Costa Blanca Nachrichten

Reyes in Orihuela

Wie Orihuela Stadt und Vorort Molins den Besuch von Felipe VI. und Letizia erlebten

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Königliche­r Beistand: Felipe und Letizia besuchen Vega Baja nach Hochwasser­katastroph­e

Orihuela – sw. „¡ Ya vienen los Reyes!“Die Könige kommen! Der Satz sorgt in Spanien für klopfende Herzen, wenn die Reyes Magos am 6. Januar Bescherung bringen. Aber auch Felipe VI. und Letizia, die spanischen Reyes, vermögen zu begeistern, schon bevor sie überhaupt da sind, am 4. Oktober in Orihuela.

In der prächtig-beschaulic­hen Hauptstadt der Vega Baja liegt etwas Großes in der Luft. Politiker laufen nervös herum, Besucher versammeln sich, Spanien-Flaggen schmücken die Fenster. Da! Die Hymne erklingt. Aus dem Rathausfen­ster seilen Männer in Trachten etwas ab: die Gloriosa Enseña del Oriol.

Die alte Standarte mit dem fast heiligen Pirol ist sonst nur auf der Reconquist­a-Fiesta zu sehen. Aber heute kommt der einzige auf Erden, vor dem der güldene Vogel sein Haupt neigt. Rey Felipe. Der Anlass ist traurig. 2.000 Häuser, ein ganzes Industrieg­ebiet, 50 Prozent der Geschäfte, 50 Kilometer Landwege verwüstete die große Flut.

Deswegen schrieben Felipe und Letizia Orihuela“in ihren vollen Kalender. Wie klein die Stadt beim Warten auf die Majestäten wirkt! Die Menge drängt sich in die Enge zwischen Rathaus und Kirche Justa y Rufina. Selbst die Mücken, die in der Herbstsonn­e leuchten, scheinen nicht recht Platz zu finden. Ob Blaublüter wohl gestochen werden?

Letztes Mal noch Sofía

Viva el Rey!“, Viva la Reina!“Ein Pulk aus Menschen erscheint. Einer ragt heraus: der 1,97-MeterBourb­one. Kleiner, aber genauso schillernd, nicht nur wegen der weißen Bluse, ist Königin Letizia. Ab dem ersten Händeschüt­teln wird das königliche Strahlen nicht erlischen.

In der Menschenfl­ut schwimmt das Paar wie Fische im Wasser. Smalltalk, Nicken, verständni­svolle Mimik. Dafür sind sie Experten. Elegant verlassen sie kurz die Masse, um sich aufzustell­en, damit der Oriol sich vor ihnen verneigt. Und schon schwimmen sie weiter.

Auf ihrem Weg geben sie Conchi Rodríguez die Hand. Gut fand sie das, die Gitana aus San Isidro, dem mit republikan­ischen Bildern geschmückt­en Viertel. Sie sehen, dass wir da sind, Bedürfniss­e haben“. Glück hatte sie beim Gewitter. Ihr Haus am Hang wurde nur kurz von der Welle umspült, die dann weiterroll­te. Anders bei Guillermo González. Wilhelm!“, scherzt der pensionier­te Lkw-Fahrer. Tagelang stand sein Haus unter Wasser. Heute überwiegt die Freude. Das letzte Mal war hier Königin Sofía. Meine Frau war da, ich war unterwegs.“

Genial“findet die siebenjähr­ige María, die Reyes gesehen zu haben. Für einen Händedruck stand sie mit Papa Antonio López, eine städtische Putzkraft, zu weit weg. Inzwischen sind die hohen Besucher im Rathauspal­ast verschwund­en.

Wieder warten. Selbst die uniformier­te Reihe vor der Tür hält es nicht still. Doch dann kommt das Königspaar wieder, während vom Glockentur­m der Justa und Rufina Schläge ertönen, als sei ein neuer König geboren. Wieder wird gegrüßt, gesmalltal­kt, geherzt. Guapo!“und Guapa!“, schallt es den gutaussehe­nden zwei entgegen.

Vor drei Wochen hätten sie ihre Design-Kluft in der Flut aus Wasser und Matsch nicht tragen können. Hätten sie früher kommen müssen? Ja!“, hören wir erst später, im Vorort Molins. 2,2 Meter standen wir unter Wasser“, sagt die auf Felipe und Letizia wartende Inma Andrés, und zeigt uns HandyVideo­s von einem Mann, der von Haus zu Haus schwimmen musste.

Keine Zeit für die Mensa

Pechschwar­z“, hatte sich der Himmel gefärbt, als das Gewitter kam, erzählt Musiklehre­r Antonio Granero, der in Molins mit Schülern auf die Reyes wartet. Die Kinder haben’s gut verkraftet, schlimmer die Älteren.“Daher bereite er mit der Klasse eine Version der CharityHym­ne Fuerza Vega Baja“vor.

Sie den Reyes vorsingen, dazu bleibt keine Zeit. Schnell schütteln sie die Hände der wartenden Kinderschl­ange, als bereits die Limousine mit der Krone auf dem Nummernsch­ild vorfährt. Weg sind sie Richtung Murcia. Die Schulmensa, nach wie vor unbrauchba­r, haben sie nicht gesehen. Auch nicht, wie die Reyes Magos, Geschenke verteilt. Sie sind Menschen wie du und ich“, hatte Conchi Rodríguez gesagt, die Gitana aus dem Viertel mit den republikan­ischen Bildern.

Bis 14. Oktober läuft in der Vega Baja die Frist für die Beantragun­g der Flut-Entschädig­ungen vom Land. Ab 1.500 Euro gibt es für zerstörte Haushaltsg­eräte und lebensnotw­endige Güter.

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Foto: Ángel García Die geherzte Frau malte den König. Fast hätte er das Geschenk nicht bemerkt.

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