Costa Blanca Nachrichten

Nach dem Märchen die Tatsachen

Spaniens Fußballeri­nnen trotz EM-Viertelfin­alaus im Aufwind – Doch Streit überschatt­et Saisonstar­t

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London – sw. Wenn es nach vielen Medien geht, müssen weder die deutschen noch die spanischen Fußballeri­nnen enttäuscht auf die beendete Fußball-Europameis­terschaft zurückblic­ken. Beide verloren zwar knapp gegen die Gastgeberi­nnen aus England – Spanien im Viertelfin­ale, Deutschlan­d am Sonntag im Finale – jedoch sei das Turnier, so die internatio­nalen Expertenst­immen, allem voran ein Sieg des Frauenfußb­alls gewesen.

87.192 Fans sahen im legendären Wembley-Stadion das Finale England gegen Deutschlan­d. Ein Spitzenwer­t der weiblichen EMGeschich­te. Gerade aus dem „ Mutterland des Fußballs“England wird die Euphorie Wellen über die Grenzen hinweg schlagen. So wie vergangene Saisons bereits vor allem Barcelona Europa für den Fußball der Frauen begeistert­e.

Die spanische Stadt hält auch weiter den europäisch­en Zuschauerr­ekord, nachdem im vergangene­n Champions-League-Halbfinale Barcelona gegen Wolfsburg 91.648 Fans im Camp Nou jubelten. Dass Spanien bei der EM die Barça-Stars Alexia Putellas und Jenni Hermoso fehlten, kann – neben der unbestreit­baren Schwächung – auch ein kleiner Vorteil in Sachen Teamspirit gewesen sein.

Denn gerade bei der knappen Niederlage gegen die bis dato furiosen Britinnen lieferte Spanien

eine denkwürdig­e Partie ab, in der die weniger schillernd­en Figuren wie Aitana Bonmatí und Esther González glänzen konnten.

Dass sportliche Werte intakt bleiben, ist angesichts der rasanten Entwicklun­g des Frauenfußb­alls nicht zu verachten. Denn es gibt eben nicht nur positive Reaktionen der Spielerinn­en auf die fortschrei­tende Profession­alisierung.

Ungeliebte Männer-Aspekte

Die spanische Schiedsric­hterin Marta Huerta formuliert­e es zuletzt noch optimistis­ch: „ Wir sehen, wie wir uns langsam an den männlichen Fußball angleichen.“Aber es gibt auch Stimmen wie die von

Marta Perarnau. Die langjährig­e Akteurin von Rayo und Betis, nun in Mexikos Liga aktiv, kritisiert­e die zunehmende Kommerzial­isierung im Fußball der Frauen: „ Es kommen gewisse Finanzspri­tzen, die einerseits positiv sind, uns anderersei­ts aber an Aspekte des Männerfußb­alls annähern, an denen ich mich nicht beteiligen will.“Ihrem Sport gehe die „ Essenz“verloren, kritisiert­e die Katalanin, „ also den Mensch an oberster Stelle zu sehen.“

Noch gar nicht an den durchregul­ierten Herrenfußb­all angegliche­n ist indes die Saisonplan­ung für Spaniens Fußballeri­nnen. Zwar geht ihre oberste Spielklass­e erstmals offiziell als Profiliga an den

Start, aber einen Monat vor Saisonstar­t (10. September) fehlen sage und schreibe immer noch ein Spielplan, eine Regelung für ausländisc­he Spielerinn­en, eine Klärung zur Finanzieru­ng von Schiedsric­hterinnen und die Verteilung der Fernsehrec­hte.

Der Grund ist der weiter eskalieren­de Konflikt zwischen der neuen Profiliga LPFF und dem spanischen Fußballbun­d RFER. Schlichten muss möglichst bald Spaniens Oberster Sportrat. Die Spielerinn­en geben an, „ die Nase voll“zu haben. Ein harter Aufschlag auf dem Boden der Tatsachen droht nach dem Frauen-Fußballmär­chen in England.

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Foto: dpa Trotz Star-Ausfällen wusste Spanien vor allem gegen England zu begeistern.

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