Die unvollendete Widmung
Wie kreative Senioren in Elches Gebirge Corona-Zeiten und Polizeidrohnen trotzen
Elche – sw. Wenn man sagt, dass jemand „ aus Elche“ist, ist damit nicht bloß gemeint, dass er oder sie in der Palmenstadt angemeldet ist oder dort eine Zeit verbrachte. Vielmehr ist gemeint, dass diese Person wesenhafte Elemente dieses besonderen Ortes in sich trägt – ja, geradezu aus der Erde gemacht ist, aus der Elche besteht. Verstehen kann man diesen Gedanken am besten an einer bestimmten Stelle am Stadtrand: Im einstigen Steinbruch Ferriol, den man an einer außergewöhnlichen Markierung erkennt. An der Vielzahl aus in den Fels gehauenen bunten Bilder.
El Cau, valencianisch Unterschlupf, tauften dieses Areal die Künstler, die hier in den vergangenen 20 Jahren ihr – man muss das eigentlich so sagen – Unwesen trieben. Erst Mariano Ros, dann vor allem Cándido Escolano schlugen, kratzten, formten und malten in die Felsen, was ihnen so in den Kopf kam. Vorwiegend waren es Embleme ihrer Stadt: Ob herausragende Gebäude wie die Basilika, die Dama de Elche, die Weltkulturerbstücke Palmen und Misteri oder die Schuster.
Wer Elche im Kleinformat sehen will, kann sich eine touristische Broschüre zulegen, oder El Cau aufsuchen. Mit einem Unterschied: Das Felsenatelier ist verboten. Alle Kunstwerke wurden ent
gegen der Gebirgsschutz-Gesetze angefertigt. Eine Legalisierung, auch wenn sie Bürger immer wieder fordern, ist kaum möglich. „ Immerhin haben wir den Titel einer zona protegida (geschützte Zone) erwirkt“, sagt Cándido Escolano. „ Das ist viel wert.“Mit stolzen
80 sei er mit einigen Helfern weiter zugange im Cau, berichtet der Senior verschmitzt.
Anno 2022 sei das aber nicht mehr so einfach, und zwar nicht nur wegen des Alters. „ Nun wacht die Guardia Civil mit Drohnen“, stöhnt der Rentner. Das habe ihm ein noch unfertiges Werk erschwert. „ Ich schuf in der CoronaZeit eine Widmung für das Gesundheitspersonal“, erzählt Escolano. „ Doch dann schwirrte so ein Ding über mir, und ich wusste, sie haben mich.“Tatsächlich tauchten die Beamten auf und drohten mit einer Strafe. „ Ich aber dachte, das ist die perfekte Gelegenheit. Und sagte zu ihnen: Verhaften Sie mich doch dafür, dass ich dem Gesundheitsdienst ein Denkmal setze.“
Es blieb bei der Ermahnung. Die Skulptur wartet aber noch auf die Vervollständigung. Wie er es schaffen will, verrät uns Escolano nicht, als wir ihn im Rahmen der Feierlichkeiten zum 125. Jahrestag des Fundes der Dama de Elche treffen. Das Gestein, aus dem Elches verehrte iberische Figur besteht, wurde übrigens – genauso wie das Material zum Bau der Basilika – exakt im Steinbruch geschöpft, wo nun die bunten Skulpturen die Berge schmücken. Dank gewisser Senioren. Aus Elche.
Auf Google Maps ist El Cau im Norden der Stadt Elche korrekt lokalisiert. An Abendstunden bietet das bunte Gelände angenehme Frische sowie fabulöse Blicke bis an die Küste.