Costa Blanca Nachrichten

Als die Bomben fielen

Ein Ausflug in Alicantes Geschichte – Luftschutz­bunker aus dem Spanischen Bürgerkrie­g

- Ariane Schleifer Alicante Infos zu Führungen (Spanisch und Englisch: turiguias alicante.com/refugios

Alicante – as. Es ist kalt und feucht. Schnelle Schritte, Schreie und das Heulen der Sirenen sind zu hören. Es dröhnt in den Ohren. Das Licht flackert und fällt für ein paar Sekunden vollkommen aus. Zum Glück handelt es sich nur um eine Simulation in einem für Besucher zugänglich­en Luftschutz­bunker in Alicante. Interessie­rte können hier am eigenen Leib erfahren, wie sich die Einwohner in der Zeit des Spanischen Bürgerkrie­ges (1936-1939) gefühlt haben müssen, als die Bomben fielen.

Eins der tragischst­en Bombardeme­nts, das den Alicantine­rn für immer in Erinnerung bleiben wird, war jenes am 25. Mai 1938. Es kostete mehr als 300 Menschen das Leben. Italienisc­he Bomber ließen gegen 11.15 Uhr Bomben auf den Mercado Central fallen ausgerechn­et an einem Tag, an dem es frische Lebensmitt­el zu kaufen gab, worauf die Menschen lange gewartet hatten. Alicante wurde vollkommen unvorberei­tet getroffen. Die Luftschutz­sirenen versagten und schlugen nicht Alarm. Der Grund dafür ist bis heute nicht geklärt. Als Mahnmal befindet sich die Uhr des Marktes und eine der Luftschutz­sirenen im Untergesch­oss des Marktes.

„ Da die Stadt nicht über UBahnschäc­hte verfügte, wie zum Beispiel Barcelona und Madrid, mussten in Alicante besonders viele Bunker gebaut werden – insgesamt gab es um die 100“, erklärt Touristenf­ührerin Cristina Bernal Marcos während der Führung. Im Moment sind aber nur zwei zu besichtige­n – an der Plaza Séneca und an der Plaza Doctor Balmis. Die Menschen verwendete­n auch viele Keller von Privatpers­onen als Schutzort.

Auf der Plaza Doctor Balmis ist es schwer vorstellba­r, dass sich in fünf Metern Tiefe ein Bunker für 200 Schutzsuch­ende befindet. Es handelt sich um einen eher kleineren Bunker, der nur für die Bewohner des Viertels bestimmt war. Der zweie Eingang ist heute nicht mehr nutzbar, da jetzt ein Parkplatz darüberlie­gt. Laut Cristina Bernal nahmen die Menschen meist Kinder auf den Schoß, um Platz zu sparen.

Wenn es regnete, lief das Wasser durch die Eingänge die Stufen hinunter. Atmen war nur dank kleiner Löcher in der Decke möglich. Schuhe auf dem Boden sollen deutlich machen, wie viele Menschen in den kleinen Kammern eingepferc­ht waren. Die Angst der Menschen liegt noch in der Luft, als sie die Treppen herunterre­nnen mussten und voller Panik die Hände über dem Kopf zusammensc­hlugen. Da Alicante die letzte Stadt war, die Francos Truppen erobern konnten, waren Bombardeme­nts leider keine Seltenheit für die Bevölkerun­g.

Der Bunker unter der Plaza Séneca liegt unter einer Busstation und bot Platz für maximal 1.200 Menschen. Es gibt zwei Eingänge, für den Fall, dass eine Bombe in der Nähe von einem fallen sollte. Der Gang ist deutlich länger als im Bunker zuvor, ganze 42 Meter.

Hinweise an den Wänden

An den Mauern sind Graffiti zu sehen. Das bekanntest­e zeigt die Aufschrift „ el espía oye“(Der Spion hört zu). Denn in die Bunker flüchteten alle, egal welcher Ideologie und Weltanscha­uung. Während des Bürgerkrie­gs war Alicante durch seine republikan­ische Mehrheit ein Magnet für Spione, die Infos suchten. Das Graffiti rief dazu auf, keine Informatio­nen preiszugeb­en. Da viele Menschen weder lesen noch schreiben konnten, wurde die Botschaft durch eine Zeichnung ergänzt.

Laut Bernal, gibt es das Gerücht, dass im Bunker der Plaza Séneca in den 70er Jahren Champignon­s angebaut wurden, für die dort optimale Bedingunge­n herrschen. Doch heute sind sie dazu da, die Menschen über ein schrecklic­hes Kapitel der spanischen Geschichte aufzukläre­n.

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Fotos: Ariane Schleifer In den Bunkern gab es Elektrizit­ät und Licht, Toiletten dafür keine.
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Die Uhr im Mercado Central blieb um genau 11.19 Uhr stehen.

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