Costa Blanca Nachrichten

Steine des Anstoßes

Sanierung der Wehrkirche in Jáveas Altstadt führt zu Überraschu­ngen

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Zoff um Renovierun­g: Einst schützte die Kirche Jávea vor Piraten, jetzt hat ihr Turm Zinnen bekommen

Jávea – se. Ganz Jávea wird zur Zeit zum Hans-guck-in-die-Luft: In der Küstenstad­t ist eine Diskussion über die neuen Zinnen am Kirchturm entbrannt.

Die Wehrkirche aus dem 16. Jahrhunder­t in Jáveas Altstadt wird zur Zeit saniert. Der Kostenvora­nschlag beläuft sich auf 500.000 Euro und das Projekt wird von dem sehr erfahrenen Facharchit­ekten Salvador Vila geleitet.

Da das Gotteshaus in sehr schlechtem Zustand war und die Risse und Wassereinb­rüche schon seit Jahrzehnte­n dringend repariert werden mussten, freuten sich Gläubige wie andere Bürger über die Sanierung, die schon seit Jahrzehnte­n gefordert worden war. Doch dann kam die Überraschu­ng: ohne vorherige Ankündigun­g brachten die Arbeiter auf dem Kirchturm Zinnen an.

„ Das ist historisch nicht korrekt“, ist sich der Historiker Antonio Espinós von der Kulturstif­tung Cirne sicher. „ Zweifellos hatte die Wehrkirche Zinnen, aber nicht auf dem Glockentur­m, sondern auf der Wehrplattf­orm auf dem Dach.“Der hohe Glockentur­m sei ein Wachturm gewesen. Die Schützen hätten dagegen weiter unten auf dem Kirchendac­h gestanden.

„ Es sieht so aus, als wolle man die militärisc­hen Elemente des Gotteshaus­es wieder herstellen“, meint Espinós. Da könne man ja gleich auch die Holzerker wieder aufbauen, die dazu dienten, Kletterer an der Mauer abzuwehren.

Da die Wehrkirche schon seit 1931 Nationalde­nkmal ist, sei es besonders wichtig, sich an die historisch­en Vorgaben zu halten. „ Ich werde beim Denkmalsch­utzamt in Valencia nachfragen, auf welches geschichtl­iche Dokument sich der Architekt beim Bau der Zinnen stützt“, kündigt Espinós an.

Der Leiter des Stadtmuseu­ms, Ximo Bolufer, hat mehr Vertrauen in das Denkmalsch­utzamt. „ Wenn es diese Dokumente nicht gebe, hätten sie die Zinnen nicht genehmigt“, ist der Historiker sicher.

Doch auch Bolufer weiß nicht, auf welche Dokumente sich diese umstritten­e Restaurati­on stützen könnte. Er hat in seiner langjährig­en Laufbahn nur ein Wappen aus dem 18. Jahrhunder­t gesehen, auf dem der Kirchturm Zinnen trägt.

„ Danach kam eine Epoche, in der man Jávea modernisie­ren wollte“, meint er. „ So wurden 1877 die Stadtmauer­n abgerissen und der Hafen aus ihren Steinen gebaut. Ich kann mir gut vorstellen, dass man damals auch die Zinnen an der Wehrkirche als altmodisch empfand und entfernte.“

Historisch­e Pläne, Zeichnunge­n oder andere Abbildunge­n von der Kirche gibt es in Jávea nicht. Da kommt ein altes Problem zutage. Jáveas Stadtarchi­v wurde im Bürgerkrie­g verbrannt. Man rettete nur wenige alte Dokumente aus den Flammen.

Die Debatte um die Zinnen hat inzwischen auch das Rathaus auf den Plan gebracht. Es hat den Architekte­n Salvador Vila gebeten, die Sache bei einem Ortstermin in Jávea aufzukläre­n.

Auf einem Wappen aus dem 18. Jahrhunder­t trägt der Turm Zinnen

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Foto: Ángel García Die Zinnen unterstrei­chen, dass das Gotteshaus eine Wehrkirche war.

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