Vor dem Urteil
Spannungen in Katalonien nehmen wegen des Separatisten-Prozesses zu
Unter den endlich abgehängten gelben Schleifen liegen die Nerven blank. Unmittelbar vor der zu erwartenden Urteilsverkündung des Obersten Gerichtshofs gegen die inhaftierten Separatisten nehmen die Spannungen in Katalonien tagtäglich zu. Aus Madrid erklingt aus wahlkampftaktischen Gründen der Ruf nach einer abermaligen Zwangsverwaltung unter Artikel 155, aus Barcelona – nach dem gescheiterten Misstrauensantrag – der nach zivilem Ungehorsam. Zwischen allen Stühlen sitzend soll die Landespolizei Mossos d’Escuadra die öffentliche Ordnung für alle Katalanen – Separatisten wie Nichtseparatisten – aufrechterhalten, während ihre Regierung sie regelrecht demontiert.
Barcelona – ck. Das konstruktive Misstrauensvotum, mit dem Kataloniens Ciudadanos-Chefin Lorena Roldán am Montag den Ministerpräsidenten Quim Torra ablösen wollte, ist erwartungsgemäß gescheitert. C’s wurde nur von der PP unterstützt, die Sozialisten enthielten sich, der katalanistische Block blieb in der Mehrheit.
Roldán ergriff die Initiative, nachdem Torra vergangene Woche zu zivilem Ungehorsam aufgerufen hatte und gewaltsame Reaktionen in Katalonien nicht verurteilt, und womöglich sogar anfacht. Mit Unruhe wird das Urteil des Obersten Gerichtshofs (TS) in Madrid erwartet, das nach zwei Jahren in diesen Tagen verkündet wird.
Da niemand mit dem Freispruch der wegen des Referendums am 1. Oktober 2017 in UHaft sitzenden Politiker und Aktivisten rechnet, bereitet sich Katalonien auf einen heißen Herbst vor. Neben den katalanischen Mossos sollen Beamte der Nationalpolizei und der Guardia Civil, die das Innenministerium zur Verstärkung in die Region sendet, für Sicherheit sorgen.
Eine Verurteilung zu hohen Haftstrafen wird von den Befürwortern der Unabhängigkeit als autoritäre Repression durch Madrid interpretiert. Das Staatssekretariat España Global versucht, über die 215 spanischen Botschaften im Ausland das demokratische Image Spaniens zu festigen. Videos zur Meinungsfreiheit im modernen fortschrittlichen Kontext sollen die von Separatisten geschürten Vorurteile widerlegen.