Die magische Welt der Pilze
Wenn sie denn essbar sind, ein ganz besonders herbstliches Vergnügen
red. Im Herbst tauchen sie wieder auf, in allen Formen und Farben. Doch nicht überall, wo’s Pilze gibt, sind sie beliebt. Galicier etwa verschmähen oft ihren köstlichen Schatz in den Bergen. Und auch die Andalusier sind keine extremen Pilzfreunde, obwohl man in der Sierra de Aracena beispielsweise den vorzüglichen Kaiserling findet. Der auch ou de reig, oronja oder kuleto genannte Speisepilz ist einer der besten und lässt sich vielseitig zubereiten. Als mykophil kann man dagegen Basken und Katalanen bezeichnen; sie lieben es, „ in die Pilze zu gehen“.
Eine halbe Million oder mehr Pilzarten gibt es weltweit, wenn man Schimmelpilze und Konsorten mitzählt, doch nur ein paar tausend größere Exemplare sind in unseren Breiten essbar. Pilze haben keine Wurzeln, keine Blätter, können daher mit Hilfe des Sonnenlichts keine Nährstoffe bilden, sondern sind wie Tiere auf organisches Material angewiesen, das sie zersetzen und somit zum Recycling in der Natur beitragen. Pflanze also oder Tier? – Keines von beiden, Pilzen gesteht man ihr eigenes Reich zu.
Ihre Vermehrung erfolgt durch kleine Zellen, Sporen, die, wenn nicht durch Wind, teilweise durch großen Einfallsreichtum der Natur verbreitet werden. Pilze leben oft im Verbund mit Bäumen oder auch Tieren, was ihnen zum beiderseitigen Vorteil gereicht. Doch Pilze können auch gezielt zerstören, Pflanzen und Tiere befallen – und „ fressen“.
Daneben sind manche Pilze, wenn sie nicht gerade giftig sind, ein ganz besonderes kulinarisches Vergnügen, das noch dazu gesund ist: durch Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente und mehr. Zum größten Teil bestehen sie allerdings aus Wasser, der Fettgehalt ist verschwindend gering, aber da die Zellwände der Pilze aus Chitin bestehen – wie übrigens beispielsweise bei Insekten! –, übernimmt dieses die Funktion eines Ballaststoffs. Man wird gut satt mit einem Pilzgericht, es liegt aber auch schwer im Magen.
Zu den schmackhaftesten Speisepilzen zählen:
= Pfifferling (Cantarella cibarius spanisch: rebozuelo)
= Steinpilz (Boletus edulis, spanisch: boleto oder cep)
= Morchel (Morcella esculenta, spanisch: colmenilla)
= Nelkenschwindling (Marasmius oreades spanisch: senderuela)
= Erdritterling (Tricoloma terreum, spanisch: negrita) = Schwarzer Trompetenpilz
(Craterellus cornucopioides, spanisch: trompeta de la muerte)
= Kaiserling (Amanita caesarea, spanisch: oronja oder ou de reig) = Reizker (Lactarius sangifluus, spanisch: níscalo)
Letzteren kann man zuhauf auf dem Wochenmarkt finden – wenn es denn geregnet hat, denn der zu den Milchlingen zählende Reizker fühlt sich unter feuchten Bedingungen im Hinterland sehr wohl. Níscalo, rovelló oder esclata-sang – das sind nur ein paar Bezeichnungen für den aromatischen Lactarius sanguifluus, den Kiefernreizker, der im gemäßigten Mittelmeerklima ideale Bedingungen vorfindet. Der Lactarius sangifluus ist orange- bis weinrot, manchmal mit dunkleren Rändern. Wenn er älter ist, zeigt er grüne Flecken. Sein Hut ist abgeflacht und etwas eingerollt, der Duft mild und sehr angenehm. Charakteristisch ist die violette Milch, die er absondert und die später dunkelgrün wird –
was etwas befremdlich auf Pilzunkundige wirkt. Nennt man die Reizker in Cuenca deshalb borrachos, Betrunkene?
Dem Níscalo sehr ähnlich ist Lactarius deliciosus, auch pinetell genannt. Er ist mehr orangerot mit einigen dunkleren Flecken. Der
Hut ist flach und in der Mitte trichterförmig. Seine Milch geht ins Karottenrote und wird an der Luft grünlich. Ein guter Pilz, sehr fleischig, fest, mit süßem, fruchtigem Duft.
Klassisch ist die Zubereitung der Reizker auf der Plancha. Nach dem Braten werden sie mit gehacktem Knoblauch und Petersilie aromatisiert und mit dem obligatorischen Schuss Olivenöl verfeinert.
Größere Exemplare kann man in großzügige Scheiben schneiden und mit Zwiebeln anschwitzen. Dann gibt man Kartoffelscheiben, Karottenwürfel, Streifen von grüner Paprikaschote dazu, füllt Brühe auf und würzt den Pilztopf mit Salz und – sehr wichtig! – einer im Mörser zerkleinerten Mischung aus Petersilie, Knoblauch und einigen Safranfäden.
Kartoffel-Pilz-Terrine
Für 5 bis 6 Pers.: Eine Kuchenoder Terrinenform von 1,5 Liter Fassungsvermögen; 300 g Pilze nach Wahl, ein Bund Petersilie (perejil), 1 kg mehlig kochende Kartoffeln (patatas), Öl, normales oder Kräutersalz (sal con hierbas), 200 ml Milch (leche), 200 ml Crème fraîche (crème fraîche), 2 Eier (huevos), Muskatnuss (nuez moscada)
Pilze säubern und in Scheiben schneiden. Petersilie hacken, Kartoffeln in drei Millimeter dünne Scheiben schneiden.
Die Form einfetten. Mit Backpapier auslegen, damit man die Terrine, wenn sie fertig ist, herausholen kann.
Kartoffeln, Pilze und Petersilie lagenweise einschichten, die Kartoffeln dabei mit Salz oder Kräutersalz würzen. Pilze und Petersilie sollen die letzte Lage bilden.
Milch, Crème fraîche und Eier verrühren, mit Salz und Muskatnuss abschmecken. Über die Terrine gießen, die Form mit Folie abdecken.
Die Terrinenform wiederum in eine große feuerfeste Form stellen, heißes Wasser bis einen Zentimeter unter den Rand der Terrine einfüllen. Im Ofen bei 120 Grad etwa 60 bis 70 Minuten garen. Mit Salat servieren.
Pilze aus dem Ofen
Typisch ist an der Küste, einen ganzen Fisch oder eine Lammkeule im Ofen auf Kartoffeln und Zwiebeln zu garen. Das lässt sich auch mit Pilzen machen.
Für 4 Pers. als Tapa: 2 Knoblauchzehen (ajo), 1 EL durchwachsener Speck (bacon, in Würfel geschnitten), 1/4 Tasse bestes Olivenöl (aceite de oliva virgen extra), eine mittelgroße Zwiebel, in Streifen geschnitten (cebolla, etwa eine Tasse), 250 g Kartoffeln (etwa zwei große patatas, geschält und in einen halben Zentimeter dicke Scheiben geschnitten), 2 kleine Kaffeelöffel Salz, ein Rosmarinzweig (romero), 2 EL Weißwein (vino blanco), 150 g Pilze (Waldpilze oder auch Champignons), 1/2 Tasse Hühnerbrühe (caldo de pollo), 1/2 EL Schnittlauch (cebollino, gehackt)
Den Backofen auf 200 Grad vorheizen.
Ganze Knoblauchzehen mit der Handfläche oder dem Messerrücken platt drücken. Speck, Olivenöl und den Knoblauch in einer feuerfesten Pfanne auf mittlerem Feuer etwa zwei Minuten anschwitzen. Die Zwiebeln zufügen und in rund 20 Minuten goldbraun und weich werden lassen; gegebenenfalls noch einen Esslöffel Wasser zugeben.
Kartoffelscheiben, einen kleinen Kaffeelöffel Salz und einen halben Rosmarinzweig dazu, gut umrühren.
Die Pfanne für 20 Minuten in den heißen Ofen geben, dann Form herausholen und den Wein angießen, zurück in den Ofen stellen, bis der Alkohol verdampft: das dauert etwa zehn Minuten.
Nun die geputzten Pilze auf die Zwiebel-Kartoffel-Mischung geben, Hühnerbrühe angießen, mit einem Löffel die Bratflüssigkeit vom Boden der Pfanne über die
Pilze gießen. Form in den Ofen zurückstellen und alles weitere 15 Minuten braten, eventuell mit Flüssigkeit benetzen, damit das Ganze nicht trocken wird.
Wenn nun alles gar ist, Pfanne aus dem Ofen holen, den restlichen gehackten Rosmarin, Schnittlauch und den Rest Salz darüberstreuen. Unverzüglich servieren.
Pilz-Toast mit Jamón ibérico
Zwei Scheiben geröstetes Brot auf einer Seite mit einer Mischung aus roter Chilischote, Öl und Knoblauch einreiben.
Austernpilze, Champignons oder andere Pilze waschen und putzen, in Streifen schneiden und auf der Grillplatte (plancha) oder zusammen mit ganzen Knoblauchzehen in der Pfanne gut anbraten.
Die eingeriebene Seite mit Pilzen belegen, Streifchen von „ Pimiento del piquillo“, den kleinen roten Paprikaschoten aus der Dose, und Schinken dazugeben. Am besten wäre ein Jamón ibérico. Dieser Schinken ist zwar teuer, aber es lohnt sich. Mit der zweiten Brotscheibe bedecken und von beiden Seiten nochmals kurz mit bestem Olivenöl in der Pfanne rösten.
Steinpilze mit Kartoffeln
Falls jemand das Glück haben sollte, Steinpilze auf dem Markt zu finden, sie wären ideal für dieses Gericht. Man könnte es aber auch mit Reizkern (níscalos) versuchen.
400 g Pilze reichen hier für vier Personen. Ansonsten braucht man: ein Kilo vorwiegend festkochende Kartoffeln (patatas, die roten), 300 g Schalotten (escalonias), 100 g durchwachsenen Speck in ganz dünnen Scheiben (bacon), Öl und Butter zum Braten, 60 g Butter (mantequilla), 30 g Mehl (harina), 1/2 l Hühnerbrühe (caldo de pollo), 200 g Sahne (nata liquida), Salz, Pfeffer aus der Mühle, Muskatnuss (nuez moscada, frisch gerieben)
Zuerst Kartoffeln und Schalotten schälen und vierteln, dann den Speck in ein bisschen Öl mit Butter kurz anbraten. Auf Küchenpapier abtropfen lassen und in diesem Fett – es soll nicht verbrannt sein – Schalotten und Kartoffeln fünf Minuten andünsten, dann das Mehl darüberstäuben und mit kalter (!) Brühe ablöschen. Kräftig rühren, damit sich keine Klumpen bilden, dann die Hälfte der Sahne dazugeben und nochmal 15 Minuten leise köcheln lassen. Vorsichtig umrühren, damit nichts anbrennt.
Zwischendurch die Pilze in Viertel schneiden und mit Öl und ein wenig Butter, Zwiebeln, Salz und Pfeffer anbraten. Damit sie die Farbe behalten, einen Spritzer Zitronensaft zufügen.
Die restliche Sahne im Mixer steif schlagen und vorsichtig mit den Pilzen unter die Kartoffeln heben. Mit gebratenen Speckscheiben und frittierter Petersilie garnieren: Ganze Blättchen in eine Pfanne mit heißem Öl geben. Aber Vorsicht, das spritzt! Wer die Petersilie nicht frittieren mag, hackt sie klein und streut sie so drüber.
Mit Käse überbackene Pilze
Für 4 Pers.: 8 große flache Pilze wie z. B. Níscalos, ein Bund geputzte, klein geschnittene Frühlingszwiebeln (cebolla tierna), 250 g in dünne Scheiben geschnittener Taleggio-Käse (italienischer gut schmelzender Weichkäse), 1 gehackte Knoblauchzehe (ajo), 1 kleiner Bund glatte Petersilie, gehackt (perejil), etwas frischer gehackter Thymian (tomillo), 2 dicke Scheiben Brot, zerkrümelt, 4 Hand voll Rucola (rúcola), Saft einer Zitrone (limón), Olivenöl (aceite de oliva virgen extra)
Den Backofen auf 200 Grad vorheizen.
Gut gesäuberte Pilze auf einem großen Blech ausbreiten. Mit Zwiebeln, Knoblauch und Thymian bestreuen. Mit den Käsescheiben belegen. Darüber die mit Petersilie vermischten Brotkrumen geben. 15 bis 20 Minuten im Ofen backen, bis die Brotkrumen braun und die Pilze gar sind.
In der Zwischenzeit den Rucola waschen und trocknen, mit Zitronensaft und Olivenöl anmachen. Dann mit den Pilzen zusammen servieren.
Tipp: Das Ganze würde auch hervorragend auf ein geröstetes Ciabatta-Brot passen.
Hähnchenbrust in der Folie mit Pilzen
Für 2 Pers.: 2 Hähnchenbrüste ohne Haut (pechuga de pollo, à 200 g), eine Hand voll getrocknete Steinpilze (boletos secos), 250 g
gemischte Pilze (setas), 1 Glas Weißwein (vino blanco), 2 EL Butter (mantequilla), eine Hand voll frischer Thymian (tomillo), 2 Knoblauchzehen (ajo)
Aus Alufolie ein großes Päckchen machen. Zwei Stück Folie in Schuhkartongröße übereinander legen, drei Seiten zwei Zentimeter nach oben falten, eine schmale Seite offen lassen.
Ofen auf 220 Grad vorheizen. Alle Zutaten, einschließlich der Hähnchenbrüste, in einer Schüssel miteinander vermischen und mit dem Wein in das Päckchen füllen (auf die Hälfte mit den gefalteten Rändern) – die andere Hälfte der Alufolie zuvor hochstellen. Dann die hochgestellte Folie über das Päckchen legen, als Deckel sozusagen. Gut verschließen und sachte auf ein Backblech legen. In der Mitte des Ofens 25 Minuten garen.
Päckchen aus dem Ofen nehmen, auf einen großen Teller legen, Folie erst am Tisch öffnen.
Champignonsauce
Pilze säubern und in Scheiben schneiden.
Klein gehackte Schalotten in der Pfanne in Öl und Butter anschwitzen. Wenn sie glasig sind, Pilze zufügen, mit Salz und Pfeffer würzen, einen Spritzer Zitronensaft dazugeben und Farbe nehmen lassen – das kann dauern, weil die Pilze Wasser ziehen. Sahne angießen; ein bisschen davon beiseite tun und mit einem Eigelb zur so genannten Liaison verrühren.
Sahne nach gewünschter Konsistenz der Sauce einkochen. Mit der Liaison binden – das gibt auch eine schöne Farbe – und mit Worcestershiresauce abschmecken; wer mag, kann noch eine kleine Prise Cayennepfeffer drangeben. Mit gehackter Petersilie bestreut servieren.
Das passt zu Spätzle, Nudeln, Reis, Fleisch oder Fisch.