reduzierten ihre Kunststoffabfälle von über 30 Kilogramm pro Kopf und Jahr auf ein paar hundert Gramm, hauptsächlich verursacht durch unvermeidliche Verpackungen für Medikamente. Was sie nicht vermeiden konnten, verwendeten sie in irgendeiner Form wieder.
„Aber wir mussten viele Gewohnheiten über Bord werfen, und die Lebensqualität litt gerade am Anfang der Umstellung merklich“, geben sie zu Protokoll. Aber: Die beiden wollen bei diesem neuen Lifestyle bleiben, denn der habe nicht nur ein gutes Gewissen gebracht, sondern eine völlig neue Welt eröffnet. Eine, die etwas langsamer sei, dafür intensiver.
Plastikflaschen treiben rund 600 Jahre im Meer bis sie abgebaut sind. Gut möglich, dass künftige Unterwasser-Archälogen – so wie wir heute Artefakte aus der Römerzeit – diese Abfälle einst als die Spuren unserer Zivilisation heben werden. Wenn es sie dann noch gibt, und wenn unsere Nachfahren dieses Erbe noch als Zivilsation bezeichnen wollen.