Die „Verrückten“von Pedreguer
Dokumentarfilm über erste Feministinnengruppe der Marina Alta soll Jugend aufrütteln
Pedreguer – se. Die erste feministische Gruppe des MarinaAlta-Kreises entstand im Jahr 1979 nicht etwa in der Kreisstadt Dénia, sondern im Dorf Pedreguer. „ Hier sind die Leute schon immer besonders politisch aktiv gewesen und so wurden wir auch zum Vorreiter des Feminismus“, berichtet Mitbegründerin Julia Gonzáles. „ Man muss allerdings sagen, dass wir uns nicht als Feministinnen verstanden. Gerade war die Diktatur zu Ende gegangen und wir wollten einfach mehr Rechte für Frauen.“
Auf den Fahnen der „ Grup de dones de la Marina Alta“(Frauengruppe der Marina Alta) standen das Recht auf Scheidung und Abtreibung. Aber auch viel alltäglichere Dinge. „ Unter Franco durfte eine Frau nur arbeiten, ein Konto eröffnen oder den Führerschein machen, wenn ihr Mann sein Einverständnis gab. Ja, die Frau durfte nicht einmal die Erlaubnis unterschreiben, dass die Kinder mit der Schule ins Ausland fahren“, erinnert sich die 72-Jährige. „ All das wollten wir ändern.“
Im Dorf hätten sie viele für verrückt gehalten, sagt sie. „ Damals machten die Mädchen ja noch Kurse zum Thema: Wie werde ich die perfekte Ehefrau.“Und manchmal gab es auch handfesten Ärger.
„ Die Guardia Civil riss die Plakate ab, die wir klebten, und schickte uns nach Hause zu unseren Ehemännern“, berichtet sie. „ Man nannte uns Huren. Und einmal bei einer Informationsveranstaltung zum Thema Abtreibung prügelten sich der vortragende Arzt Pere Enguix von der Klinik Acuario in Beniarbeig und ein Zuhörer.“
Dieser Arzt wurde schließlich verhaftet – damals war nicht einmal die Abtreibung im Falle der
Todesgefahr für die Mutter, schwerer Behinderung des Kindes oder Vergewaltigung der Mutter erlaubt. Die Frauengruppe organisierte daraufhin verschiedenste Veranstaltungen, um die Kaution für ihn aufzubringen.
Auch Gleichstellungs-Stadträtin Viqui Simó war damals mit nur 14 Jahren in der Frauengruppe. Auf Anregung des in Pedreguer sehr aktiven Bürgerbeirats für Gleichstellung habe das Rathaus einen Dokumentarfilm drehen lassen, der die Geschichte dieser Frauen erzählt, sagt sie. „ Er ist vor allem an die Jugend gerichtet.“
„ Die heutigen Mädchen und jungen Frauen haben das nicht erlebt und sehen keine Notwendigkeit zu kämpfen“, meint Gonzáles. „ Viele empfinden es sogar wieder als normal und als Liebesbeweis, dass ihre Partner sie bevormunden.“Auch sie sei Ehefrau und Mutter und habe Zugeständnisse gemacht.
„ Als ich Bürgermeisterin in Pedreguer war, bin ich um fünf Uhr früh aufgestanden, um meine häuslichen Pflichten zu erfüllen.“
Gleichberechtigung sei nur in Zusammenarbeit mit den Männern zu erreichen und man müsse ständig verhandeln und darum ringen, nicht zurückgetrieben zu werden. „ Ich werde wohl bis zu meinem Tod kämpfen, inzwischen für meine kleine Enkelin.“
Staatspakt erfüllen
Der auf Valenciano gedrehte Dokumentarfilm wird im Vorfeld des Tags gegen Gewalt gegen Frauen am 25. November vorgestellt. Was muss geschehen, damit diese endlich keine Todesopfer mehr fordert? „ Es gibt einen Staatspakt mit guten Maßnahmen, doch er wird kaum umgesetzt“, klagt die 72Jährige. So müssten zum Beispiel Polizisten und Richter geschult werden. „ Und die Erziehung der Jugend ist natürlich entscheidend“, ergänzt Viqui Simó.
„Ich werde wohl bis zu meinem Tod kämpfen“