Costa Blanca Nachrichten

In der Stadt der Fliesen

Keramikind­ustrie in Manises gewährt Einblick in ihr Handwerk – Energiekri­se bedroht Branche

-

Valencia – fkm/tl. Gerade einmal 20 Minuten Metrofahrt von Valencia entfernt verbirgt sich eine der wichtigste­n Keramikpro­duktionsst­ätten Spaniens. Im Örtchen Manises spiegeln sich rund 700 Jahre Geschichte dieses Kunsthandw­erks wider, Ende 2021 erhielt es die Unesco-Auszeichnu­ng als „ Kreativsta­dt“.

Um Besuchern diese Tradition näherzubri­ngen, öffnen die Keramikher­steller am kommenden Samstag, 17. September, ihre Türen. Die Künstler präsentier­en beim Event „ Ceràmica oberta“ihre Techniken und die verschiede­nen Arbeitssch­ritte zur Herstellun­g. Ein kleiner Zug tuckert die Teilnehmer dabei von Atelier zu Atelier.

Abgesehen von den Produktion­sstätten lassen sich Geschichte und Handwerk auch an etlichen weiteren Stellen der Stadt erleben. So beherbergt das Keramikmus­eum ganze 5.500 Exponate, anhand derer man die Entwicklun­g der Keramik in Manises vom 7. bis ins 20. Jahrhunder­t nachvollzi­ehen kann. Zwischen Grabsteine­n, Küchenflie­sen, Straßensch­ildern und Werbeplaka­ten, gefertigt aus Keramikkac­heln, wird ersichtlic­h, wie verankert das Kunstwerk in der Architektu­r von Manises einst war.

In der Architektu­r verankert

Noch heute sieht man die bemalten und bedruckten Keramikpla­tten, wie sie Kreisverke­hre, Gedenkstät­ten oder sogar einen ganzen Park schmücken. Auch die Fassade des Mercado Municipal und die einiger Wohnhäuser zieren unzählige, bunte Keramikfli­esen, die zusammen ein Bild ergeben oder eine eigene Geschichte erzählen.

Viele Gebäude in Manises, die keine Keramikele­mente tragen, sind jedoch größtentei­ls herunterge­kommen und mit Graffiti be

sprüht und bilden einen herben Kontrast zu den schmucken Gebäuden der Stadt. Von der Glanzzeit Manises’, die das Handwerk der Stadt einst bescherte, ist heute abgesehen von einigen Überbleibs­eln an so mancher Häuserfron­t nicht mehr viel zu sehen.

Jetzt steht die Keramikind­ustrie des Landes noch vor einer ganz anderen Herausford­erung, denn sie gehört zu den am stärksten von der Energiekri­se betroffene­n Sektoren. Für Spanien ist sie keineswegs eine unbedeuten­de Branche: 17.000 direkte und 60.000 indirekte Arbeitsplä­tze sichert die Keramikind­ustrie. Im ersten Halbjahr 2022 wurden Waren im Wert von 2,4 Milliarden Euro exportiert. 75 Prozent der Produktion gehen ins Ausland.

Es gebe für die Keramikind­ustrie aktuell keine Alternativ­e zu Gas, erklärte Ascer-Generalsek­re

Es gibt aktuell keine Alternativ­e für Gas in der Keramikind­ustrie

tär Alberto Echavarría gegenüber der Zeitung „ El País“. Mit keiner anderen Energie könnten die 1.200 Grad Hitze in den Öfen zum Brennen der Keramik erzielt werden.

Wasserstof­f als Ersatz sei „ noch Lichtjahre“von einem Praxiseins­atz entfernt. Biogas wiederum sei allein schon mengenmäßi­g keine Lösung. Der Gasbedarf der Keramikind­ustrie sei größer als die derzeit in Spanien produziert­e Menge an Biogas.

Daher begrüßte die Vereinigun­g der Wand- und Bodenflies­enproduzen­ten (Ascer) die Ankündigun­g von Regierungs­chef Sánchez beim Industrieg­ipfel am 9. September, die Gaspreis-Decke

lung auch für Anlagen mit KraftWärme-Koppelung anzuwenden. Damit sei jedoch lediglich ein Fehler korrigiert worden, denn die Einbeziehu­ng der Kraft-WärmeKoppe­lung in die Gaspreis-Deckelung werde Probleme der Keramikind­ustrie nicht alleine lösen, sagte Echavarría.

Es bedürfe weiterer und ambitionie­rter Hilfen. Vor allem in Anbetracht der regionalen Konzentrat­ion dieses Industriez­weigs. „ Nackenschl­äge für diese Industrie hätten brutale Folgen für die Region Valencia und die Provinz Castellón im Speziellen“, äußerte der Ascer-Generalsek­retär.

 ?? Foto: Frieda Maas ?? Der Mercado Municipal von Manises mit Keramikver­kleidung an der Fassade.
Foto: Frieda Maas Der Mercado Municipal von Manises mit Keramikver­kleidung an der Fassade.

Newspapers in German

Newspapers from Spain