Keine Zeit – keine Ausrede
Auch ohne Heimisolation bewegen wir uns normalerweise schon viel zu wenig und sitzen viel zu viel. Dieser Bewegungsarmut sollten wir unserer Gesundheit zuliebe bewusst entgegensteuern. Denn gerade während angespannter Zeiten ist Bewegung nicht nur für den Körper, sondern vor allem auch für die Psyche wichtig.
Damit die Fitness und auch die Motivation trotz Ausgangssperre nicht verloren gehen, empfiehlt es sich – wie sonst auch – das Training in den Alltag vorab einzuplanen. Denn Fitnesstraining und gezielte Bewegung können depressiven Verstimmungen entgegenwirken und helfen, Depressionen vorzubeugen. Gerade wenn wir nicht außer Haus gehen, keine Termine wahrnehmen müssen und ein Tag wie der andere ist, fühlen wir uns oft antriebslos und müde. Gerade dann tut uns Bewegung gut.
Denn abgesehen davon, dass wir unseren Stoffwechsel ankurbeln, die Muskeln kräftigen und die Gelenke mobilisieren, fördert die körperliche Aktivität die Durchblutung des Gehirns und die Produktion wichtiger Botenstoffe wie Serotonin und Dopamin. Diese Glückshormone helfen uns, uns zu entspannen und uns besser zu fühlen.
Überdies lenkt uns das Fitnesstraining im Wohnzimmer vom Grübeln ab und bringt uns auf andere Gedanken. Deshalb sollte gerade in Zeiten wie diesen das tägliche Sportprogramm ein fixer Bestandteil unseres Alltags sein. Wir müssen keine Leistungssportler werden, um vom positiven Effekt zu profitieren. Doch 30 Minuten am Tag sollten es schon sein. So kräftigen wir den Körper, beleben den Geist und beruhigen die Seele.
Barcelona – ms. Die nun nochmal verlängerte Ausgangssperre in Spanien und der fehlende Kontakt zu Familie und Freunden sind auf Dauer auch eine psychische Belastung. Montserrat Lacalle i Sisteré ist Psychologin und lehrt an der Universitat Oberta de Catalunya ( UOC) in Barcelona. Beklemmungsgefühle seien jetzt ganz normal, sagt sie, nennt aber Strategien, wie man gut durch die schwierige Zeit kommt.
CN: Nochmal zwei Wochen zusätzlich Kontakt- und Ausgangssperre – was können wir tun, damit uns die Decke nicht auf den Kopf fällt?
Montserrat Lacalle i Sisteré: Zunächst einmal ist ein bisschen Angst ganz normal. So eine Situation hat bislang keiner von uns erlebt. Die Furcht darf nur nicht überhand nehmen, man sollte versuchen, ruhig zu bleiben. Das gelingt, indem man die wichtigsten täglichen Routinen einhält: Körperhygiene, Kleidungswechsel und Aufgaben zur Beschäftigung. Man sollte sich täglich fragen: Was nehme ich mir heute vor? Das sollte man dann auch mit dem Partner besprechen. Man könnte etwa festlegen, dass tagsüber Aufgaben im Haushalt erledigt werden, dann jeder Zeit für seine eigenen Dinge zur Verfügung hat und abends gemeinsam ein schöner Film geguckt wird.
Gerade in der Partnerschaft kann es da durchaus Reibereien geben.
Natürlich, wann sind wir schon unter normalen Umständen 24 Stunden lang mit Partner oder Kindern zusammen? Man könnte zur Entzerrung Aufgaben verteilen: Wer kocht? Wer kümmert sich um andere Dinge? Der jeweilige Gemütszustand bestimmt mit, wie ich mit den anderen umgehe. Den Partner könnte man zum Beispiel auch fragen, wie es ihm in der Situation geht, ob er traurig oder besorgt ist. Wichtig ist, dass man es schafft, sonst autonome Tätigkeiten zu teilen.
Und wenn man alleine lebt?
Man kann auch per Telefon oder Videokonferenz – zum Beispiel auch mit der Familie in Deutschland – in Kontakt treten. Das ist zwar kein realer Kontakt, aber hilft. Auch der Kontakt mit Nachbarn kann helfen, allgemein tut es gut zu wissen, dass da jemand ist, der sich um einen sorgt. Die jüngere Generation trifft sich in diesen Zeiten ja gern auf eine virtuelle Caña vor dem Bildschirm, das können die Älteren ruhig auch machen.
Auch frische Luft und Sonne sind nicht ganz unbedeutend für
In der Tat. Terrasse oder Balkon können jetzt sehr nützlich sein. Wer die Möglichkeit dazu hat, hier frische Luft zu schnappen, sollte das auch tun oder sich alternativ an ein offenes Fenster setzen.
Wegen der Ansteckungsgefahr bleibt auch körperliche Nähe auf der Strecke. Inwiefern beeinflusst das die Psyche?
Besonders die Spanier sind ja sehr herzlich im Umgang miteinander. Keine Frage: Dass man sich plötzlich nicht mehr mit Küsschen begrüßt, ist eine Umstellung. Dass sich die Personen im selben Haushalt nicht ganz aus dem Weg gehen können, ist aber auch klar. Ich spreche aus Sicht einer Psychologin und nicht eines Virologen, aber ich denke, innerhalb desselben Haushalts ist in der Regel körperlicher Kontakt auch weiterhin erlaubt. Sich da nicht anzustecken, ist ja fast unmöglich.
Täglich prasselt neue Information über das Coronavirus auf uns ein. Wie gehen wir damit um?
Wir sollten mit anderen darüber reden, aber nicht ausschließlich. Es ist wichtig, eventuelle Angstgefühle anderen mitzuteilen, aber genauso wichtig ist es, dass sie nicht unser komplettes Leben bestimmen. Statt den ganzen Tag vor Fernseher, Radio oder Smartphone zu hängen, sollten wir Zeiten festlegen, in denen wir uns bewusst informieren und dann wieder abschalten. Das kann zum Beispiel einmal am Morgen und einmal am Abend sein. Dazwischen sollte man sich bewusst sagen: Jetzt machen wir etwas anderes, lenken uns zum Beispiel mit einem Spielfilm ab. Auch bei den Hygienemaßnahmen ist übrigens Maß geboten: Sich regelmäßig die Hände zu waschen ist wichtig, man sollte aber nicht in Besessenheit verfallen.
Mit der Corona-Krise sind Pläne, die man hatte, plötzlich hinfällig, neue stehen auf der Kippe. Wie geht man damit um?
Nicht zu wissen, wie es weitergeht, verursacht eventuell Beklemmungen. Es ist natürlich viel angenehmer zu wissen, was auf einen zukommt. Aber wir sollten auch versuchen zu akzeptieren, dass sich nicht alles kontrollieren lässt. Alles andere führt nur zu unnötigem Stress. Wir wissen zwar nicht, wie lange der Notstand noch andauert, aber wir wissen sicher, dass er irgendwann enden wird. Das sollten wir versuchen, uns immer wieder klarzumachen.