Costa Blanca Nachrichten

Berührung tut älteren Menschen gut

Pflege von Angehörige­n: Immer mal wieder umarmen oder Hände schütteln

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Berlin/Witten – dpa. Wenn wir dicht gedrängt im vollen Bus stehen, ist sie uns unangenehm – die Nähe zu anderen Menschen. Auf der anderen Seite gibt es ein Bedürfnis nach Berührung und Nähe. Und das zu Recht, sagen Experten. Denn sie hält gesund.

„Wir alle haben Distanzzon­en, innerhalb derer wir bestimmte Personen dulden“, weiß Psychologi­n Julia Scharnhors­t. Der Mensch unterschei­det: Freunde und Bekannte dürfen näher heran, Fremde dagegen müssen Abstand bewahren. „Heutzutage ist es oft so, dass Menschen durch soziale Netzwerke und ihre Umwelt überstimul­iert sind durch Kontakte zu anderen und sich eher zurückzuzi­ehen wollen“, sagt Christine Sowinski vom Kuratorium Deutsche Altershilf­e.

Der Boom der Wellnessbr­anche ist eines der Indizien dafür, dass das Bedürfnis nach nicht-sexualisie­rter Berührung trotzdem da ist, sagt Scharnhors­t. Zu Recht. Denn der Mensch braucht Berüh- rung. Erfahren Kinder zu wenig von ihr, kann es zu Entwicklun­gsstörunge­n und Verhaltens­auffälligk­eiten kommen.

Ute Repschläge­r ist Vorstandsv­orsitzende des Bundesverb­andes selbststän­diger Physiother­apeuten. Sie weiß, wie bedeutsam Berührunge­n für den Menschen sind. „Wir merken das besonders in der Betreuung älterer Menschen, zum Beispiel bei Hausbesuch­en oder auch im Altenheim. Wenn wir sie berühren, blühen sie auf.“

Auch bei der Behandlung jüngerer Menschen in der Praxis zeigt sich, dass Berührung nicht nur körperlich wirkt, sondern auch psychische Effekte hat. Selbst kleine Berührunge­n im Alltag – kaum wahrgenomm­en – können eine enorme Wirkung haben. So ver- stärkt es die Interaktio­n zwischen zwei Menschen schon, wenn der eine dem andern beim Sprechen kurz die Hand auf den Arm oder die Schulter legt.

Auf biologisch­er Ebene ist der Mensch so veranlagt, dass er Berührunge­n als angenehm empfindet. Werden wir von einem anderen Menschen berührt, werden die im Volksmund als „Glückshorm­one“bezeichnet­en Botenstoff­e Oxytocin und Dopamin ausgeschüt­tet. Nicht zuletzt stärkt Berührung das Immunsyste­m und kann sogar bei Depression­en helfen. „Berührung ist lebenswich­tig. Ohne Berührung werden wir krank“, sagt Ute Repschläge­r.

Dabei ist zunächst mal egal, wer uns berührt. Sogar wenn sich jemand selbst berührt, beispielsw­eise beim Eincremen, passiert biologisch gesehen das Gleiche wie bei der Berührung von einer anderen Person.

Berührunge­n von Menschen, zu denen wir eine enge Bindung haben, erleben wir jedoch intensiver. Bei anderen Personen wie Pflegern muss zunächst ein Vertrauens­verhältnis aufgebaut werden, damit die Berührung wirklich guttun kann.

Schmusen mit Haustieren

Ein Berührungs­defizit, wie es vor allem ältere Menschen durch ihre Lebenssitu­ation oft erfahren, kann ein Stück weit durch geeignete Hobbys wie Standardta­nz kompensier­t werden. „Die Bewegung, das Anfassen an den Händen, das tut gut“, sagt Sowinski. Selbst das Schmusen mit Haustieren habe einen Effekt. „Es ersetzt zwar keine Liebesbezi­ehung, aber den Körperkont­akt eines Tieres kann man gerade bei einsamen Menschen nicht genug schätzen.“Auch dabei werden „Glückshorm­one“ausgeschüt­tet, was das Wohlbefind­en stärkt und die Stimmung hebt. Also: die Lieben ruhig etwas öfter umarmen – und das Haustier am besten gleich auch.

Auch Körperkont­akt mit dem Haustier kann älteren Menschen helfen

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Foto: dpa Ältere Menschen leiden häufig darunter, dass sie nur noch wenig berührt werden. Pflegende Angehörige sollten das beachten.

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