Saure Ernte
Neue Plage aus China: Wollläuse vernichten Zitrusernte in Vega Baja
Insekt aus China greift an: Laus verdirbt den Bestand an Valencias Traditionsfrüchten
San Miguel – mar. Die Zitrusbauern der Vega Baja hatten während der Coronavirus-Krise Glück. Ihre vitaminreichen Früchte erfreuten sich einer so starken Nachfrage, dass die Preise bis zu 40 Prozent anstiegen und diesmal sogar etwas davon bei den Erzeugern hängen blieb. Die guten Erlöse hatten die Bauern bitter nötig, denn die Dürren der Vorjahre und die ungewisse Zukunft hinsichtlich der Zuweisungen von Wasser über die Kanäle aus dem Norden, die nicht mehr nachhaltig ist, stellen Effizienz und Tradition in Frage, immer mehr Bauern geben auf.
Eine neue Plage setzt dem Sektor zu. Hatte man beim Feuerbakterium bisher Glück, das bis dato „ nur“die Mandelbauern im Norden Alicantes betrifft, fällt nun die Pulvinaria polygonata über die Zitronen- und Limettenbäumchen, die Orangen-, Clementinen- und Mandarinenhaine her.
Dabei handelt es sich um ein Insekt, die chinesische Wolllaus, eine Variante der Napfschildläuse, von denen es über 1.000 Unterarten gibt. Im März wurde sie überhaupt das erste Mal in Europa nachgewiesen, an Zitronenbäumen in San Miguel de Salinas. Mittlerweile sind sie in der ganzen Vega Baja und bis Torremendo gesehen worden, greifen also auch nach dem Campo de Elche bis nach Murcia und damit dem „ Gemüsegarten Europas“. Bis Anfang Juni meldet der Bauernverband Asaja 5.000 befallene Hektar und einen Ausfall von 100.000 Tonnen Früchten, überwiegend Zitronen.
Läuse im Schleimteppich
Die Uni Valencia forscht im Auftrag des valencianischen Landwirtschaftsministeriums und berät sich mit Kollegen aus Australien, die diese Plage bereits seit Jahren kennen. Dabei fängt man praktisch bei Null an, denn die chinesischen Wollläuse waren bis dato in Europa völlig unbekannt. Die Ermittler haben eine Ladung Mangos aus Indien in Verdacht, mit der die Wollläuse gekommen sein könnten, der Import der Schädlinge wäre also ein weiteres Produkt des globalisierten Konsumverhaltens. Dass sie sich in der Vega Baja halten und so stark vermehren, habe indes auch mit dem Klimawandel zu tun.
Die Larven der Läuse nisten sich an Gehölz, Blättern und Früchten an, zapfen den Saft der Bäume an und schwächen sie dadurch. Hinzu kommt, dass die Läuse einen Schleimteppich fabrizieren, in dem sie ihre Eier gut geschützt ablegen. Auf dem bildet sich ein weißer Schimmelpilz, der den Verkauf der Früchte unmöglich macht. Diese Schicht sieht mitunter wie Baumwolle aus.
„ Das Problem ist, dass diese Tiere keine natürlichen Feinde bei uns haben, die Plantagen, in die sie eindringen, zerstören sie völlig“, berichtet José Vicente Andreu, einer der betroffenen Bauern. „ Das einzige, was wir versuchen, ist der Einsatz der Larven des australischen Marienkäfers, die die Eier der Pulvinaria essen. Aber diese Larven sind sehr teuer“, zitiert ihn Asaja Orihuela, verbunden mit der Forderung an das Ministerium, sie möge diese ebenfalls invasive Spezies als Schädlingsbekämpfer anerkennen und für die Bauern kaufen. Immerhin habe sich der Marienkäfer in der Bekämpfung anderer Wolllaus-Arten bereits bewährt. Der Einsatz anderer Mittel, spezielle Öle und Chemikalien helfen hier nicht, so Andreu, denn
„ diese Insekten schützen sich mit ihrer Wollschicht sehr gut“.
Das Ministerium in Valencia setzt aber bisher noch auf die alten Mittel, weil, wie man dort zugibt, man noch zu wenig über die Biologie der Plagegeister wisse. Gleichzeitig bezichtigt man die EU beim Einsatz von Mitteln zu unflexibel zu sein.