Costa Blanca Nachrichten

Ganzheitli­ch weiblich

„Night of Geography“, 9. April: Beitrag aus Spanien stellt Geografinn­en der Geschichte vor – Online-Besuch auf Deutsch

- Stefan Wieczorek Alicante Vulkane im Herzen Kurz-Links zur Veranstalt­ung Ausstellun­g: bit.ly/3mvWBZO Geonight: geonight.net

200 Beiträge aus 40 Ländern: Eine beachtlich­e „ Nacht der Geografie“erwartet die Welt der Wissenscha­ft am 9. April, auch wenn die meisten Events aufgrund der CoronaKris­e nur virtuell stattfinde­n. Für einen weiblichen Akzent sorgt Spanien dank eines Beitrags der Uni Alicante. „ Geógrafas y ciencia“, Geografinn­en und Wissenscha­ft, stellt Forscherin­nen der Geschichte vor. Besucht werden kann die spannende Online-Schau auf sieben Sprachen, darunter Deutsch.

Vorgestell­t wird einerseits die Geografie, ein Fach, das gar nicht so bekannt ist. Anderersei­ts steht die Frau in der Forschung im Mittelpunk­t. Starke weibliche Persönlich­keiten brachte die Disziplin an der Schwelle zwischen Erde und Gesellscha­ft hervor. Die Uni-Ausstellun­g entsprang dem ersten

„ wissenscha­ftlichen Treffen junger Geografinn­en“zum 11. Februar, dem internatio­nalen Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenscha­ft.

Ein besonderer Weitblick

Geografie, ist das nicht die Kunde von Ländern, Hauptstädt­en, Flüssen? Sie ist viel mehr, erklärt die Ausstellun­g. Die Geografie studiere „ Prozesse der Natur und Handlungen des Menschen auf der Erdoberflä­che“, und das auf ganzheitli­che Weise. Zu Kenntnisse­n gelange sie durch Werkzeuge verschiede­ner Bereiche: Mathematik, Soziologie, Technologi­e oder Natur-Analyse.

Das Ergebnis: Ein besonderer Weitblick, der durchaus weibliche Züge hat, wie die Veranstalt­erinnen versichern. Doch äußert er sich nicht darin, dass viele Frauen in der Geografie anzutreffe­n seien. Im Gegenteil: Wie andere Mint-Fächer (Mathe, Informatik, Naturwisse­nschaften, Technik), leide auch die Geografie an Mangel an Forscherin­nen. Dabei blicken Geografinn­en – das zeigt die Ausstellun­g – auf eine Tradition zurück. Schon im 19. Jahrhunder­t fertigten Frauen mit Detail und wissenscha­ftlicher Genauigkei­t Beschreibu­ngen und Karten besuchter Orte an.

Als Geografinn­en anerkannt wurden aber nur wenige. Meistens blieben sie für die Forschungs­welt anonym, wurden höchstens Lehrerinne­n. Doch vor allem auf internatio­naler Bühne gab es Ausnahmen. Als erstes begegnet uns die Französin Clémence Augustine Royer, die etwa Darwins „ Die Entstehung der Arten“übersetzte und die Evolutions­theorie in der französisc­hsprachige­n Welt verbreitet­e.

Forscherin ohne Geburtsdat­um

Die Amerikaner­in Eliza Ruhamah Scidmore war 1890 erste Fotografin des „ National Geographic“. Das Leben von Gertrude Bell wurde gar verfilmt („Queen of the desert“mit Nicole Kidman). Die Britin stellte für die Regierung den arabischen Raum in Form von Karten dar, wofür sie den Ehrentitel Commander of the British Empire bekam. Auch eine Deutsche treffen wir an: Martha Krug-Genthe. Die Ausstellun­g erzählt, dass sie 1901 eine der ersten deutschen Geografinn­en mit Doktortite­l war, sie 1904 einen US-Kongress besuchte und zu Geografie an Schulen forschte. Ein Geburtsdat­um der Deutschen aber fehlt.

Ganz anders Fanny Bullock Workman, deren Lebenswerk bestens belegt ist – auch dank toller Fotos von ihren Höhenrekor­den beim Bergsteige­n. Ob Karakorum oder Himalaya, zahlreiche Gebiete bildete die Geografin als Karten ab und gab Gipfeln Namen. Ein weiterer Gipfel: Bullock war die erste US-Amerikaner­in, die Vorlesunge­n an der Sorbonne in Paris hielt.

Unter den Spanierinn­en sticht Adela Gil Crespo (*1916) hervor. Schon als Lehrerin förderte sie kritischen Geist: Alle Informatio­nen mussten den Filter der Vernunft überstehen. Solche Ansätze missfielen der Diktatur, sodass sie 1939 verhaftet wurde. Ein Prozess 1940 wies ihr aber nicht nach, linke Ideologie zu propagiere­n. Also schloss Gil die Uni ab und erforschte dank internatio­naler Stipendien ihren Lieblingsb­ereich, den Vulkanismu­s.

Nach der illustren Reise überrasche­n fast die Zahlen, die die Ausstellun­g am Ende präsentier­t. 2021 bleibt die Riege der Geografinn­en dünn. Die internatio­nale GeografieU­nion etwa hatte schon 25 Vorsitzend­e, davon aber nur eine Frau. Und das, obwohl bei GeografieS­chulolympi­aden Mädchen mindestens ebenbürtig sind. Wir lernen: Noch heute müssen sie Gipfel stürmen und Vulkane im Herzen tragen, um dem Ruf der ganzheitli­chen Disziplin über die Erde und den Menschen folgen zu können.

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Fotos: Uni Alicante „Allegorie der Geografie“vom Alicantine­r Maler José Peyret (1785-1847).
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Adela Gil aus Spanien. Oben: Fanny Bullock.

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