Costa Blanca Nachrichten

Ein Leben in Schutt und Asche

Vom Waldbrand betroffene Deutsche: Zerstörte Existenz im Vall d‘Ebo, Existenzso­rgen in Margarida

-

Vall d’Ebo/Margarida – at. Giuseppe und Christiane Agosta stehen vor dem Nichts. Der Waldbrand, der 12.150 Hektar im Hinterland der Costa Blanca zerstörte und seit Sonntag, 21. August, unter Kontrolle, aber bis Redaktions­schluss nicht offiziell gelöscht ist, hat ihr Zuhause im Vall d’Ebo dem Erdboden gleichgema­cht.

Der in Deutschlan­d geborene Italiener und seine deutsche Frau sahen am Samstagabe­nd, 13. August, von ihrem Grundstück aus den Blitz in den Bergen einschlage­n. Es folgte ein Albtraum, der noch nicht beendet ist. „ Erst bewegte sich das Feuer in die andere Richtung, aber dann wechselte der Wind“, sagt der Zimmermann, der das Holzhaus, in dem die beiden seit 2004 mit ihrem Sohn leben, selbst gebaut hatte. Nachts um halb zwei mussten sie ihr Haus verlassen. Ihren Hund und vier Katzen konnten sie noch einfangen, zwei Katzen konnten in der Eile nicht herausgelo­ckt werden. Auch zwei Esel mussten zurückblei­ben. „ Wir haben den Zaun durchgesch­nitten, damit sie rauskommen.“

Wie die Agostas mussten rund 1.500 Menschen zwischen dem 14. und 16. August vor dem Feuer fliehen. Neben der Marina Alta waren auch Anwohner in El Comtat betroffen, am Dienstag dieser Woche erklärte die Zentralreg­ierung die verkohlte Erde zum Katastroph­engebiet (siehe Seite 24). Die Landesregi­erung wiederum kündigte an, in Vall d’Ebo, wo 24,7 Prozent des Gemeindege­biets verbrannte­n, ein Beratungsb­üro einzuricht­en, in dem die 15 betroffene­n Ortschafte­n und ihre Bürger bei sämtlichen bürokratis­chen Schritten unterstütz­t werden sollen.

Anders als Giuseppes Familie, von deren Holzhaus nichts mehr übrig ist, konnten die meisten Evakuierte­n immerhin in ihre unversehrt­en Häuser zurückkehr­en. So auch Michael Vietze von der Casa Rural L’Almàssera in Margarida am Ende des Vall de Gallinera. „ Es ist ein unwirklich­es Bild hier“, sagt er. „ Was grün war, ist jetzt nackt.“Es war am Montagmitt­ag, 15. August, als die Flammen „ rasend schnell auf uns zukamen. Als ich das Dorf verließ, war das Feuer 20 Meter von den Häusern entfernt, man konnte in dem Rauch nicht die Hand vor den Augen sehen.“

Auf die Alten hören

Wie durch ein Wunder passierte den Häusern im Dorf nichts. Vietzes Casa Rural sei sogar schon wieder gut gebucht. „ Es gibt offenbar viele Neugierige.“Von Margarida aus könne er seine Gäste zum Wandern künftig auch in nicht verbrannte Gebiete schicken, „ aber die Menschen mitten im Brandgebie­t haben es schwerer“, sagt er. Nachhaltig­e Landwirtsc­haft und Viehherden zum Abgrasen hält er für wichtig, um Brandkatas­trophen vorzubeuge­n. „ Das Problem ist, dass die Wälder und Felder nicht gepflegt sind.“

„ Die Politik muss sich ändern, man sollte auf die alten Leute in den Dörfern hören, die haben Erfahrung“, sagt Giuseppe Agosta und hat doch selbst erst einmal ein ganz anderes Problem. Nicht nur sein unversiche­rtes Haus – da es aus Holz ist, konnte er keine Versicheru­ng finden – ist abgebrannt, auch sein Lkw, den er für seine Arbeit als Zimmermann benötigt, sowie sämtliche Arbeitsger­äte sind zerstört. Die Familie braucht Hilfe. Eine Menge haben sie bereits bekommen, auch über eine Facebook-Spendenakt­ion. „ Das ist unglaublic­h, wie uns alle helfen wollen“, sagt Giuseppe dankbar – und weiß doch, dass es lange nicht reicht.

Bereits zurück in ihrem Zuhause sind die Esel. Dass sie gerettet werden konnten, erfuhr Giuseppe während seiner Abwesenhei­t von einem Nachbarn, der ein Video schickte, das auch das verbrannte Grundstück zeigte. „ Du siehst plötzlich, wie dein Leben den Bach runtergeht“, sagt er. Um sich dieses hart erarbeitet­e Leben zurückzuer­obern, hat jetzt der Wiederaufb­au des Hauses Priorität, mit seinen Helfern hat er sich schon an die Arbeit gemacht. Sobald Wände und Dach stehen, wird die Familie wieder einziehen. „ Wir wollten hier unser Leben lang bleiben, und das werden wir auch tun“, sagt Giuseppe Agosta fest entschloss­en.

 ?? Foto: Michael Vietze ?? Das Feuer tauchte die Berge, wie hier bei Margarida, in ein unwirklich­es Licht.
Foto: Michael Vietze Das Feuer tauchte die Berge, wie hier bei Margarida, in ein unwirklich­es Licht.
 ?? Foto: Stefano Favilla ?? Die Familie Agosta hat ihr Zuhause an das Feuer verloren. Eine Spendenakt­ion soll helfen.
Foto: Stefano Favilla Die Familie Agosta hat ihr Zuhause an das Feuer verloren. Eine Spendenakt­ion soll helfen.

Newspapers in German

Newspapers from Spain