Beirut vor der Tür
Ökologen und Bewohner von Alicante nach Katastrophe im Libanon in Sorge wegen Treibstofflager
Angst vor Treibstofflager: Alicante fürchtet nach der Katastrophe im Libanon die Depots
Alicante – sw. 220 Tote, tausende Verletzte. Spanien blickt bestürzt in den Libanon, wo am 4. August in Beirut die Explosion im Hafen für eine Katastrophe sorgte. Sorgen hat nun Alicante: Denn der Hafen liegt ähnlich nahe an der Stadt und Wohnsiedlungen – und baut ein neues Treibstofflager. 2019 wurde bekannt, dass das Projekt, das eigentlich den 90ern entstammt, fortschreitet – trotz Gefahren für Umwelt und Gesundheit, und einer möglichen Explosion.
Das neue Lager im Hafen soll erst 100.000, dann bis zu 700.000 Tonnen Benzin fassen. Es sei ein
„ unverantwortliches Projekt der Hafenverwaltung“, mahnt die Plattform Por un Puerto Sostenible (PPS, Für einen nachhaltigen Hafen). Wohnviertel seien nur einen, das Zentrum 1,5 Kilometer, eine Schule gar nur 700 Meter weg. Eine Explosion sei keinesfalls nur durch Fahrlässigkeit, sondern auch durch Erdbeben, Unwetter oder Terroranschläge möglich.
Laut PPS ist nur hundert Meter vom geplanten Treibstofflager eine Asphalt-Fabrik aktiv, die mit Erdöl-Derivaten arbeite und Schweröl und Diesel verbrenne. Direkt daneben verwende eine DüngemittelFabrik brennbare Stoffe, darunter Ammoniumnitrat, das in Beirut für die Explosion gesorgt haben soll. Jeder noch so kleine Zwischenfall könne für einen folgenschweren Domino-Effekt und eine Katastrophe sorgen, befürchten Anwohner.
Auch weniger beachtete Unfälle
Nach der Katastrophe in Beirut erinnerten Bürger auf Twitter sofort an die geplanten Tanks in Alicante. Ende 2019 hatten 60 Kollektive – 2.000 Menschen – gegen das Lager protestiert. „ Es ist unverantwortlich, in vorderster Küstenlinie der Stadt so einen Komplex zu bauen, das zeigt Beirut, aber in den letzten Jahren auch weniger beachtetre Unfälle“, so PPS. Ökologen fordern von Landes- und Zentralregierung eine „ sofortige Annulierung“der Autorisierung des Benzinlagers für die Hafenverwaltung.
Der Plan des Hafens ist altbekannt, seit 1995 verhinderte ihn aber ein Sicherheitsprotokoll. Dieses verlor jedoch 2015 mit einem neuen Gesetz die Wirkung. Die Stadt verschlief das oder schaute bewusst weg, der Hafen erlaubte dem Konzessionär Terminal Marítimas del Sureste (TMS), eine Parzelle für den Betrieb eines Treibstofflagers zu vermieten. Die Firma XC Business 90 SL erhielt 2019 für den Zweck 14.500 Quadratmeter
Zunächst sollen sechs 26 Meter hohe Behälter entstehen. Alle Einwände des Rathauses wurden abgelehnt. Die Stadt stellte dem Hafen 2016 ein positives Umweltgutachten für das Treibstofflager aus. Damals aber noch dachte niemand an die Risiken und eine mögliche Katastrophe wie in Beirut.
Erst Korruption, dann Explosion
Jedoch will die Hafenverwaltung von den Bedenken nichts wissen. Beirut sei nicht Alicante. „ Noch nicht“, antwortete Pepe López vom Journalistenverband der Provinz Alicante in einem vielzitierten Text. Ja, es stimme: Die Häfen seien nicht 1:1 zu vergleichen. Allerdings wiesen beide Städte alarmierende Parallelen auf, wie er anhand einer Reportage der „ El País“aus dem Jahr 2007 in Beirut aufwies.
Die Katastrophe im Libanon habe sich durch Jahre der bürgerfernen Politik und Korruption angekündigt. „ Sind riesige Benzintanks eine Industrie der Zukunft, während erneuerbare Energien eine Weisung der EU sind?“, fragt der Journalist aus Alicante.