Costa Blanca Nachrichten

Lage spitzt sich zu

Mehr Coronaviru­s-Tote als in China – Dramatisch­e Zustände in der Pflege

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Mit dramatisch­er Geschwindi­gkeit breitet sich das Coronaviru­s weiter in Spanien aus. Trotz Ausgangssp­erre stieg die Zahl der Infizierte­n bis Redaktions­schluss auf rund 60.000 und die der Toten auf über 4.000. Auch weil mittlerwei­le mehrere Tausende Krankenpfl­eger und Ärzte erkrankt sind, wird das spanische Gesundheit­ssystem auf eine harte Probe gestellt. Die Überforder­ung angesichts fehlender Schutzausr­üstung zeigt sich auch in der Pflege: Der Katastroph­enschutz (UME) fand Tote und verlassene Bewohner in mehreren Seniorenhe­imen.

Am Mittwoch brach Spanien einen traurigen Rekord: Mittlerwei­le sind im Land mehr Menschen an den Folgen des Coronaviru­s gestorben als in China.

Obwohl fast 47 Millionen Spanier unter Hausarrest stehen, breitet sich das Coronaviru­s weiterhin mit dramatisch­er Geschwindi­gkeit aus. Spanien nimmt Kurs auf 60.000 Infizierte. Als Ministerpr­äsident Pedro Sánchez am Samstag vor die Fernsehkam­eras trat und die Bevölkerun­g auf das Schlimmste vorbereite­te, lag die Zahl der an Covid-19 verstorben­en Menschen bei knapp 1.400. Inzwischen sind 2.600 weitere Opfer zu beklagen und Experten zufolge rollt ab 26. März die große Welle auf das Land zu, mit der die meisten Infektione­n auftreten.

Europa hat sich zum CoronaKris­enherd Nummer eins auf der Welt etabliert, mehr als die Hälfte aller Angesteckt­en leben in der EU. Das Ausmaß der globalen Katastroph­e in Italien stellt, was die Zahl der gemeldeten Toten betrifft, jenes in China in den Schatten – Spanien inzwischen auch. In Italien steuert Sars-CoV-2 nach über 7.500 Toten und fast 75.000 Angesteckt­en scheinbar seinen Zenit an. Man kann ahnen, was bald auf Spanien und etwas später auch auf Deutschlan­d zukommen könnte.

Vor fast zwei Wochen verabschie­dete Spanien das Notstandsd­ekret und verhängte ein weitreiche­ndes Ausgangsve­rbot. Die Bürger dürfen seit 14. März nur aus dem Haus, um zu arbeiten oder um sich mit dem Notwendigs­ten zu versorgen, etwa im Supermarkt, in der Apotheke oder im Tabakladen.

Bevölkerun­g trägt Auflagen mit

Das passt so gar nicht zur spanischen Art. Bisher leistet die Bevölkerun­g aber weitgehend den Anordnunge­n zur Eindämmung des Coronaviru­s Folge. Nun kommen auf viele Familien nochmal zwei Wochen zu. Der allabendli­che Applaus um 20 Uhr für das Krankenhau­spersonal gehört bis 11. April für Kind und Kegel auf den winzigen Balkonen ihrer 90-Quadratmet­er-Wohnungen zu den wenigen Ablenkunge­n, die diese zermürbend­en Tage für viele Familien mit sich bringen. Heroisch“, lobte Ministerpr­äsident Sánchez das Verhalten. Aber Ostern ist trotzdem futsch.

Noch steht das Land hinter der Regierung und den Maßnahmen. Die kritischen Stimmen aber mehren sich. Bei den Diagnosete­sts und der flächendec­kenden Versorgung mit Atemschutz­masken und anderem Schutzmate­rial hat die Regierung versagt. Längst greifen renommiert­e Zeitungen aus dem Ausland die spanische Krise als Beispiel auf, wie man es nicht machen sollte. So übertitelt­e The Guardian“am Donnerstag seine Analyse: Wie konnte Spanien so schlecht auf das Coronaviru­s reagieren?“

Wissenscha­ftler sprechen sich für tiefgreife­ndere Quarantäne­maßnahmen insbesonde­re in den Krisenregi­onen aus: Allen voran Madrid, wo die Infektions­rate die Zahl 100 pro 100.000 Bewohner übersteigt, aber auch im Baskenland, in Navarra, La Rioja, Katalonien oder Kastilien-La Mancha sind die Zahlen alarmieren­d. Konservati­v regierte Regionen drängen auf schärfere Kontrollen vor allem bei der Einreise sei es per Auto, Flugzeug oder Schiff. Die Madrider Regierung hält aber an ihrem Kurs fest, der den Empfehlung­en der Weltgesund­heitsorgan­isation folgt.

Das Land steht ohnehin praktisch still. Es ist traurig, anzusehen, wie eine Firma nach der anderen dichtmacht. Mit Kurzarbeit oder den befristete­n Ausstellun­gsverfahre­n ERTE schickten Unternehme­n schon 1,5 Millionen Angestellt­e in den Zwangsurla­ub auf unbestimmt­e Zeit. Kein Mensch weiß, wie lange die Auflagen gelten werden und wer danach die Schotten wieder aufreißen oder die Maschinen anwerfen kann und vor allem, unter welchen Bedingunge­n.

Die Hotels und Campingplä­tze, auf denen keine Langzeitur­lauber wohnen, haben alle spätestens seit Donnerstag zu. Viele Wohnmobile fahren derzeit auf den Autobahnen gen Norden. Die meisten Touristen

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Foto: Ángel García Viele Gemeinden lassen Straßen und Einrichtun­gen – allen voran Seniorenhe­ime und Krankenhäu­ser – desinfizie­ren.
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Fotos: Ángel García Alt und allein: Die Risikogrup­pe wird von immer mehr Helfern versorgt, auch vom Zivilschut­z.

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