Wie ein Fähnlein im Wind: Ciudadanos und Volkspartei lockern Blockadehaltung bei Regierungsbildung
Konservative und Liberale heben Veto auf – Sozialisten ködern Rentner
Madrid – ck. Wenn Konservative (PP) und Liberale (C’s) ein wenig früher eingelenkt und das Veto gegen Pedro Sánchez (PSOE) aufgehoben hätten, würden die Sozialisten nun regieren und die Wahl am 10. November bliebe Spanien erspart. Der 180Grad-Richtungswechsel von C’sChef Albert Rivera ist erstaunlich. Im April wollte er Regierungschef Pedro Sánchez rauswerfen, im Juli nannte er ihn den „ gefährlichen Anführer einer Bande“und jetzt bietet er ihm einen Pakt an, um nach dem 10-N zu regieren.
Ein großes nationales Abkommen sei immer schon das Ziel der Partei gewesen, erwiderte Rivera all denen, die ihn als Fähnchen im Wind bezeichneten. „ España en marcha“(Auf geht’s Spanien) ist sein Wahlslogan.
PP-Chef Pablo Casado war bei seinem Schwenk zur Mäßigung etwas vorsichtiger. Er stellte die PP als Partei dar, „ die das Gespräch sucht, die paktieren will und die der Bildung einer Regierung zustimmt“. Kurz darauf schränkte er ein: Aber nur wenn die PP vor der PSOE liege – und sei es um ein Mandat – fasse er eine Koalition ins Auge. Den bisherigen Umfragen nach ist das unwahrscheinlich.
Casado hat drei PP-bewährte Frauen auf seine Wahlliste geholt: die Ex-Parlamentspräsidentin Ana Pastor, die frühere Präsidentin der Nationalen Kommission für Wertpapiere ( CNMV), Elvira Rodríguez, und die ehemalige Landwirtschaftsministerin Isabel García Tejerina. „ Por todo lo que nos une“(Für alles, was uns eint) lautet das Motto der Konservativen.
Sánchez lehnt die Angebote ab. Er suche auf keinen Fall die Unterstützung von Parteien, die „ sobald sie können mit der ultrarechten Vox zusammengehen“, sagte er in Anspielung auf Andalusien, Murcia und Madrid. PSOE-Parlamentssprecherin Adriana Lastra war kategorisch: „ Eine große Koalition in Spanien ist absurd. Die wird es nie geben“. Es reiche, wenn die beiden Parteien die meistgewählte Formation (PSOE) regieren ließen. Dann könne die auf die Unterstützung der Separatisten verzichten.
Riveras Umschwung kommentierte Sánchez mit: „ Panik vollbringt Wunder“. C’s verliert allen Umfragen zufolge viele Sitze. Ob es da hilft, dass sie gemeinsam mit UPYD antritt, bleibt abzuwarten. Die 2007 von der Ex-Sozialistin Rosa Díez und dem Philosophen Fernando Savater gegründete Zentrums-Partei Unión Progreso y Democracia ist momentan nur im Europaparlament vertreten. Im April trat sie nicht zur Parlamentswahl an und empfahl ihren Anhängern, Ciudadanos zu wählen. Zumindest einer kennt beide Formationen gut: Der valencianische Schauspieler und Politiker Toni Cantó war bis 2015 Abgeordneter für UPyD und wechselte dann zu C’s.
Sánchez hat seine Berater rechnen lassen und festgestellt, dass jeder vierte Wahlberechtigte Pensionär ist. Schon ab Dezember, so kündigte er wohl deshalb am Montag an, würden die Renten um den Lebenshaltungskostenindex (IPC) steigen. Der amtierende Regierungschef will die Anpassung per Dekret durchsetzen. Angesichts eines so offenen Wahlgeschenks hagelte es Kritik, aber die PSOE ist guter Dinge: „ Ahora gobierno, ahora España“(Jetzt Regierung, jetzt Spanien) heißt ihre Devise.
„Eine große Koalition in Spanien ist absurd. Die wird es nie geben“