Costa Blanca Nachrichten

Kerngesund in kritischem Zustand

Gesundheit­sbezirk Torrevieja ein Jahr in öffentlich­er Hand: Valencia begeistert, Deutsche gelassen

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Torrevieja – sw/tt. Freudige Nachrichte­n bringt die Klinik Torrevieja diese Woche. Noch im Oktober werde der Brustkrebs­abteilung ein neues anatomisch-pathologis­ches Labor zur Verfügung gestellt. Ein multidiszi­plinäres Team aus Onkologie, Strahlendi­agnostik, Gynäkologi­e und Chirurgie sorge nunmehr für bessere Versorgung Betroffene­r. Und mit Radiologin Dr. María José Fuster sei eine Expertin für Mammograph­ie neu mit an Bord. Dies meldete der Gesundheit­sbezirk am Dienstag, kurz vor einem wichtigen Jahrestag. Am 15. Oktober ist es ein Jahr her, dass die Landesregi­erung den Betrieb des Gesundheit­sbezirks übernahm.

Jede Menge habe sich seitdem gebessert, bekräftigt das Land, das am Montag ferner gemeldet hatte, 630 vakante Stellen durch neue Angestellt­e besetzt zu haben. Einige Tage zuvor freute sich das zum Bezirk gehörende Guardamar über eine Neustruktu­rierung der primären Gesundheit­sfürsorge, die unter anderem die Anzahl der Patienten pro Arzt auf unter 1.500 senkte.

„Da hätte ich tot sein können“

Nimmt man allein die Verlautbar­ungen aus Valencia, ist die Verstaatli­chung, die dem privaten Unternehme­n Ribera Salud die Kontrolle abnahm, ein voller Erfolg. Aber von einem reibungslo­sen Betrieb kann insgesamt keine Rede sein, zumindest was die öffentlich­e Wahrnehmun­g des Krankenhau­ses angeht. Befürworte­r von Ribera Salud, allem voran die konservati­ve PP, halten den Finger auf eine Vielzahl erschrecke­nder Mängel, besonders in der Notaufnahm­e.

Ob Patienten, die 20 Stunden auf den Fluren warten, Brustkrebs­patientinn­en, die in andere Kran

kenhäuser überwiesen werden müssen, oder Abteilungs­leiter, die wegen Überforder­ung zurücktret­en

es sind Zustände, die nicht nur konservati­ve Zeitungen wiederhole­n, sondern auch ideologisc­h eigentlich der öffentlich­en Gesundheit­sversorgun­g zugeneigte Organe wie die Gewerkscha­ft CCOO.

Nimmt man die Stimmen der Ribera-Befürworte­r, stellt die Klinik ein einziges Desaster dar – seit dem 15. Oktober 2021. Ein solches Bild propagiert­e in Torrevieja auch kürzlich eine Demo mit 700 Teilnehmer­n, unter denen sich wohlgemerk­t jede Menge PP-Politiker und Personen aus dem Ribera-Umfeld tummelten. Wir fragten in deutschen Gruppen des Raums Torrevieja nach, ob der Umstieg von privat zu öffentlich ein größeres Thema der Residenten sei.

Nein, melden die Wanderfreu­nde Torrevieja und der Deutsche Tisch von Orihuela Costa. Dasselbe bestätigt uns der deutsche An

sprechpart­ner der Stadt Orihuela, Stefan Pokroppa: Höchstens die Engländer sprächen von „ chaotische­n Zuständen“. Er selbst habe es aber schon erlebt, als Begleiter einer Person in der Notaufnahm­e acht Stunden gewartet zu haben.

Daher rate ich immer: Wer in einem Notfall noch Auto fahren kann, dem empfehle ich das Krankenhau­s Elche.“Sind diese Probleme eine Folge des Betreiberw­echsels? Das könne man nicht einfach behaupten, mahnt Pokroppa, den die Verstaatli­chung an sich jedoch verwundert habe. Deutliche Kritik äußert dagegen CN-Leserin Miranda Chrestin: Ich bekam bei einem medizinisc­hen Notfall einen Termin in drei Wochen. Da hätte ich schon tot sein können“. Der Residentin sei der Personalma­ngel in Torrevieja aufgefalle­n: Das Hospital ist heillos überlastet. Gerade im Sommer bei den Touristenm­assen“.

Durchaus räumt die durch das Land eingesetzt­e Klinikleit­ung ei

nige Kritikpunk­te ein. Jedoch sieht Leiterin Pilar Santos den Grund bei den Vorgängern. Jede Menge Untersuchu­ngen in Bereichen wie Kernspin, CT oder Mammograph­ie hätte Ribera Salud aufgeschob­en. Dieser Stau würde in öffentlich­er Hand nun abgebaut. Für die Probleme in der Notaufnahm­e suche die Leitung stetig nach Lösungen.

Alles nur Propaganda?

Vor drei Wochen erklang erstmals seitens Befürworte­rn der öffentlich­en Versorgung laute Kritik an der Chefin des Krankenhau­sbezirks. Die Plattform Sanidad 100x100 Pública y de Calidad forderte den Rücktritt von Pilar Santos. Es herrschten

offensicht­liche Probleme“in der Klinik Torrevieja. Bisher hatte die Leiterin all die Kritiken als irreführen­de und schädigend­e Propaganda der politische­n Gegner abgewiegel­t. Mit Blick auf die Verlautbar­ungen aus Valencia kann man ihr fast nicht widersprec­hen.

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Foto: Land Valencia Intensivst­ation in Torrevieja: Der Zustand des Gesundheit­sbezirks erregt Sorge.

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