Heiße Spur
Hundevergiftungen in Marina Alta: Guardia Civil nimmt sechs Jäger ins Visier
Die Entwicklung der vergangenen Tage im Fall der vergifteten Hunde im Raum Benissa, Calp und Teulada dürfte wohl all die Stimmen verstummen lassen, die stets behaupten, der Polizei in Spanien sei der Tod von Tieren egal. So hat die Naturschutzbrigade der Guardia Civil (Seprona) sechs Jäger als mögliche Täter ermittelt. Der Aufwand, den die Polizei dabei betrieb, war erheblich. In den Jagdschuppen der Verdächtigen stießen die Ermittler schließlich auf hoch- toxische Substanzen. Darunter ein Mittel, dessen Einnahme zu den Vergiftungssymptomen führt, wie sie bei den betroffenen Hunden beschrieben wurden. Aber auch verbotene Köder und Fallen wurden dort sichergestellt.
Benissa/Calp/Teulada-Moraira – at.
Für Gertrud und Horst Richter, deren zwei Hunde Timmi und Söckchen am 19. März in Benissas Partida Quisi vergiftet wurden, bestätigt die am vergangenen Samstag von der Guardia Civil veröffentlichte Mitteilung nur das, was sie längst vermutet hatten. So ermittelt die Naturschutzpolizei der Guardia Civil, Seprona, gegen sechs Jäger, bei denen sie nicht zugelassene, hochgiftige Pflanzenschutzmittel sicherstellte.
In einem Labor wird jetzt untersucht, ob die Produkte für Giftköder genutzt wurden, die nach offiziellen Angaben 15 Hunde fraßen, neun von ihnen starben. Tierschützer wissen sogar von über 20 Hunden, die der Vergiftungswelle in ländlichen Gebieten von Benissa, Calp und Teulada im März und April zum Opfer fielen. Je nach Ergebnis der Laboruntersuchung können die mutmaßlichen Täter eines Vergehens gegen den Pflanzen- und Tierschutz sowie der Tierquälerei beschuldigt werden.
Zu großes Gebiet für Einzeltäter
„Die oft vorgebrachte Vermutung, dass es sich um die Tat eines Psychopathen handeln könnte, habe ich schon immer für unwahrscheinlich gehalten“, sagt Gertrud Richter. Das Gebiet, in dem die Köder ausgelegt wurden, sei zu groß für eine Einzelperson gewesen. Die Deutsche und ihr Mann, die jetzt mit allen Mitteln versuchen, ihre noch verbliebenen sechs Hunde zu schützen, waren von Anfang an überzeugt, dass Jäger dahinterstecken müssen. Ein Verdacht, der sich zu verhärten scheint.
Beamte der Guardia Civil nahmen in den vergangenen Monaten Proben der qualvoll verstorbenen Tiere, ein speziell ausgebildeter Spürhund aus Madrid machte sich auf die Suche nach den Giftkö- dern. Die Ermittlungen führten die Umweltbrigade schließlich zu vier Geräteschuppen, einer davon in Teulada und drei in Benissa, deren Besitzer sich der Jagd widmen. In allen Hütten fanden sie nicht zugelassene, abgelaufene, tödlich wirkende Pflanzenschutzmittel.
Darunter Aldicarb, ein Mittel, das bei Einnahme zu ähnlichen Symptomen führt, wie sie bei den vergifteten Hunden beschrieben wurden. Nur 1,5 Gramm des Giftes können nach Angaben der Guardia Civil 500 Füchse oder 15.000 Falken sowie in der darauf folgenden Nahrungskette weitere Tiere töten.
Die Polizei vermutet, dass die Jäger das Gift in einer heimlichen Verkaufsstelle in Benissa erstanden haben könnten, wo weitere nicht für den Verkauf zugelassene, hochgiftige und abgelaufene Pflanzenschutzmittel gefunden wurden. In den Hütten der Jäger fand die Po- lizei darüber hinaus verschiedene für die Jagd nicht erlaubte Fallen und Köder, aber auch Tiere wie verschiedene Finken und 51 Hunde, davon einer von einer gefährlichen Rasse. Sie waren weder geimpft, noch trugen sie einen Chip.
Angst unter Hundehaltern
„Wie kann ein Mensch so etwas tun, das ist einfach unvorstellbar, es müssen Irre sein“, sagt Gertrud Richter, die sich zudem vehement gegen kritische Stimmen wehrt, die behaupten, man müsse seinen Hunden beibringen, was sie fressen dürfen. „Hunden aus der Tierrettung, die ihre ersten Lebensjahre gelitten und gehungert haben, kann man nicht beibringen, etwas nicht zu fressen“, weiß sie aus eigener Erfahrung. Auch Timmi und Söckchen ging es mehr als schlecht, bevor sie bei den Richters ein neues Zuhause fanden. „Timmi haben wir an einem Baum aufgehängt ge- funden, als Tierköder. Er bestand nur noch aus Haut und Knochen“, sagt sie.
„Wir sind jetzt viel ängstlicher, lassen unsere Hunde kaum noch schnüffeln. Freilaufen gibt es nicht mehr, sie gehen nur mit uns an der Leine spazieren. Unser Grundstück haben wir mit einem 1,80 Meter hohen Kippzaun noch sicherer umzäunen lassen, damit die Podencos nicht darüber springen können.“
Für die Täter hofft sie auf Strafe, Entzug der Jagdlizenz und Einzug der Waffen. „Sie müssen ihr Leben lang überwacht werden.“Doch selbst dann sei das Problem nicht vom Tisch. „Solange dieses Gift erhältlich ist, wird es auch Vergiftungen geben.“Und solange werde die Angst nicht aufhören. Nicht nur die um Hunde. „Betroffen sind auch andere Tiere. Und am Ende nehmen wir das Gift übers Trinkwasser selbst auf“, sagt Gertrud Richter.