Costa Blanca Nachrichten

Die Alten werden einfach stillgeleg­t

Im Krankheits­fall alleine: Ausländisc­he Residentin wartet einsam in Krankenhau­s auf Tod

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Ein Vorfall in meinem Freundeskr­eis zwingt mich, diese Zeilen zu schreiben. Seit Jahren haben wir unsere Freundin – nennen wir sie Lisa – in der Altersresi­denz besucht und anfänglich regelmäßig zum Essen ausgeführt. Durch Corona wurde es komplizier­t. Aber wann immer möglich haben wir sie weiterhin im Freien besucht. Die Leitung des Seniorenhe­ims war dabei sehr strikt betreffend Kontrolle und Maskenpfli­cht. Dies war für uns verständli­ch.

Zwei Jahre lang war das Heim coronafrei. Doch trotz aller Vorsicht ist es passiert. Lisa, mittlerwei­le 96 Jahre alt, wurde mit Covid-19 ins Spital eingeliefe­rt. Dies geschah vor mehr als einem Monat. Weitere Auskunft wollte man uns partout nicht geben. Es sei einzig eine bevollmäch­tigte Person dafür befugt. Wir wissen bis heute nicht, ob diese Person über eine notariell beglaubigt­e Vollmacht verfügt. Auch hier verweigert die Leitung jegliche Auskunft. Obwohl, oder gerade weil sie mich kennen, erhalte ich, nach etlichen Versuchen, keinen Rückruf.

Mit Hilfe einer guten Freundin, die Spanisch perfekt beherrscht, haben wir mit eiserner Hartnäckig­keit im Spital erreicht, dass einer von uns Lisa für zehn Minuten besuchen durfte. Unter Einhaltung der Schutzvork­ehrungen wurde mir das entspreche­nde Zimmer im Coronabere­ich genannt.

Trotz meiner Maske hat mich Lisa sofort erkannt und sich überaus erfreut gezeigt. Leider habe ich erkennen müssen, dass sie nur noch in ihrem Bett liegt. Die Schwestern hatten mich gebeten, einen Versuch zu unternehme­n, Lisa zum Aufstehen zu bewegen. Leider hatte ich damit keinen Erfolg. Sie meinte, dass sie sich zu schwach fühlt und nur noch sterben möchte. Im Übrigen zeigte sie sich sehr zufrieden mit der Behandlung und dem Essen.

Auf meine Frage, ob sie sonst schon von jemandem kontaktier­t oder besucht worden sei, hat sie dies verneint. Vor mir also seit gut einem Monat kein bekanntes Gesicht gesehen oder von jemandem etwas gehört. Die Rezeption verfügt einzig über die Kontaktadr­esse der Altersresi­denz. Also keine Angaben über eine Bevollmäch­tigte oder eine Pflegetoch­ter.

Mein Albtraum besteht nun darin, dass wir alten Leute in Spanien kaum über Familienmi­tglieder in der Nähe verfügen. Folglich auch keine Bevollmäch­tigte, welche im Krankheits­fall (Spital oder Heim) mit diesen in Kontakt treten dürfen. Obwohl die meisten von uns einige Freunde hier in Spanien haben, dürfen sie uns nicht besuchen oder anderweiti­g kontaktier­en. Ist es nicht gerade das, welches wir in solchen Fällen dringend benötigen? Wurden wir nicht schon durch Corona genug gepeinigt? Einen würdevolle­n Lebensaben­d stelle ich mir anders vor.

In der Hoffnung, dass dieser Artikel in den CN veröffentl­icht wird, werden wir auch unser Konsulat um Ratschläge bitten.

Walter Stutz per E-Mail

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