Pioniere der Vorfreude
Am 26. November bringt Adventskonzert San Miguel in Stimmung – Schweizer animieren Spanier
San Miguel – sw. Wenn Spanien, dann auch wirklich Spanien. Und kein Zurückgezogensein in einer Residenten-Urbi. Das war die Voraussetzung für Heidi und Armin Wiederkehr, als sie vor zehn Jahren beschlossen, je eine Jahreshälfte an der Costa Blanca zu verbringen. Über das Land gelernt hat das Ehepaar seitdem vieles, allem voran die Sprache. Aber an spanische Verhältnisse angepasst haben die Schweizer aus San Miguel de Salinas sich nicht zu hundert Prozent. In einer Sache eckten sie sogar richtig an und wurden so zu Pionieren der Vorweihnachtszeit.
Die Wiederkehrs sind die Promotoren des Adventskonzerts, das seit 2015 in San Miguels Kirche für große Emotionen sorgt. Auch dieses Jahr läutet am Samstag, 26. November, ab 18 Uhr eine beachtliche Musikerriege das Warten aufs Christkind ein: Von Bläsern der örtlichen Musikkapelle, Posaunist Juan de Dios, Flötenspieler Mariano über Juan Diego, Direktor des Chors Nuesta Señora de la Asunción, dem Kinder- und Mütterchor von Delia Vicente Dura bis zum Schweizer Organist Cyprian Meyer.
Freude die Hauptsache
Für den Genuss mit weiteren Sinnen sorgen Basler Leckerli und Glühwein. Ein Programm, das das 76- und 77-jährige Paar wieder Kräfte und Mühen kostete, aber den Aufwand nähmen die Rentner gern auf sich. Die Freude, die sie ihrem spanischen Ort brächten, sei „ die Hauptsache“, sagt Armin Wiederkehr, den wir zum Kaffee auf San Miguels Kirchplatz treffen.
Eine Herzensangelegenheit sei das Adventskonzert, und zwar keineswegs nur wegen der Spendensammlung (100 Prozent der Einnahmen für den Fünf-Euro-Eintritt gehen an die Armenhilfe der Caritas). „ Nach dem Konzert gehen immer so viele glücklich und dankbar raus“, lächelt der Halbjah
resauswanderer. Auch Javier Vicens widerspricht nicht, der Ortspfarrer, der nun zum Kaffee dazugekommen ist. Damals, als die Wiederkehrs ihn kennenlernten, war der Spanier nicht so begeistert.
„ Der Advent wird in Spanien sehr schlicht begangen. Gefeiert wird immer erst Weihnachten“, so Vicens. Ein Konzert, und dann mit Spenden? Das würde hierzulande nie funktionieren, versuchte der Priester die Schweizer umzustimmen. Aber ähnlich hartnäckig, wie sie ihn damals an der Kirchentür
baten, mit ihnen auf Spanisch und nicht auf Englisch zu sprechen, blieben sie dran mit ihrer Idee.
Entsprungen war sie zu Ostern 2014 bei einem Essen mit dem deutschen Berufstrompeter Heinz Kutsch. Der schlug vor, mal in der San-Miguel-Kirche das „ Ave Maria“zu spielen. Doch er allein, ohne jede Begleitung – das kam den Wiederkehrs spanisch vor. In den kreativen Schweizern sprudelten die Ideen, und mit dem bekannten Schweizer Organist Walter Artho fand sich ein Mitstreiter.
Und siehe da: Das erste Adventskonzert von Kutsch und Artho würde steigen! Aber prompt, der Schicksalsschlag: Kurz vor dem Event erkrankt Artho schwer. Ein Desaster droht schon vor dem Debüt. Die Rettung gelingt jedoch: „ Los tontos son siempre muy afortunados“, lacht Wiederkehr: „ Die Dummen haben immer viel Glück.“Die finnische Kirche von nebenan spendet einen rettenden Organisten. In einer „ pumpenvollen“Kirche wird es 2015 ein Riesenerfolg.
Auch an Weihnachten
Eine Institution ist das Konzert mit dem großen Weihnachtsbaum am Altar nunmehr und hat im Raum Torrevieja auch andere Orte zur musikalischen Weihnachtsvorfreude animiert. In San Miguel gibt es 2022 sogar ein zweites Konzert: Zum 300. Jubiläum der Pfarrei steigt am 23. Dezember um 19 Uhr ein klassischer Leckerbissen, unter anderem mit Corellis „ Noche de Navidad“. Wenn Spanien, dann auch Musik an Weihnachten!