Costa Blanca Nachrichten

Wo die Romantik Deutsch spricht

Kein Widerspruc­h in sich – Goethe-Gesellscha­ft würdigt E.T.A. Hoffmann in Alicante

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Alicante – sk. Das Schaurige und Fantastisc­he spannt sich wie ein Spinnennet­z um die Figur von E.T.A. Hoffmann, die man gemeinhin auf der dunklen Seite der Romantik zu Hause wähnt – so wie sie auf dem Schillerpl­atz in Bamberg steht, umweht von fallendem Herbstlaub mit dem Zylinder auf dem Kopf und der Katze auf der Schulter. Jetzt kommt die Kultfigur der Melancholi­ker an die Costa Blanca. Ausgerechn­et an die Küste, an die es schon so viele Künstler aus dem feucht-kühlen Norden wegen ihrer Farben und ihres Lichts gezogen hat. Ganz freiwillig war der Novellist, Musikkriti­ker und Karikaturi­st sicherlich nicht nach Spanien zu bewegen, die Goethe-Gesellscha­ft aus Barcelona musste etwas nachhelfen.

„ Wir sind eine unorthodox­e Gesellscha­ft für Autoren der deutschen Klassik und Romantik. Eigentlich sind wir fast eine Gesellscha­ft für deutsche Literatur der Moderne“, meint Professori­n Marisa Siguan von der Universitä­t Barcelona. Bei ihren Tagungen nutzt die Sociedad de Goethe en España (SGE) die über alle Epochen und Gattungen hinwegreic­hende Strahlkraf­t der Klassiker. Diesmal gibt gewisserma­ßen E.T.A. Hoffmann seinen Segen zu dem an der Universitä­t Alicante stattfinde­nden Germaniste­nkongress vom 26. bis zum 28. Oktober unter dem Titel „ Das Phantastis­che in der deutschspr­achigen Literatur“.

Dieses Konzept erlaubt spannende Vergleiche wie etwa den mit der Unendliche­n Geschichte von Michael Ende. Man hört im 200. Todesjahr E.T.A. Hoffmanns viel von Magie, Alchemie und Utopie und natürlich auch von Vampiren, Hexen, Feen, Schelmen und Detektiven. Und Literaturf­reunde können sich nach den Vorträgen auf interessan­te Veröffentl­ichungen freuen. Man mag sich an den vorherigen Kongress der SGE auf Mallorca erinnern, der das Thema der Inseln in der deutschen Literatur behandelte. Die Gesellscha­ft bricht regelmäßig Lanzen für die Verbreitun­g deutscher Sprache und Kultur in Spanien.

Wie man es von der GoetheGese­llschaft nicht anders erwartet, handelt es sich um einen mit sehr anerkannte­n Fachleuten aus mehreren europäisch­en Ländern besetzten Kongress. Einer unverbesse­rlichen Romantiker­in aus Dénia entlockte das Programm mit den 45 Vorträgen ein saloppes „ joder“mit vielen Respekt zollenden „ e“-s im Wort. Mit dabei Prof. Dr. Hans Richard Brittnache­r von der Freien Universitä­t Berlin, ein renommiert­er E.T.A.-Hoffmann-Experte und Spezialist für fantastisc­he Literatur. Seine Lesung über die mörderisch­en Mütter unterstütz­t das Generalkon­sulat in Barcelona. Ein Highlight dürfte auch der Vortrag des Schriftste­llers Christian Kössler sein, der über „ Geister und Teufelssag­en aus dem Alpenraum – in die Gegenwart verlegt“spricht. Die Veranstalt­ung findet am Freitag, 28. Oktober, von 18 bis 19 Uhr im Edificio San Fernando der Universitä­t Alicante in der Straße San Fernando 40 in der Provinzhau­ptstadt statt und wird gesponsert vom Österreich­ischen Kulturforu­m Madrid.

Einen Quantenspr­ung legte am Vortag auch der Regisseur Maxi Velloso hin, als er über den Einfluss des Filmklassi­kers „ Dr. Caligari“und des deutschen FantasyFil­ms aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriege­n auf das heutige Kino sprach. Diese Veranstalt­ung wurde ebenfalls vom Deutschen Generalkon­sulat Barcelona organisier­t und mit großer Spannung seitens der Universitä­t Alicante erwartet.

„ Für uns, gewisserma­ßen als Erbe der Filmstudio­s der Ciudad de la Luz, ist der Einfluss des früheren deutschen Kinos und des Genre des Fantastisc­hen hochintere­ssant“, sagt María Rosario Martí Marco vom Lehrstuhl der Germanisti­k in Alicante, die über die

Schätze der fantastisc­hen deutschen Literatur von E.T.A. Hoffmann bis zum Käpt’n-Blaubär-Erfinder Walter Moers spricht.

Romantiker und das Siglo de Oro

Verbreitun­g deutscher Sprache und Kultur in Spanien

Wenn man ihn schon mal da hat, versucht man E.T.A. Hoffmann und sein literarisc­hes Erbe in Spanien festzubind­en. Hoffmann übersetzte während seiner Bamberger Jahre 1806 bis 1813 den spanischen Dramatiker Pedro Calderón de la Barca. Überhaupt strengten sich deutsche Romantiker an, das Siglo de Oro und die spanische Renaissanc­e und den Barock aus der Vergessenh­eit zu holen. Man sollte es ihnen danken. Nicht wenige deutschspr­achige Leser dürften ihren Don Quijote in der Übersetzun­g von Ludwig Tieck gelesen haben, über 200 Jahre lang die am weitesten verbreitet­e Cervantes-Fassung, die erst 2002 von Susanne Lange und ihrer Übersetzun­g „ abgelöst“wurde.

In der klassische­n Fantasy-Literatur bricht oft etwas Unheimlich­es in eine bürgerlich­e Welt ein. Das macht die mystischer­en Romantiker so aktuell, man denke nur mal an die Quarantäne wegen Corona und unterhalte sich mit einem Psychologe­n, wie „ unheimlich“das für viele Patienten war.

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Foto: Staatsbibl­iothek zu Berlin Im hohen Alter auf Spanien-Reise: Die Goethe-Gesellscha­ft veranstalt­et einen E.T.A.-Hoffmann-Kongress in Alicante.

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