Marshall-Plan für Spanien
Ministerpräsident Pedro Sánchez stellt den EU-Wiederaufbaufonds in Grundzügen vor
Madrid – dpa/sk. Spanien will mit Hilfe des europäischen Corona-Wiederaufbaufonds zunächst in erster Linie die Elektromobilität und die Sanierung von Wohnraum fördern. Man werde in den kommenden drei Jahren für den ersten Bereich 13,2 Milliarden und für das zweite Vorhaben 6,8 Milliarden Euro ausgeben, kündigte Ministerpräsident Pedro Sánchez an.
Mit den rund 70 Milliarden, die Spanien bis 2023 insgesamt erhalten wird, will Madrid mehr als 200 Projekte zur Modernisierung der Wirtschaft und der Verwaltung insbesondere in den Regionen und Kommunen finanzieren und zirka 800.000 neue Arbeitsplätze schaffen. „ Wir dürfen diese Chance nicht verpassen“, sagte Sánchez, der seinen Wiederaufbauplan bereits neunmal vorstellte und auch dem Parlament präsentierte.
Vorgesehen sind gut 4,3 Milliarden Euro für die Modernisierung der öffentlichen Verwaltungen. Gut vier Milliarden für die Förderung der Digitalisierung kleiner und mittlerer Unternehmen, weitere vier Milliarden für den Ausbau der 5G-Netze, 3,8 Milliarden für den Industriesektor sowie 3,4 Milliarden für den Tourismus, der für Spanien überlebenswichtig ist und von der Corona-Krise heftig in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Aus dem 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbauprogramm erhält Spanien bis 2026 als eines der von der Pandemie am stärksten betroffenen Länder 140 Milliarden Euro. Es gilt als die bisher größte öffentliche Investition in der jüngeren Geschichte Spaniens.
Davon werden 72 Milliarden als Zuschüsse überwiesen, also als direkte Hilfe, die nicht zurückgezahlt werden muss. Der Rest sind günstige Kredite. Pedro Sánchez spricht von einem europäischen Marshall-Plan und will die tiefgreifendste Modernisierung der spanischen Wirtschaft seit dem EU-Beitritt 1986 einleiten, der Spanien endgültig aus der Isolation und dem Schatten der Diktatur führte.
Die Regierung Sánchez peilt ein langfristiges Wachstum an. Es soll sich auf ein neues Produktionsmodell stützen, das auf den Pfeilern Ökologie und Digitalisierung ruht. Allerdings klagt die Opposition nicht zu Unrecht, dass Sánchez weder einen Plan noch ein Papier vorgelegt hätte, um seine Vorstellungen von den 102 Reformen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Renten, Steuer, Verwaltung, Bildung, Justiz, Wirtschaft und Wasserversorgung und 110 große Investitionsvorhaben zu vermitteln.
Auch Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände scheinen im Dunkeln zu tappen. Einige Journalisten zählten schon nichtssagende Worthülsen wie Modernisierung, Dynamisierung oder Nachhaltigkeit. Doch für Sánchez tickt die Uhr. Bis 30. April muss er seine Pläne in 30 Grundzügen der EU vorlegen.
Langfristiges Wachstum auf Grundlage eines neuen Produktionsmodells