Bauprojekte stehen still
Finanzstadtrat Ximo Segarra rechtfertigt misslungene Auftragsvergaben
Jávea – se. Die Theater- und Konzerthalle in der Altstadt, die Triana-Brücke im Hafenviertel, der Park im Thiviers-Viertel, die Grundschule Trenc d’Alba – es ist immer das gleiche Spiel: Jáveas Rathaus schreibt den Auftrag für ein großes Bauprojekt öffentlich aus und wählt dann unter den Bewerbern die Firma aus, die das beste Angebot macht. Das Unternehmen beginnt auch zu bauen, doch nach kurzer Zeit verlangt es mehr Geld, das Rathaus lehnt ab, der Vertrag wird aufgelöst und noch einmal neu ausgeschrieben. Die Bauprojekte erleiden teils jahrelange Verzögerungen, die Stadt investiert Geld und Personalkapazitäten in rechtliche Verfahren – ein echtes Ärgernis.
Eine öffentliche Ausschreibung ist ein Verfahren für die Vergabe von Aufträgen im nationalen Rechtssystem. Der Auftraggeber – in diesem Fall das Rathaus – fordert alle Firmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten auf. Jedes interessierte Unternehmen kann eins einreichen. Die Eignung wird erst mit der Wertung der Angebote geprüft. Den Zuschlag erhält oft das günstigste Angebot.
Aber ist das der beste Weg? Bei der gegenwärtigen Ausschreibung für 500 Straßenlaternen in der Urbanisation Tossalet bietet die Firma Sice sich an, den Auftrag für 1,77 Millionen Euro auszuführen. Das Rathaus hatte in seiner Ausschreibung mit 2,79 Millionen Euro gerechnet. Sieht das nicht danach aus, dass das wieder in die Hose geht?
„ Die Auftragsvergabe ist immer etwas Glückssache“, sagt Jáveas Finanzstadtrat Ximo Segarra.
„ Bei allen Bauarbeiten geht etwas schief – auch bei privaten. Aber bei uns multiplizieren sich die Probleme.“Trotzdem werde nur ein winziger Prozentsatz der Verträge aufgelöst. „ Aber: Der Park im Freginal-Viertel wurde problemlos erstellt, davon redet keiner. Der Auftrag für den Park im Thiviers-Viertel muss neu vergeben werden, das berichten alle Medien.“
Viel Pech und sehr schlechte Rahmenbedingungen
Es sei auch nicht allein der Preis bei der Vergabe ausschlaggebend. Das Rathaus habe das gesamte Angebot im Blick. „ Wir legen in unserer Ausschreibung Punkt für Punkt fest, was wir haben wollen“, sagt Segarra. „ Die Firmen müssen diese Punkte erfüllen und können Verbesserungen vorschlagen. Zum Beispiel eine kürzere Bauzeit, eine längere Garantie oder das Bereitstellen von Ersatzteilen sowie natürlich allerlei bauliche Verbesserungen.“Für all das erhalte das Unternehmen Punkte. „ Und das, das die meisten
Punkte hat, erhält den Zuschlag, ob uns das gefällt oder nicht.“
Im Fall der Straßenlaternen zähle der Preis bei der Wertung 80 Prozent. „ Es gibt kaum Bauarbeiten, deshalb wiegen die Materialkosten schwer. Beim Hallenbad hatte der Preis zum Beispiel keine so extreme Bedeutung.“
Warum werden Verträge aufgelöst? „ Manche Firmen bewerben sich überall mit grob geschätzten Angeboten“, sagt Segarra. „ Sie sehen erst später, dass sie mit dem Geld nicht auskommen. Aber wenn sie nicht belegen können, warum sie nun mehr fordern, bekommen sie keins, das Rathaus löst den Vertrag auf.“Das sei beim Bau der Theaterhalle bereits zwei Mal geschehen. Und da sowohl die Auflösung des alten Vertrags als auch die Vergabe des neuen dauern, stehen die Arbeiten lange still.
„ Wir müssen uns an die Legalität halten und das ist gut so“, sagt
Segarra. „ Wir haben viele Vorgaben zur Ausschreibung und zur Wertung der Angebote.“Aber wenn er die Firmen frei auswählen könnte, würde sich der Stadtrat auch nicht sicherer fühlen. „ Ich habe schon erlebt, dass manche in einem Nachbarort den Auftrag super erfüllten und uns dann hängen ließen.“So geschehen bei der Firma, die die Zufahrt zur Cala Barraca bauen sollte, aber jetzt pleite ist.
Es sei für die Bürger schwer zu verstehen, doch das Rathaus sei bei der Vertragsvergabe an strikte rechtliche Vorgaben gebunden. „ Und jetzt hatten wir nicht nur viel Pech, sondern auch die Rahmenbedingungen sind sehr schlecht.“Durch die Pandemie und den Krieg steigen die Materialpreise. Deshalb hat Madrid die Rathäuser nun autorisiert, zwischen fünf und 20 Prozent mehr zu zahlen, wenn die Firmen nachweisen, dass ihre Kosten wirklich gestiegen sind. Dieser Nachweis ist wichtig, sonst könnten ja alle Unternehmen bei einer Ausschreibung niedrige Preise anbieten, damit sie den Zuschlag erhalten, und dann hohe Nachforderungen stellen.