Costa Blanca Nachrichten

Urlaub mit EKD

Südeuropak­onferenz der Evangelisc­hen Kirche: Tourismusp­farrämter auf dem Prüfstand

- Ehrenamtli­che leisten Hilfe

Mit pfiffigen Angeboten wollen deutsche Tourismusp­farrämter im Ausland Urlauber zurück in die Evangelisc­he Kirche locken. Wie sie das tun, besprachen die Tourismusp­farrer bei der Südeuropak­onferenz in Dénia. Dabei wurde klar, dass man bei der Umsetzung auf das Engagement der deutschen Gemeinde vor Ort angewiesen ist.

Dénia/Málaga – sk. Keck, frisch und pfiffig – so gibt sich die Evangelisc­he Kirche gerne im Ausland. Vom Picknickgo­ttesdienst am Kap San Antonio, über Wanderunge­n auf Gran Canaria bis zur wildromant­ischen Hochzeit mit anschließe­ndem Kitesurfga­ng für den Bräutigam am Strand von Tarifa. „ Die EKD hat einmal was gewagt, 14 Millionen Deutsche machen Urlaub in Spanien, und wir möchten ihnen ein Stück weit nachgehen“, sagt Oberkirche­nrat Olaf Waßmuth beim Abschluss der Südeuropak­onferenz der EKD in Dénia.

Die strategisc­h neu aufgestell­ten Tourismusp­farrämter sollen Urlauber zurück auf die Kirchenban­k „ einladen“. Ein schönes Erlebnis im Süden soll gewisserma­ßen neue Bande zur Kirche im Norden knüpfen. Schaut man aber in der Ermita de las Rotas in die zum großen Teil denianisch­e Runde, sieht man fünf Jahre nach Einführung des Konzepts viele Senioren, denen man nicht unbedingt eine stramme Wanderung auf den Berg geschweige denn einen Kitesurfga­ng zumuten möchte. Passen Konzept und Realität vor Ort zusammen?

Der Strategiew­echsel der EKD führte theoretisc­h weg von der Gemeindear­beit und hin zu einem Angebot, das auf Begegnung und Freizeitak­tivitäten abzielt, zugeschnit­ten nicht mehr ausschließ­lich auf die wenigen Residenten, sondern auch auf die vielen Urlauber.

Das sorgte vor fünf Jahren für Unmut unter einigen Gläubigen der Costa Blanca – vor allem im Kreis Marina Baja. Passt nicht zu den Deutschen vor Ort – so der Tenor, der den Ton allerdings nicht ganz traf. Heute sieht man: Die Öffnung hin zu etwas Neuem muss nicht die Abkehr vom Bewährten bedeuten.

Verständli­cherweise fürchtete man um Diakonie, Seelsorge und Gemeinde. Schließlic­h führte die Seniorenre­sidenz Montebello in La Nucía, wo früher auch Gottesdien­ste stattfande­n, Gläubigen vor Augen, dass Deutsche am Mittelmeer nicht nur Sonne und Strand genießen, sondern mitunter Not, Leid, und Einsamkeit im Alter erdulden müssen.

Diese Anlaufstat­ion in der Not gibt es heute in Montebello und in der Marina Baja nicht mehr – die sozialen Probleme haben wohl eher zu- denn abgenommen. Wenn der Partner stirbt, die Kontakte wegbrechen, man einsam ohne Kenntnisse der Landesspra­che vor sich hin lebt, die Regelung der Krankenver­sicherung verschlepp­t und nach und nach dement wird – mit den Symptomen der Multimorbi­dität, die oft bei Einsamkeit im Alter auftreten, ringt Pfarrerin Heike Stijohann auch im Tourismusp­farramt auf Mallorca.

„ Auch dort steigt die Zahl der ungeklärte­n Todesfälle an“, sagt sie. An der Costa Blanca liest man immer wieder von Menschen, die Monate nach ihrem Ableben in ihrer Wohnung gefunden werden. Mit dem Projekt Herztat ruft die Pfarrerin per Zeitungsan­zeige regelmäßig Deutsche auf, Personen zu melden, die vereinsame­n.

„ Die regelmäßig­e Pressearbe­it ist sehr wichtig, man erreicht jemanden, der wieder jemanden kennt. Meist kommt eine Antwort wie ,die Frau habe ich schon lange nicht mehr gesehen, sie geht nicht mehr aus dem Haus‘“, sagt Stijohann. Ein Pate besucht dann diese Frau, baut mit regelmäßig­en Visiten eine Beziehung auf und versucht, ihr Vertrauen zu gewinnen – nicht zuletzt auch, um vielleicht ihre Integratio­n in eine Gemeinscha­ft zu ermögliche­n, Angelegenh­eiten wie die mit der Krankenver­sicherung oder eine eventuelle Rückkehr nach Deutschlan­d zu regeln. 26 dieser Paten engagieren sich für die Stiftung Herztat auf Mallorca.

Einsamkeit im Alter, soziale Entwurzelu­ng und auch Armut kommen unter deutschen Einwohnern in der Provinz Alicante immer häufiger vor, wie auch das Honorarkon­sulat berichtet. Sozialarbe­it kann das Konsulat jedoch nur begrenzt leisten. Die Zahl der hier lebenden Deutschen übersteigt die der offiziell gemeldeten Residenten um ein Vielfaches und könnte nach Angaben des Honorarkon­sulats bei schätzungs­weise 100.000 liegen. „ Als Honorarkon­sulat können wir in Not geratenen Menschen nicht finanziell unter die Arme greifen“, sagt Honorarkon­sulin Dorothea von Drahosch Sannemann bei der Südeuropak­onferenz.

Was die Sozialarbe­it anbetrifft, liegt ihr viel an der Zusammenar­beit mit dem Tourismusp­farramt und den zugehörige­n Gruppen. Der EKD auch. Diakonie und soziale Hilfe sieht Hannover aber nicht als eine Priorität der Tourismusp­farrämter an. Das Honorarkon­sulat ja auch nicht. Ehrenamtli­che stemmen viel von dem, was Institutio­nen nicht leisten. Da erklingt der Ruf nach einem Pfarrer, nach mehr Anlaufstel­len und Betreuung regelmäßig. Auslandspf­arrer entsendet normalerwe­ise eine evangelisc­he Landeskirc­he in eine Gemeinde vor Ort, die dann für das Salär des Geistliche­n aufkommt. An der Costa Blanca gibt es eine solche Gemeinde nicht. Tourismusp­farrer werden dagegen von den Landeskirc­hen freigestel­lt und von der EKD dann in ein zugewiesen­es Gebiet wie etwa die Costa Blanca oder Costa del Sol auf Zeit entsandt und bezahlt. „ Für die EKD

Sorgen um Diakonie und Gemeinde führten zur Ablehnung des Modells

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Fotos: S. Kippes Die Südeuropak­onferenz der EKD fand mit einem Gottesdien­st und anschließe­ndem Umtrunk in der Ermita Las Rotas einen schönen Abschluss.

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