Für 1.000 Euro aufs Festland
Nationalpolizei fasst Schleppernetzwerk im Hinterland der Costa Blanca
Crevillent – sw. Nicht abnehmen will der Migrationsdruck aus Afrika in Richtung Europa. Eine der Folgen ist die Versuchung, die Not der Migranten für eigene, vor allem finanzielle Zwecke auszunutzen. Der Versuchung erlegen ist eine Gruppe von Menschen, die unscheinbare Orte der Costa Blanca bewohnt. In Crevillent und Callosa de Segura verhaftete die Nationalpolizei nun die Chefs einer Bande, die junge Menschen illegal von den kanarischen Inseln auf das spanische Festland beförderte.
Bei den Migranten handelte es sich um unbegleitete Jugendliche, sogenannte „ menas“, die aus Aufnahmezentren auf den Kanaren geflohen waren. 1.000 Euro forderte die kriminelle Organisation jeweils von den jungen Marokkanern, stattete sie dafür mit falschen Pässen und Tickets aus, mit denen sie Alicante, Málaga, Valencia oder Barcelona anflogen. Die Bezahlung nahmen in den meisten Fällen Familien der Betroffenern vor.
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Sieben Menschen nahm die auf illegale Einwanderung spezialisierte Einheit der Nationalpolizei, Ucrif, an der Costa Blanca fest, plus zwei weitere Verdächtige in Lorca. Von bis zu 13 Bandenmitgliedern, allesamt marokkanischer Herkunft, geht die Nationalpolizei aus. Allerdings ist offenbar ein Teil untergetaucht und könnte mit falschem Pass noch in Spanien weilen. Die beiden Bandenchefs sitzen in Haft. Gezielt soll das kriminelle Netz
werk nach möglichen Kunden für den illegalen Transport zum Festland Ausschau gehalten haben.
Offenbar startete die Bande im Jahr 2021 ihre Tätigkeit. Dabei übernahmen die Mitglieder verschiedene klar definierte Aufgaben. Einige kümmerten sich um die Sichtung, andere halfen beim Transport – mit Flugzeug und Auto. Andere wiederum buchten die Tickets und stellten die falschen Pässe her.
Auf die Bande aufmerksam wurde Anfang 2022 eine Hilfsorganisation, die auf den Kanaren minderjährige Migranten versorgt. Unbekannte warben unter den Jugendlichen in Puerto de la Cruz für einen kostenpflichtigen Transport auf das spanische Festland. Die NGO schlug
bei der Polizei Alarm. Die Einheit Ucrif übernahm unter Aufsicht eines Gerichts aus Teneriffa.
Zunächst stockten die Ermittlungen. Erst als zwei Minderjährige in einem Aufnahmezentrum in Valencia aussagten, aus Teneriffa mithilfe der Schlepper und durch Bezahlung ihrer Familien geflohen zu sein, konnte die Nationalpolizei die Aktivitäten der Bande nachverfolgen, die Täter identifizieren und die Festnahmen einleiten.
Verhaftung dank Vernetzung
Am 23. April entging ein Bandenchef noch knapp der Verhaftung. Persönlich begleitete er drei junge Marokkaner zum Flughafen in Fuerteventura. Dort beobachtete
ihn ein Beamter in zivil und warnte die Kollegen in Valencia. Das auffällige Verhalten einer Angestellten fiel dem Anführer jedoch auf, sodass er sich mit dem Geflüchteten-Trio vom Flughafen entfernte, was anschließend auch Überwachungsbilder zeigten.
Dass am Ende der Schlag gegen die Bande gelang, lag an guter Vernetzung: Beteiligt waren UcrifBeamte aus Teneriffa, Alicante, Elche, Murcia und von der zentralen Brigade in Madrid. Ferner tat die Ortspolizei von Crevillent ihr Übriges, sodass die Menschen ins Netz gingen, die sich auf Kosten der Migranten bereichert und gezielt für die illegale Überfahrt aufs Festland geworben hatten.