Corona-Krise in Brasilien hautnah erlebt: Deutscher Chirurg aus Calp saß seit März in Fortaleza fest
Deutscher Chirurg aus Calp saß seit März in Fortaleza fest
Calp/Fortaleza – ste. Mehrere Millionen Einwohner, an die 400.000 davon leben in Armenvierteln, 25.000 CoronavirusNeuinfektionen an nur einem Tag: Diese Daten vereint die brasilianische Großstadt Fortaleza im Bundesstaat Ceará. Dr. Peter Dana, der in Calp eine Praxis für ästhetische Chirurgie betreibt, hat die Lage vor Ort hautnah miterlebt. Erst in der vergangenen Woche konnte er seinen seit Monaten gebuchten Flug aus Brasilien antreten.
CN: Wie haben Sie die Lage in Brasilien und die Arbeit von Behörden und Polizei wahrgenommen?
Entgegen der Darstellungen, die europäische Politiker und Medien über die Lage in Brasilien abgeben, hatte ich vor Ort eigentlich einen guten Eindruck. Es wurden kostenlose
Masken verteilt und die
Polizei fuhr immer wieder durch die
Stadtviertel, um die Ausgangssperre zu kontrollieren. Leider sind Polizeieinsätze in den Armenvierteln nur schwer umzusetzen, sodass sich dort viele
Menschen infiziert ha
ben.
Wie haben Sie die medizinische Versorgung vor Ort erlebt?
Tatsächlich war ich sogar selbst mit Corona infiziert. Ich bin nämlich am Freitag, 13. März, von Spanien über Lissabon nach Fortaleza in Brasilien geflogen, wahrscheinlich habe ich es mir irgendwo in Europa eingefangen. Ins Krankenhaus wollte ich aber nicht gehen, weil das Gesundheitspersonal kaum hinterher gekommen ist und ich ja auch selbst Arzt bin. Brasilien hat auf jeden Fall Schritte eingeleitet, um mit der Situation fertig zu werden, allerdings – wie leider viel zu oft in diesem Land, ich habe zehn Jahre hier gelebt und kann es beurteilen – sind wieder viele Millionen Euro in die Tasche einzelner Politiker gewandert. Diese Leute, die Millionen kassieren und kaltblütig hunderttausende Menschen sterben lassen, verdienen meiner Meinung nach die schlimmstmögliche Strafe. Trotzdem würde ich sagen, dass die medizinische Versorgung vor Ort den Umständen entsprechend gut funktioniert hat.
Im Vergleich zu Brasilien, wie bewerten Sie das Krisenmanagement von Calp?
Ein korrekter Vergleich ist praktisch unmöglich, weil in Brasilien die Pandemie ja noch in vollem Gange ist, während wir hier in Spanien wieder in der sogenannten neuen Normalität“sind. Aber insgesamt finde ich es besorgniserregend, wie viele Leute, auch gerade andere Deutsche, hier in Calp die Gefahren von Covid-19 verharmlosen oder gar leugnen. Ich habe die Krankheit selbst durchgemacht. Wer sagt, das ist nur eine normale Grippe und die Menschen wären ohnehin gestorben, weil sie alt und krank sind verhöhnt jedes einzelne Opfer dieser furchtbaren Krankheit. Wenn Ihre Großmutter stirbt, ist Ihnen ja wohl die Statistik egal. Und außerdem bedeutet Corona ja auch nicht, dass die Menschen, die an der Grippe oder bei Autounfällen ums Leben kommen, jetzt am Leben bleiben. Die Covid-Opfer kommen einfach noch dazu. In Brasilien haben sie riesige Fußballstadien in Nothospitäler umfunktioniert und konnten trotzdem nicht alle Patienten versorgen.
Sie saßen mehrere Monate in Brasilien fest. Wie konnten Sie schließlich Ihre Rückkehr organisieren?
Die Airline Tap hat wirklich einen katastrophalen Service geleistet. Zehnmal wurde mein Flug verlegt und ich habe alles immer erst in letzter Minute und einmal sogar gar nicht erfahren. Einmal kam ich am Flughafen an und der Polizist am Eingang sagte mir, der Airport sei komplett gesperrt. Am Ende hat sich das Abwarten ausgezahlt. Zum Glück bin ich Deutscher und meine Frau, die aus Brasilien stammt, hat die spanische Staatsbürgerschaft. Europa verwehrt Brasilianern ja den Zutritt. Wir waren einfach überglücklich, als wir dann unsere Kinder wiedersehen konnten, die in Deutschland leben.