Der endgültige Bruch
Konservative und Sozialisten brechen Dialog ab – Konfrontationskurs bis Parlamentswahl 2023
Madrid – sk. Konservative und Sozialisten haben miteinander gebrochen. Bis zur Parlamentswahl im November 2023 wird es möglicherweise keine Einigung, keinen Pakt und kein Abkommen mehr geben. Nie hat der Konfrontationskurs die beiden Volksparteien so weit auseinander getrieben, dass sie eine Einigung über die Erneuerung von Verfassungsorganen ausschließen. Das verstößt gegen die Verfassung und gilt als ein schwerer Schlag für die Unabhängigkeit der Justiz.
Seit vier Jahren streiten PSOE und Volkspartei über die Neubesetzung wichtiger Richterposten, insbesondere über die des sogenannten Consejo de Poder Judicial (CGPJ) – ein Verfassungsorgan, das einer Regierung der Richter gleichkommt. Die Empörung hielt sich sehr in Grenzen, weil weite Teile der Öffentlichkeit die Bedeutung eines unabhängigen obersten Justiziorgans kaum nachvollziehen. Kürzlich aber trat der Vorsitzende
Carlos Lesmes aus Protest gegen diese Verschleppung der Erneuerung der Mandate zurück, immerhin einer der anerkanntesten Juristen in Spanien. Der CGPJ ernennt die Richter der obersten Gerichte und wählt zwei Mitglieder des Verfassungsgerichts. Da das Organ mit seinen 21 renommierten Mitgliedern nicht turnusgemäß erneuert wurde, schlägt die Mehrheit bisweilen nach rechts aus. PP und PSOE verstärkten ihre Bemühungen um eine Einigung, die am Freitag noch als spruchreif galt. Dann aber ließ die Volkspartei die Verhandlungen platzen. Jetzt hält PP-Chef Alberto Núñez Feijóo eine Einigung nur „ mit dieser PP und einer anderen PSOE“für möglich.
Den Grund für den Rückzieher kann man in der Haushaltsdebatte suchen. Die katalanischen Republikaner treten seit geraumer Zeit für eine Reform des Strafgesetzes ein, vor allem des Vergehens des Aufruhrs – sedición genannt. Auf der Grundlage dieses Artikels wurden drakonisch hohe Strafen gegen die danach begnadigten Mitglieder der katalanischen Landesregierung verhängt, die das illegale Unabhängigkeitsreferendum im Herbst 2017 anstrengten.
Komischerweise sah Tage vor dem Eklat der separatistische Ober-Polterer Juan Gabriel Rufián (ERC) keine Dringlichkeit für die Reform dieses Artikels. „ Ich glaube, die Leute haben derzeit andere Sorgen, wie etwa die Inflation und die hohen Lebenshaltungskosten“, sagte Rufián. Die ERC drängt bei den Haushaltsverhandlungen viel energischer auf Änderungen im Wohnungsgesetz. Wie Ministerpräsident Pedro Sánchez versichert, sei die Reform des Strafgesetzes mit keinem Wort bei den Verhandlungen über die Neubesetzung der Verfassungsorgane zur Sprache gekommen. Möglicherweise hat die Volkspartei einen Vorwand gesucht, um die Einigung platzen zu lassen. Eventuell haben die Sozialisten ihr den Vorwand geliefert, indem sie just vor der Einigung die Reform des Aufruhr-Artikels ins Gespräch brachten. Nun spielt in diesem PolitikPoker die Regierung die Karte, dass sie sich von der Opposition nicht erpressen lässt, und die PP schwenkt auf die harte Linie gegen die Separatisten, die ihr Stimmen bringt.
Inwieweit Madrids Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso die Konservativen nach rechts gestoßen hat, steht noch auf einem anderen Blatt Papier. Letztendlich leidet die Demokratie und das Ansehen Spaniens. Die EU-Kommission fordert seit geraumer Zeit eine Ende der Blockade, und wenn die Unabhängigkeit der Justiz hierzulande in einem Atemzug mit der in Polen verglichen wird, kann das nicht im Interesse des Landes sein.
PP: „Einigung nur mit dieser PP und anderer PSOE möglich“