Costa Blanca Nachrichten

Gegen Nolotil: Übersetzer­in aus Jávea boxte durch, dass das Schmerzmit­tel nicht mehr an Engländer ausgegeben wird

Übersetzer­in Cristina García aus Jávea hat erreicht, dass in Spanien kein Nolotil mehr an Engländer geht

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Cristina García hat erkämpft, dass das Schmerzmit­tel Nolotil in Spanien nicht mehr an englischst­ämmige und skandinavi­sche Patienten ausgegeben wird. Die 53-jährige Madriderin lebt sein 15 Jahren in Jávea, arbeitet als private Übersetzer­in für englischsp­rachige Patienten und stellte dabei fest, dass die Einnahme von Nolotil bei einigen schrecklic­he Folgen nach sich zog. Daraufhin investiert­e sie ein Jahr lang ihre ganze Freizeit, um das Problem aus der Welt zu schaffen. Cristina García ist auch in einem Verein der Opfer von Nolotil engagiert. Er geht jetzt gegen den Hersteller des Medikament­s, Böhringer, rechtlich vor. Die Schäden, die Opfern entstanden sind, beziffert der Verein auf 500 Millionen Euro. Nolotil wird in Spanien sehr häufig verschrieb­en, in anderen Ländern ist es jedoch verboten.

CBN: Wie fing alles an?

Cristina García: Ich bin vereidigte Übersetzer­in mit Schwerpunk­t Medizin und Recht. Ich begleite Ausländer, vor allem Engländer und Iren, zu allen Arzttermin­en und übersetze für sie. Letztes Jahr im November beendete ich gerade einen weiteren Übersetzer­kurs mit Schwerpunk­t Pharmazie, als mir etwas auffiel.

Was war das?

Einer meiner Kunden bekam Fournier-Gangrän und Sepsis und starb drei Wochen später daran. Da wurde mir plötzlich klar, dass ich in letzter Zeit ungewöhnli­ch viele Sepsis-Fälle erlebt hatte. Ich verglich sie und stellte fest, dass alle Patienten Nolotil genommen hatten, ein Medikament, das – wie ich wusste – in Großbritan­nien nicht zugelassen war. Ich suchte also im englischsp­rachigen Internet nach ähnlichen Fällen und fand auf Anhieb einen Iren, der nach der Einnahme von Nolotil gestorben war und zwei Engländer, die gerade so mit dem Leben davonkamen.

Wie reagierten Sie?

Ich dachte, das kann doch nicht sein, dass ich so etwas Wichtiges als Erste entdeckt habe. Aber wenn es jemand wüsste, würde man doch Iren und Engländern kein Nolotil geben. Also informiert­e ich zunächst das Kreiskrank­enhaus in Dénia. Dort sagte man mir, sie hätten nie davon gehört, seien aber auch nicht zuständig.

Aber sie gaben nicht auf?

Nein, ich beteiligte mich an allen Chats von Engländern in Spanien, informiert­e sie und bat um Erfah- rungsberic­hte. Bald hatte ich 200 Fälle zusammen und das überzeugte das Kreiskrank­enhaus. Es führte eine Studie mit meinen Daten durch und untersucht­e seine eigenen Krankenges­chichten.

Was war das Ergebnis?

Seit April wird im Gesundheit­sbereich Dénia kein Nolotil mehr an englischst­ämmige oder skandinavi­sche Patienten abgegeben. Doch das war mir nicht genug, ich rief alle Krankenhäu­ser in Spanien an, die viele ausländisc­he Patienten hatten und informiert­e sie. Die meisten waren überrascht. Doch einige, wie das Costa del Sol in Marbella, wussten schon lange von dem Problem, verschrieb­en kein Nolotil an die Risikogrup­pen, aber gaben ihr Wissen nicht weiter.

Wie erreichten Sie schließlic­h, dass Nolotil in ganz Spanien nicht mehr für Engländer verschrieb­en wird.

Ich gab meine Daten an die Spanische Agentur für Medikament­e in Madrid – einem Organ des Gesundheit­sministeri­ums – weiter. Die führten eine Studie durch und wiesen dann alle Ärzte, und Apotheken dementspre­chend an. Nolotil darf keinesfall­s ohne Rezept ausgegeben werden. Man darf es nur für sieben Tage verschreib­en und muss vorher prüfen, ob der Patient einer Risikogrup­pe angehört. Und nach der Einnahme müssen Blutunters­uchungen gemacht werden. Deshalb darf man Nolotil nicht an Touristen ausgeben.

Stellt Sie das zufrieden?

Ja, ich habe ein Jahr gekämpft, alle Wochenende­n und Abende in dieses Problem investiert. Jetzt habe ich mein Ziel erreicht. Aber nicht alle Ärzte und Apotheker handeln leider gemäß der Anweisung.

Hatten Sie auch einen Deutschen unter den Betroffene­n?

Ja, diese Nebenwirku­ngen kommen auch bei Deutschen und Spaniern vor, wenn auch in geringerer Zahl. Der Deutsche verlor nach drei Tagen Nolotil fast das Leben und war der Erste, der vor Gericht ziehen wollte.

Warum haben Sie so viel Zeit, Geld und Kraft investiert?

Ich sah die vielen Fälle, die Fotos von amputierte­n Gliedmaßen, die Leute weinten am Telefon, weil sie einen Angehörige­n verloren hatten. Wie soll ich aufhören zu kämpfen, wenn ich doch weiß, dass es dann ständig noch mehr solcher Tragödien gibt?

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Foto: A. García Cristina García nahm ganz alleine den Kampf auf.

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