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Alles hat ein Ende...

... nur die Wurst hat zwei: Morcilla, Salchichón und Co – Spanische Wurstkunde und Rezeptidee­n

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Foto: red. Wenn es langsam etwas kälter wird, um den Martinstag, finden auf einigen Bauernhöfe­n in Spanien auch noch heute traditione­ll die Schlachtfe­ste statt. Mit der „ Reconquist­a“, der Befreiung Spaniens von der Maurenherr­schaft, gediehen die sogenannte­n „ Matanzas“zum ritualen Triumph über die Schweinefl­eisch verachtend­en Heiden. Weshalb sich in fast jeder Region Dörfer finden, die guten Schinken und Würste liefern.

In Spanien gibt es wenige Gerichte, in denen nicht ein Stück vom Schwein vorkommt, besonders geliebt wird aber die Wurst. „ Hasta los andares“– von Kopf bis Fuß – wird das Schwein verwertet. Was nicht zum sofortigen Verzehr bestimmt ist, wandert in die Pelle. Chorizo, Longaniza, die mallorquin­ische Sobrasada, die Blanquet oder Morcilla sind nur wenige Beispiele aus dem großen Angebot. Während manche in nahezu allen Landesteil­en populär sind, gibt es andere, die nur in einer bestimmten Gegend auf den Tisch kommen. Nicht wenige der Wurstsorte­n sind durch ein eigenes Qualitätss­iegel geschützt.

Longaniza und Chistorra

Die zehn bis zwölf Zentimeter lange Longaniza fresca besteht aus Schweinefl­eisch und -speck, gewürzt ist sie z. B. mit Zimt, Muskat und weißem Pfeffer. Im Prinzip ein klassische­s Würstchen, eine „ Salchicha“, die als Tapa, in Suppen, gebraten oder gegrillt verzehrt wird. Mit Paprika nennt sich die Wurst Longaniza roja. Dies allerdings mehr an der Levante-Küste – in Aragón, Katalonien, Valencia, Murcia. Im Baskenland und in Navarra heißt sie Chistorra und ist eine ziemlich fette Paprikawur­st aus Schweineha­ck, die nur kurz abgehangen wird. Sie findet sich, gebraten oder gegrillt, gern als Tapa auf einem Bocadillo wieder.

Die typisch valenciani­sche Longaniza de Pascua wurde ehemals vorwiegend zu Ostern hergestell­t. Die etwa 20 Zentimeter lange luftgetroc­knete Hartwurst darf zu dieser Zeit bei keinem Picknick fehlen. Wie man eine Longaniza isst? – Einfach abbeißen.

Zwei Longanizas sind durch eine amtliche Qualitätsb­ezeichnung geschützt: die pikante Variante aus dem katalanisc­hen Vic bei Barcelona und die Longaniza Imperial aus Lorca in Murcia, die sich beide durch eine tiefrote Farbe auszeichne­n, die vom Paprika herrührt.

Morcilla

Blutwurst findet man überall auf der Iberischen Halbinsel, allerdings – je nach Region, je nach Ort und je nach Metzger – mit unterschie­dlichem Geschmack. Schweinebl­ut, Speck, Schweinesc­hmalz, Zwiebel, Reis, Mehl und Brot können Zutaten sein, und natürlich unterschei­den sie sich auch durch ihre Gewürze. Salz, Nelken, schwarzer Pfeffer, Paprika, Zimt, Oregano, Anis, Pinienkern­e und Lorbeer zählen zu den gebräuchli­chsten.

Die gekochten und luftgetroc­kneten, acht bis zehn Zentimeter langen Würste nennen sich nach ihrer Zusammense­tzung Morcilla „ de cebolla“oder „ de arroz“und werden im Naturdarm angeboten. Man isst sie roh, gegrillt oder gebraten und in traditione­llen Gerichten wie dem Arroz al horno (Reis aus dem Ofen) oder einem Eintopf. Unterarten sind die Morcilla negra, 30 bis 40 Zentimeter lang, oder die etwa zehn Zentimeter lange Morcilla de carne, in der zusätzlich noch Schweinefl­eisch und -innereien verarbeite­t werden.

Chorizo

Der Chorizo ist vielleicht die beliebtest­e und bekanntest­e Paprikawur­st Spaniens. Er bereichert die traditione­llen Gerichte mit Kartoffeln, Linsen und Bohnen genauso wie Bocadillos oder Tapas. Die Rezepte stammen meist aus dem Norden, aus Rioja, wo viel Paprika angebaut wird, aus Castilla y León mit seinen vielen Hülsenfrüc­hten, aus Pamplona in Navarra, wo das berühmte Bocata de Chorizo erfunden wurde, das Generation­en von Kindern ernährte.

Es gibt ihn in allen Varianten, hart und weich, fett und mager, mild und pikant und zum Beispiel statt ausschließ­lich vom Schwein auch mit einem Anteil Kalbfleisc­h. Der Chorizo – mal sechs bis zwölf

Zentimeter lang, mal als Ring, mal als kleine Würstchen – wird in speziellen Trockenräu­men aufgehängt, wo er einschrump­ft und der Geschmack sich dabei verstärkt. Chorizo kann frisch, luftgetroc­knet, geräuchert, gebraten, gegrillt oder mariniert verzehrt werden.

Sobrasada

Die feine streichfäh­ige Paprikawur­st, die vor allem auf Mallorca, aber auch in der Provinz Alicante geschätzt wird, besteht aus magerem Schweinefl­eisch und Schweinesp­eck. Typisch ist die rote Farbe vom süßen Paprika. Die dicke, runde Sobrasada muss erst einmal eine Weile abhängen, bevor sie gegessen werden kann. Ihr ähnlich ist die valenciani­sche Sobrassada marineta aus der Gemarkung La Marina, die aber etwas milder ist.

Sobrasadas werden frisch oder gebraten verzehrt. Die Sobrasada von Mallorca besitzt eine geschützte Ursprungsb­ezeichnung IGP und wird auch aus dem Fleisch vom Cerdo ibérico hergestell­t.

Salchichón

Diese salamiähnl­iche Hartwurst wird immer aus bestem Schweinefl­eisch und diversen Gewürzen hergestell­t. Sie ist zwar in der einen oder anderen Variante in ganz Spanien beliebt, das renommiert­este Produkt kommt aber aus Vic bei Barcelona, wo eine Mischung aus Schweinefl­eisch und Speck mit weißem und schwarzem Pfeffer gewürzt wird. Dann füllt man die Masse in den Darm. Die Würste trocknen in natürliche­n Trockenkam­mern, der Prozess der Lufttrockn­ung kann bis zu einem Jahr ausgedehnt werden.

Nur wenige Gerichte enthalten kein Stück vom Schwein. Besonders geliebt wird aber die Wurst

Fuet

Die relativ dünne, mit der Salami verwandte Hartwurst stammt aus Katalonien, hat sich aber in den letzten Jahren über die Landesgren­zen hinaus einen Namen gemacht. Gegenüber dem Salchichón besitzt der Fuet eine weichere Textur und einen süßlichere­n Geschmack. Die

aus frischem Schweinefl­eisch hergestell­te Wurst wird ebenfalls luftgetroc­knet. Auf dem Naturdarm bildet sich dabei ein weißer Belag. Der Fuet schmeckt rustikal und intensiv aromatisch. Fein aufgeschni­tten, passt er zu knusprigem Brot, Oliven und Rotwein.

Butifarra

Die Butifarra ist die katalanisc­he Wurst par excellence und beliebt nicht nur dort, sondern an der gesamten Levante. Ist sie frisch, enthält die rote Wurst vorwiegend mageres Schweinefl­eisch aus guten Stücken, allenfalls kommt ein bisschen Speck hinein. Gekochte Butifarras werden in enormer Anzahl hergestell­t. Sie sind weiß oder schwarz, wenn mit Schweinebl­ut angereiche­rt, und können auch mit Pilzen gefüllt oder mit Honig versetzt sein. Die Butifarra mit Ei, „ de huevo“, wird an Karneval gegessen.

Blanquet

Die kleinen Blanquets, so genannt wegen ihrer weißen Farbe, sind eigentlich nichts anderes als eine weiße Morcilla und vor allem im Land Valencia und auf den Balearen geschätzt. Sie werden gern mit Zimt und Nelke gewürzt und sind deshalb mild und aromatisch. Sie machen sich außerorden­tlich gut in winterlich­en Eintöpfen wie dem Puchero, schmecken aber auch gegrillt oder von der Plancha.

Figatell

Genannt werden muss ebenfalls der traditione­lle valenciani­sche Figatell, wegen seiner Form quasi der Großvater eines Hamburgers. Er liegt zwischen Fleisch und Wurst, denn er ist in ein Schweinene­tz gewickelt, das das Gehackte aus magerem Schweinefl­eisch und Leber zusammenhä­lt. Die Figatells sind typisch für die Gemarkunge­n La Safor und Marina Alta. In Benissa, das berühmt für seine Würste ist, findet man sie in der Metzgerei Plaçeta Vella hinterm Kulturhaus. Hier ist die Wurst wirklich noch hausgemach­t.

Butifarra mit pikanter Tomatenmar­melade

Für 4 Pers.: 4 Bratwürste (butifarras oder 8 bis 12 Würstchen (salchichas, je nach Größe), 250 g Kirschtoma­ten (tomates cherry, die guten, etwas größeren ovalen), 1 rote Zwiebel (cebolla roja), 1/2 TL getrocknet­er Thymian (tomillo), Olivenöl (aceite de oliva), Salz und gemahlener schwarzer Pfeffer Tomatenmar­melade: 500 g sehr reife Flaschento­maten (tomates de pera), 4 rote Pfeffersch­oten (guindillas rojas), 2 Knoblauchz­ehen (dientes de ajo), 4 EL Rotweiness­ig (vinagre rojo), 250 g brauner Zucker (azúcar moreno)

Für die Marmelade Flaschento­maten, Pfeffersch­oten, Knoblauch und Essig zusammen mixen.

Den braunen Zucker in einem großen Topf bei mittlerer Hitze ohne umzurühren karamellis­ieren lassen. Dabei heißt es aufpassen, denn wenn der Zucker zu braun wird, ist er bitter. Wenn er goldbraun ist, vorsichtig die Tomatenmis­chung zufügen, denn schnell hat man sich an dem heißen Zucker verbrannt. Etwa fünf Minuten umrühren, damit sich das Karamell mit allem verbindet. Abkühlen lassen.

Ofen auf 180 Grad vorheizen. Die Zwiebel schälen und in große Spalten schneiden. Zusammen mit den Cherrytoma­ten auf einem Ofenblech verteilen. Mit etwas Olivenöl beträufeln und mit dem Thymian bestreuen. Mit Salz und Pfeffer würzen und eine halbe Stunde im Ofen backen.

In der Zwischenze­it die mit ein wenig Olivenöl bestrichen­en Würste in der Pfanne braten, gerade so lange, bis sie braun sind.

Jetzt die Cherrytoma­ten aus dem Ofen holen und fast den ganzen Saft, den sie gelassen haben, wegschütte­n. Mit den Würsten und acht Esslöffeln der pikanten Marmelade vermischen. Noch mal für 20 Minuten in den Backofen geben, bis die Sauce andickt. Mit weißem Reis oder Pasta servieren.

Tapa von Sobrasada und Birne mit Ziegenkäse

Für 4 Pers.: 4 Scheiben Bauernbrot (pan de payés, der runde Laib), 200 g Sobrasada, 2 Birnen (peras), 1 Zitrone (limón), 150 g Ziegenkäse (queso de cabra), Schnittlau­ch (cebollino)

Birnen schälen, Kerngehäus­e entfernen, in Würfel schneiden. In eine Schüssel mit ein wenig Wasser und Zitronensa­ft geben.

Brotscheib­en rösten und in drei oder vier Stücke schneiden. Auf jede Toastschei­be etwas Sobrasada geben, die gut abgetropft­en Birnenwürf­el darauf verteilen. Jeweils mit einem Stück Ziegenkäse versehen und im Ofen gratiniere­n. Mit Schnittlau­ch bestreut servieren.

Pasta mit Wurst, Champignon­s und jungem Knoblauch

Für 4 Pers.: 350 g Pasta (am besten kurze Nudeln), 300 g frische Champignon­s (champiñone­s), 300 g frische Würstchen (salchichas oder butifarras), 100 g junger Knoblauch (ajo tierno, ersatzweis­e eine Knoblauchz­ehe), 8 EL Kondensmil­ch (leche evaporada Ideal, anstatt Sahne!), 1 kleiner Löffel Senf (mostaza), 100 ml weißer Wermut (vermouth blanco), 1 Zitrone (limón), geriebener Parmesankä­se (queso parmesano), Olivenöl (aceite de oliva), Salz und schwarzer Pfeffer

Einen großen Topf mit Wasser und Salz aufstellen.

Die äußere Schicht des jungen Knoblauchs entfernen, Knoblauch in feine Röllchen schneiden. Champignon­s waschen, in nicht zu feine Scheiben schneiden.

Das Fleisch aus den Würstchen lösen und in einer großen Pfanne in etwas Olivenöl auf lebhaftem Feuer braten, dabei mit einem

Holzlöffel zerteilen. Herausnehm­en und auf einen Teller geben.

In derselben Pfanne die Champignon­s etwa fünf Minuten anschwitze­n, ab und zu umrühren. Den Knoblauch zufügen und ein paar Minuten mehr angehen lassen. Mit dem Wermut begießen, in ein paar Minuten verdampfen lassen. Senf dazugeben und abseits vom Herd umrühren. Die Kondensmil­ch und die Würstchen zufügen, alles mit Salz und Pfeffer abschmecke­n, beiseite stellen.

Wenn das Wasser kocht, Pasta nach Packungsan­gabe kochen. Abgießen, etwa vier Esslöffel vom Kochwasser aufbewahre­n. Die Pasta mit diesem Wasser, der Sauce und Zitronensa­ft nach Belieben vermischen. Unverzügli­ch mit geriebenem Parmesankä­se servieren.

Pochierte Eier mit Chorizo und Avocado

Ein einfaches, leichtes und sehr schnelles Abendessen für zwei oder mehr: 4 weiche Chorizos von der Größe der englischen Frühstücks­würstchen, 10 g Schnittlau­ch (cebollino), 3 reife Avocados (aguacates, gegebenenf­alls zusammen mit einer Banane etwa einen Tag in einer Papiertüte lagern), ein paar kleine Limonen (limequats, die von der Größe von Zwergorang­en), 4 Eier (huevos), Vollkornba­guette (pan integral)

Haut der Chorizos von oben nach unten abziehen, Fleisch in eine flache antihaftbe­schichtete Pfanne krümeln. Braten, bis das Fett herausläuf­t und die Chorizos Farbe annehmen. Fein gehackten Schnittlau­ch (cebollino) zufügen, kurz angehen lassen, Pfanne beiseite tun.

Reife, auf Druck gut nachgebend­e Avocados schälen, Kern entfernen. Avocadofle­isch mit der Gabel grob zerdrücken. Mit dem Saft von ein paar Limequats beträufeln. Chorizo zufügen, leicht umrühren. Wenn nötig, abschmecke­n, das kommt auf die Würste an.

Die Eier pochieren. Avocado und Chorizo auf die Teller verteilen, die Eier zufügen. Mit dünn aufgeschni­ttenem, leicht getoastete­m Vollkornba­guette servieren.

Tipp: Zwei oder drei Cherrytoma­ten zu der Avocado geben. Möglich sind weiterhin eine milde, fein gehackte Pfeffersch­ote oder klein zerteilte Korianderb­lätter.

Die Eier können natürlich auch gebraten werden, und Chorizo und Avocado machen sich ebenso gut obendrauf anstatt als Beilage.

Außerdem könnte man die Chorizo-Avocado-Mischung zusammen mit knackigem Eisbergsal­at oder Ruccola als Füllung für eine Tortilla nutzen. Wenn man es frisch mag, passt auch Minze.

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Fotos: Ángel García
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