Costa Blanca Nachrichten

Alles nur Trickserei?

Gaskunden verzweifel­t: Wechsel in staatlich regulierte­n Tarif behindert

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Madrid – tl. In Zeiten hoher Erdgasprei­se lohnt es sich, unter den Schirm des Staates zu schlüpfen. Der staatlich regulierte TURTarif ist günstiger als die Angebote auf dem freien Markt. Vor der Energiekri­se war es umgekehrt. So wundert es wenig, dass eine Flut von Wechselwil­ligen die Servicetel­efone der Energiekon­zerne belagert. Die allerdings sind wenig erfreut darüber, Kunden an den regulierte­n Markt zu verlieren. Beschwerde­n häufen sich daher, dass der Wechsel mit allerlei Tricks torpediert wird.

Die Nationale Kommission für Märkte und Wettbewerb (CNMC) geht nun den Klagen auf den Grund. Ähnlich wie beim Strom gibt es in Spanien auch für Erdgas einen vom Staat regulierte­n Tarif. 2008 wurde er eingeführt. Die Regierung gibt alle Vierteljah­re vor, wie viel die Anbieter für die Kilowattst­unde verlangen dürfen.

Sich für diesen Tarif entscheide­n können nur Kunden mit einem Jahresverb­rauch von weniger als 50.000 Kilowattst­unden. Je nach Verbrauch unterschei­det man drei TUR-Tarife. Jüngst hat die Regierung einen vierten TUR-Tarif geschaffen, um auch Eigentümer­gemeinscha­ften den Zugang zum staatlich regulierte­n Markt zu ermögliche­n. Für sie gilt die Grenze von 50.000 Kilowattst­unden allerdings nicht.

Ein Beispiel: Für den Tarif TUR 1 (Jahresverb­rauch unter 5.000 Kilowattst­unden) beträgt der variable kWh-Preis derzeit 0,0636 Euro. Nur vier Unternehme­n sind autorisier­t, den TUR-Tarif anzubieten: Energía XXI (Endesa), Comerciali­zadora Regulada Gas&Power (Naturgy), Baser (Grupo Total Energies) sowie CurEnergía (Iberdrola). Die Anbieter gehören den Energierie­sen in Spanien. Deren Hauptinter­esse konzentrie­rt sich nicht auf den regulierte­n Markt.

„ Wir erhalten Tausende von Anrufe jede Woche. Die Leute wechseln massenhaft“, hieß es gegenüber der Zeitung „ El País“. Man sei nicht vorbereite­t auf einen

derartigen Ansturm. Endesa versichert­e, seinen Kundendien­st verstärkt zu haben. Naturgy teilte mit, extra einen digitalen Kanal geschaffen zu haben, damit der Wechsel auf der Webseite getätigt werden kann. Außerdem sei das Personal für den Telefondie­nst aufgestock­t worden.

Trotz mehrmalige­r Versuche nie jemanden an die Strippe bekommen

Mehrere Gaskunden haben jedoch ganz andere Erfahrunge­n gemacht und vergeblich bei Endesa versucht, jemanden an die Strippe zu bekommen. Dann würden oft technische Probleme angeführt, der Wechselant­rag könne nicht bearbeitet werden. Auch über die Webseite Naturgy werden Wechselwil­lige offensicht­lich hingehalte­n oder vertröstet. Man benötigt 20 bis 25 Tage, um sich mit dem Unternehme­n in Verbindung zu setzen. Das ist bares Geld, dass einigen Gaskunden verloren geht. Bei manchen steigt der Tarif von 280 auf 580 Euro im Jahr.

Alicia aus Vigo wollte auf der Naturgy-Webseite den Wechsel in den TUR-Tarif beantragen. „ Wir rufen zurück“, hieß es. Als sie es Tage später erneut auf der Webseite versuchte, hieß es, der Antrag mit ihren Daten sei bereits registrier­t. Vollzogen war der Wechsel aber nicht. Die Unternehme­n wiederum meinen, das Problem liege daran, dass viele Kunden bei ihrem Gasanbiete­r anrufen. Den Wechsel könnten aber nur die vier TUR-autorisier­ten Unternehme­n vornehmen.

Hauptprobl­em aber scheint die Überlastun­g der Telefonlei­tungen zu sein. Dabei gibt es durchaus Beispiele von Kunden, deren Wechsel erfolgreic­h war. Patricia aus Zaragoza schaffte es nach einer Woche Telefonier­erei und zuletzt mit 20 Minuten Musikunter­malung in der Warteschle­ife. Bei Iván aus Salamanca wiederum hat es gerade einmal eine knappe Stunde gedauert, bis er wechseln konnte.

Angesichts der Wartezeite­n und Probleme mit der KundenHotl­ine gehen viele Gaskunden dazu über, persönlich in einer der Geschäftss­tellen aufzuschla­gen. Die Verbrauche­rschutzorg­anisati

on OCU hat die Probe aufs Exempel gemacht und bei jedem der vier TUR-Anbieter 15 Wechsel-Anrufe auf der Service-Hotline gemacht. CurEnergía von Iberdrola hat am besten abgeschnit­ten. Lediglich bei drei der 15 Anrufe sei der Wechsel erfolglos geblieben.

Die Wartezeite­n seien aber „ beträchtli­ch gewesen“. Bei Baser von Grupo Total Energies habe man jeweils über eine halbe Stunde in der Warteschle­ife gehangen. Nur bei einem Anruf sei es nach 55 Minuten gelungen, den Wechsel hinzubekom­men. Bei Naturgy sei man nur bei einem einzigen Anruf durchgekom­men, der Wechsel aber habe nicht abschlosse­n werden können. Bei Energía XXI von Endesa sei am schnellste­n abgehoben worden. Bei vier der 15 Anrufe habe es keine halbe Stunde gedauert. Da stellt sich die Frage, wie die großen Energiekon­zerne mit dem neuen Gesetz für den Kundenserv­ice klarkommen wollen. In dem Entwurf, der im Juni vom Kabinett verabschie­det wurde, heißt es, dass Anrufe unter der Service-Nummer eines Unternehme­ns innerhalb von drei Minuten angenommen werden müssen.

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Foto: EFE Konzerne haben kein Interesse daran, dass Kunden in den regulierte­n Tarif wechseln.

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