Gefräßige Biester
Fischer fangen immer mehr Blaukrabben – Der Krebs zerstört nicht nur Netze
Fischer klagen über Blaukrabben: Der Exot frisst Seepferdchen im Mar Menor auf
San Pedro del Pinatar – sg. Die Fischer von San Pedro del Pinatar schlagen Alarm. Ein Exot breitet sich rasend schnell im Mar Menor aus. Es ist die Blaukrabbe, ein bis zu 20 Zentimeter breiter und zehn Zentimeter langer Krebs, der über ein halbes Kilogramm auf die Waage bringen kann. Ursprünglich stammt das Tier aus dem nordamerikanischen Atlantik. Nun macht es sich im Mar Menor breit.
Die Fischer aus San Pedro holten in den ersten vier Monaten dieses Jahres 1.120 Kilogramm der Blaukrabbe aus der Lagune. Das ist doppelt so viel wie im ganzen vergangenen Jahr. 2017 wurden 622 Kilogramm gefangen, 2016 waren es nur 30 Kilogramm. 2015 wurde der Krebs entdeckt.
Eigentlich könnten die Fischer froh sein: Die in den USA als Delikatesse gehandelte Blaukrabbe bringt auch in hiesigen Fischhallen im Schnitt sieben Euro pro Kilogramm ein. Der Preis kann bis 17 Euro steigen. Doch die Krabbe frisst die Larven der Riesengarnele, die Haupteinnahmequelle des Großteils der Fischer ist.
Keine natürlichen Feinde
Mit seinen Zangen schneidet der Krebs Löcher in die Netze, die aufwendig wieder geflickt werden müssen. Um die Netze vor Schäden zu bewahren, meiden die Fischer Gebiete mit vielen Blaukrabben wie La Changa nördlich des Kanals El Estacio. Das kostet sie jedoch mehr Benzin.
Nachts beobachten die Fischer, wie die Krabbe seelenruhig auf der Wasseroberfläche schwimmt. Dank ihrer fünf Beinpaare gilt sie als gute Schwimmerin. Tagsüber verschwindet sie auf den Meeresboden und richtet großen Schaden an. Denn sie vertilgt, was sie fin- det, darunter Muscheln, Algen, Schalentiere und tote Fische.
Gegen die Blaukrabbe hilft kein Mittel. Sie wurde vermutlich auf Handelsschiffen und durch die Strömungen ins Mittelmeer transportiert, wo sie sich seit 1949 unaufhaltsam ausbreitet. Vor rund zehn Jahren siedelte sie sich im Delta des Flusses Ebro an, gelangte in den Golf von Valencia, in die Flussmündungen des Júcar und des Segura und ins Mar Menor.
Weder der hohe Salzgehalt, noch die hohe Wassertemperatur im Binnenmeer konnten dem Eindringling etwas anhaben. Er passte sich an die Begebenheiten an. So tat er es auch in dem Süßwasser der Albufera in Valencia. „Der Krebs lässt sich aus dem Mar Menor nicht mehr entfernen“, sagt der Wissenschaftler Miguel Vivas vom Ozeanographischen Institut IEO in San Pedro del Pinatar. Auch wenn er heimische Arten verdränge und Schäden im Ökosys- tem anrichte, bliebe nur die Möglichkeit, seinen Bestand zu kontrollieren. Wissenschaftler des IEO und Biologen der Fischereigenossenschaft in San Pedro del Pinatar studieren nun den Eindringling.
In einem sind sich die Experten bereits einig: Sie bezeichneten den Krebs als eine erstaunliche Maschinerie ohne Feinde. Er sei aggressiv, gefräßig und habe es auch auf heimische Arten abgesehen, die von hohem wirtschaftlichen Wert sind. Neben der Riesengarnele stehen auch kleine Garnelen und unterlegene einheimische Krebse wie die Mittelmeer-Strandkrabbe auf seinem Speiseplan
Für das Seepferdchen könnte die Blaukrabbe die Ausrottung bedeuten. Seine einzige Verteidigung ist die Tarnung. Seit 2011 sei der Bestand um 95 Prozent gesunken. Auch der Goldbrasse frisst der Krebs die Nahrung weg.
Noch etwas Erstaunliches haben die Experten herausgefunden: Die Art der Blaukrebse sich zu vermehren. Weibchen und Männchen treffen sich nur ein Mal im Leben. Das Männchen überlässt dem Weibchen einen Beutel Spermien. Sie lagert den Beutel unter ihrem Panzer und befruchtet sich immer wieder selbst, wenn die Bedingungen ideal sind. Die Larven schlüpfen im Plankton und steigen als Minikrebs auf den Meeresboden ab, wo sie ihren Raubzug starten.
Wie effektiv die Blaukrabbe ist, zeigen Daten der Biologin Ana Muñoz von der Fischereigenossenschaft. Sie hat 1.119 Exemplare, die von Januar bis April gefangen wurden, vermessen und dabei festgestellt, dass 70 Prozent der Krebse weiblich waren – ein ganzes Bataillon der Vermehrung.
Unausrottbar: Einzige Möglichkeit ist, den Bestand zu kontrollieren