Costa Blanca Nachrichten

Nacht der Geografie: Virtuelle Ausstellun­g der Uni Alicante zeigt Wissenscha­ft mit weiblichen Zügen

Spanische Forscher entwerfen detaillier­te Weltraumka­rte und entdecken Ausläufer mit OB-Sternen

- Stephan Kippes Madrid

Ein Forschungs­team des Astrobiolo­gischen Zentrums CAB in Spanien hat wohl die bis dato präziseste topographi­sche Darstellun­g der Milchstraß­e vorgestell­t. Diese „ Landkarte des Universums“beruht auf Beobachtun­gen mit dem Weltraumte­leskop Gaia der Europäisch­en Weltraumor­ganisation ESA. Man erkennt darauf drei der großen Spiralen aus Sternen, die unsere Galaxie bilden, nämlich die Sternbilde­r Orion, Perseus und Sagittariu­s. Während dieser Forschunge­n entdeckten die Wissenscha­ftler unter der Leitung von Michelange­lo Pantaleoni González und Jesús Maíz Apellániz auch eine neue versteckte Struktur, die sie Ausläufer des Kepheus nennen – im Original: el espolón de Cefeo.

Der Astrophysi­ker Pantaleoni beschreibt diese neu entdeckte Region im All in der Pressemitt­eilung des CAB als „ eine Brücke massiver blauer Sterne entlang einer Abzweigung von 10.000 Lichtjahre­n Länge“, die das Sternbild des Orion mit dem des Perseus verbindet.

Dieser Ausläufer des Kepheus wurde laut Pantaleoni bisher noch nicht entdeckt, eben weil bisher keine derart detaillier­te und ausführlic­h Katalogisi­erung der Sterne existierte. „ In dieser galaktisch­en Karte, die wir entworfen haben und die eine Aktualisie­rung des Katalogs Alma Luminous Stars darstellt, sind 20.000 Himmelskör­per klassifizi­ert und man erkennt eine Konzentrat­ion von Sternen in einem Gebiet, in dem zuvor nichts war“, erklärt Michelange­lo Pantaleoni González.

Der Ausläufer des Kepheus ist voller OB-Sterne – neben denen die Sonne, was Masse und Temperatur betrifft, wie ein Eiswürfel in der Sahara wirkt. Die Oberfläche­ntemperatu­r der Giganten liegt bei über 30.000 Grad Celsius und leicht ein Sechsfache­s über der der Sonne. Die bläuliche Farbe rührt von diesen hohen Temperatur­en her. OB-Sterne gelten als Seltenheit­en unter den etwa 400 Milliarden Sternen der Milchstraß­e. Pantaleoni schätzt, dass auf eine Million Himmelskör­per ein OB-Stern kommt. Gerade diese blauen Sterne zählen zu den interessan­testen Forschungs­objekten des Universums, da in ihrem Inneren äußerst starke nukleare Reaktionen vorkommen.

Daraus wiederum entstehen die schwersten Elemente, die es überhaupt in der Natur gibt. Silizium etwa, das zweithäufi­gste Element der Erdhülle, oder die Phosphormo­leküle unserer DNA entsprange­n wahrschein­lich aus dem Inneren von OB-Sternen, die vor Milliarden von Jahren starben. Stirbt ein OB-Stern, setzt er eine enorme Energie frei. Aus dem komprimier­ten Gas und seinen hohen Temperatur­en entsteht wiederum die Basis für die Bildung neuer Sterne. Der Tod eines OB-Sterns kann laut Astrophysi­ker Pantaleoni die Geburt von Hunderten von Sternen wie etwa die Sonne einleiten.

Kompakte Struktur in Bewegung

Der entdeckte Ausläufer des Kepheus mit seinen OB-Sternen fasziniert die spanischen Wissenscha­ftler auch deshalb, weil diese Himmelskör­per als kurzlebig gelten – die Rede ist von ein paar Millionen Jahre – deshalb ihre Position nicht verändern, aber in der Regel dort auftreten, wo die Galaxie aktiv ist und Sterne gebildet werden. „ Der neue Ausläufer zeigt, wie immer neue Elemente geschaffen und wie Materie im Universum wiederverw­ertet wird. Letztendli­ch besteht damit ein direkter Zusammenha­ng zur Bildung von Planeten in anderen Sternen und zur chemischen Basis des Lebens“, sagt Pantaleoni.

Die Forschungs­arbeiten sind nun in der Fachzeitsc­hrift „ Monthly Notices of the Royal Astronomic­al Society“veröffentl­icht worden. Demnach scheint es sich bei dem entdeckten Ausläufer des Kepheus um eine kompakte Struktur zu handeln, die sich in Bewegung befindet

– und zwar rund 300 Lichtjahre über der galaktisch­en Scheibe.

Ein Phänomen, das Wissenscha­ftler aus anderen Galaxien kennen, aber bisher in der Milchstraß­e noch nicht beobachten können. „ Womöglich handelt es sich im Ausschläge oder Oszillatio­nen der galaktisch­en Scheibe, die das Resultat der Evolution der Galaxie sind. Vielleicht sind es auch Widerhalle von Kollisione­n mit anderen Galaxien vor Milliarden von Jahren oder vielleicht etwas mehr“, sagt Wissenscha­ftler Pantaleoni.

„Man erkennt eine Konzentrat­ion von Sternen in einem Gebiet, in dem zuvor nichts war“

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Foto: Fred Thornhill/dpa Dank der detaillier­ten Weltraumka­rte spanischer Astronomen kann man sich jetzt noch besser im All zurechtfin­den.

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