Erste Zeichen einer Abkühlung
Immobilienmarkt im Juli noch mit Rekordwert – Wachstum aber schwächer
In fast jedem Monat wurde die Marke von 50.000 Operationen überschritten
Madrid – tl. Steigende Kreditzinsen, eine Rekordinflation und Angst vor einer wirtschaftlichen Rezession – alles Gift für den Immobilienmarkt. Die Nachfrage wird sich wohl abkühlen. Noch aber ist es nicht soweit. Im Juli wurden in Spanien 53.720 Häuser und Wohnungen gekauft, wie das Nationale Statistikinstitut (INE) jetzt bekanntgab.
Seit 2007 wurden in keinem anderen Juli mehr Immobilienoperationen registriert als jetzt. Gleichwohl betrug der Zuwachs gegenüber Juli 2021 nur noch acht Prozent – der schwächste Wert bislang in diesem Jahr. Also doch der Beginn einer Abkühlung?
Der Immobilienmarkt war in diesem Jahr ohnehin heiß gelaufen. Bis auf April wegen Ostern wurde bislang in jedem Monat die Marke von 50.000 Operationen überschritten. Im Mai betrug das Plus gegenüber dem Vorjahresmonat 28
Prozent, im Juni 19 Prozent und jetzt im Juli acht Prozent. „ Ein brutaler Abschwung“, wie Wirtschaftsprofessor José García Montalvo von der Pompeu-Fabra-Universität beurteilt. García Montalvo rechnet damit, dass sich der Trend in Kürze ins Negative dreht.
Nicht ganz so hart urteilte der Sprecher des Immobilienportals Idealista, Francisco Iñarreta: „ Die Juli-Daten zeigen den Sektor in guter Gesundheit, auch wenn erste Anzeichen einer Abschwächung zu bemerken sind.“Iñarreta meint, dass die INE-Daten von Juli noch nicht das Ausmaß der schlechter werdenden wirtschaftlichen Lage widerspiegeln, weil die Statistik das Marktgeschehen immer mit etwas Verspätung abbildet. Die von den Statistikern für Juli erfassten Immobilienoperationen seien zu einem Zeitpunkt unterzeichnet worden, als die Zinserhöhung noch nicht erfolgt war. Deshalb erwartet der Idealista-Sprecher ein gebremstes Wachstum, will aber einen Rückgang nicht ausschließen.
Im Juli waren es einmal mehr die Gebraucht-Immobilien, die den Markt anheizten. 44.691 Operationen wurden gezählt. Seit Januar 2007 gab es nur vier Monate mit einem höheren Wert auf dem Gebrauchtwohnungsmarkt. Ganz anders dagegen die Entwicklung auf dem Neubaumarkt. Hier wurden lediglich 9.029 Transaktionen gezählt – 2,5 Prozent weniger als im Juli vor einem Jahr. Seit März 2021 hatte sich der Immobilienmarkt in Spanien zunehmen belebt. Der Zuwachs an Operationen lag in jedem Monat über der Zehn
Prozent-Marke, manchmal sogar bei 100 Prozent. Jetzt im Juli wurde der Trend unterbrochen. Auch war 2021 mit 566.485 Immobilienkäufen das beste Jahr seit 2007. Ob 2022 noch besser abschneidet, hängt von der Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte ab. Immobilienexperte Gonzalo Bernardos von der Uni in Barcelona geht eher von einem Null-Wachstum als von einem Rückgang in den kommenden Monaten aus. Was einen neuen Rekord in diesem Jahr nicht gefährden würde, wie Bernardos meint, „ 2023 ist aber eine ganz andere Geschichte“.
Mit 10.932 Operationen hatte Andalusien im Juli erneut den lebendigsten regionalen Immobilienmarkt. Es folgten Katalonien mit 8.964, Valencia mit 8.271 und Madrid mit 6.577 Transaktionen. Allerdings lag die Zahl in der Region Madrid bereits um neun Prozent unter dem Wert von Juli 2021.